Hochsaison. Alpenkrimi
–«
»Ja, stimmt, ich habe auch ein paar dabei. In der Kühlbox.«
»Also, den Harrigl Toni, den kannst du streichen«, sagte Ignaz und tunkte die Wurst in den süßen Senf. »Ein Harrigl ist nicht der Typ für so etwas. Die Harrigls sind eher Kämpfertypen, keine Wadlbeißer.«
»Aber er will Bürgermeister werden«, sagte Swoboda.
»Schmarrn, der Toni wird so oder so irgendwann einmal Bürgermeister, und wenn nicht im Kurort, dann woanders.«
»Was ist mit dem Bürgermeister selbst?«
»Ja, das ist schon eher so ein Typ. So ein Indirekter, so ein Bandenspieler. Aber was gegen den Bürgermeister spricht: Der will doch die Olympiade ins Dorf holen, der will damit in die Geschichtsbücher eingehen. Der macht keine Aktionen, die den Ort in die negativen Schlagzeilen bringen.«
Die Graseggers stellten viele Fragen, Swoboda schilderte die Anschläge detailgetreu, er hatte die Informationen und Gerüchte akribisch zusammengetragen. Sie gingen alle Namen der Liste durch und schüttelten bei jedem den Kopf. Plötzlich schrie Ursel auf:
»Was, den gibt’s immer noch?! Das ist er! Das ist genau der Typ für so was. Er ist ein lediges Kind von der Überreuther Hilde. Sie hat dann später geheiratet, einen von den Dufter-Brüdern. Der hat den Jungen aufgezogen. Der Stiefsohn vom Dufter, das ist unser Mann! Er ist ein leidlicher Bergsteiger, er ist heimatverbunden, war aber jahrelang weg und meint, er ist was Besseres.«
»Ich habe ihn bloß ein paar Mal in der Bäckerei gesehen«, sagte Swoboda, »weiß aber nicht, wo er wohnt.«
Ursel Grasegger schrieb die Adresse auf. Swoboda wählte eine Nummer auf seinem Mobiltelefon.
»Shan? Swoboda hier. Ja, aus Italien. Ich habe ihn. Ich gebe euch die Adresse. Ihr geht hin und zieht ihn aus dem Verkehr. Diskret – und vor allem lebend, versteht ihr. Ihr greift ihn euch lediglich und behandelt ihn gut – ich habe vielleicht noch einiges mit ihm vor. Für das Attentat habe ich alles vorbereitet, ich komme morgen wieder zurück. Macht jetzt keinen Schaas.«
»Schaas?«, fragte Shan.
»Wir haben uns schon verstanden.«
»Ja«, sagte Shan mit süßlicher Stimme.
Swoboda legte auf.
»Der Dufter, so ein Hund«, sagte Ignaz. »Das hätte ich jetzt nicht gedacht.«
»Eigentlich schade um diesen Dufter-Sohn«, sinnierte Swoboda, »das ist eine große Begabung. Wir sollten ihn auf unsere Seite ziehen.«
»So, jetzt geht es los«, sagte Shan zu Wong, nachdem sie aufgelegt hatte. »Such mal im Ortsplan nach der Adresse.«
55
Der Zither Beppi hatte ein Häuschen im Wald. Was heißt Häuschen. Er hatte sich die alte riesige Villa vom verstorbenen Kunstmaler Gödeke herrichten lassen und wohnte dort allein.
»Hast du keine Angst, dass einmal eingebrochen wird?«, hatte man ihn oft gefragt.
»Mich stiehlt niemand«, hatte der Zither Beppi darauf immer geantwortet. Josef Fischer, wie er mit bürgerlichem Namen hieß, war nicht unvermögend, er war sogar ziemlich wohlhabend, einige der Über-VIPs steckten ihm schon mal ein Trinkgeld in Monatslohnhöhe zu, steuerfrei, versteht sich. In diesem Trinkgeld inbegriffen war die stillschweigende Übereinkunft der gegenseitigen Diskretion. Jetzt machte sich der Zither Beppi Gedanken darüber, dass er Dinge ausgeplaudert hatte, die unter normalen Umständen nie über seine Lippen gekommen wären. Warum hatte er den Polizisten auf die Nase binden müssen, dass Kardinal Carducci und der spanische Baumagnat Gonzalez am Neujahrstag in der VIP -Lounge gewesen waren! Wenn einer von beiden das erfuhr, war es wohl aus mit seinen Neujahrszithereien.
Zum Haus führte ein breiter Weg, aber er hatte es sich angewöhnt, ein Stückchen durch den Wald zu gehen. Der José Carreras und der Mick Jagger hatten ihm erzählt, dass das ungemein inspirierte. Der Beppi hatte keine großen Wertgegenstände im Haus, das Kostbarste, was er besaß, war seine Zither,
und die trug er immer bei sich. Bei dem Instrument handelte es sich um eine dreihundert Jahre alte Stradivari-Zither, angefertigt von Francesco Stradivari, dem Cousin des berühmteren Geigenbaumeisters Antonio. Es waren, natürlich, nur die edelsten Hölzer verwendet worden, die vollendeten Proportionen erstrahlten in dem Stradivari-typischen leuchtend goldbraunen Lack, der Klang war voluminös, und die Kaufsumme konnte man sich nur hinter vorgehaltener Hand zuflüstern.
Das mit der Stradivari-Zither wusste jedoch kaum jemand, und so fühlte sich der Beppi sicher auf seinem dunklen
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