Hochsaison. Alpenkrimi
Neujahrsspringen ich schon dabei gewesen bin? Da habe ich freilich nicht mitgezählt! So lange ich denken kann, spiele ich dort für die Großkopferten. Und ich sags Ihnen gleich: Normalerweise erzähle ich niemandem davon, es kommt kein Wort über meine Lippen, was da drinnen vorgeht und wer alles da war. Dafür schätzt mich ja die Hautevolee, weil ich so verschwiegen bin. Eine Frage noch: Dürfte ich – meine Zither auspacken?«
»Warum das denn?«, fragte Jennerwein.
»Ich fühle mich wohler, wenn sie vor mir steht. Ich weiß sonst nicht wohin mit meinen Händen.«
»Also gut, packen Sie das Ding aus.«
»Wissen Sie, wenn man da hineinlangt –
♫ O steile Bergeshöhen!
– da kann man gleich viel besser nachdenken.«
»Gut, wenn es Ihnen hilft, greifen Sie nur hinein«, sagte Stengele. »Wir wollen Sie auch gar nicht lange aufhalten, wir wollten eigentlich bloß wissen, wer am Neujahrstag alles –«
»Zither spielen beruhigt, ich kann es jedem nur empfehlen. Der Nicolas Cage hat mich einmal gefragt: Warum bist du so locker, Beppi? Was ist dein Geheimnis? Darauf ich: Nicolas, lern Zither, dann weißt du’s. Seitdem weiß er’s.«
»Nicolas Cage spielt Zither?«
»Ja, freilich. Ich habe ihm ein paar Stunden gegeben. Er spielt gar nicht so schlecht für einen Ami.«
»Herr Fischer –«
»Nennen Sie mich Beppi. Vier Bundeskanzler, der russische
Präsident, der Steve Spielberg, alle nennen mich Beppi, die Naomi Campbell ebenfalls –«
»Die spielt auch Zither?«
»Nein, die Naomi nicht, die hat dafür zu lange Fingernägel –
♫ Aber bitte mit Sahne
– Viele drehen an ihrem Kugelschreiber, so wie Sie, Frau Kommissarin Schwattke. Andere rühren dauernd in ihrem Kaffee herum wie die Frau Doktor dort hinten, und wieder andere massieren sich die Stirn, ja, ich habe Sie schon beobachtet, Herr Jennerwein! Massieren Sie nur, gerade Ihnen empfehle ich aber –«
»Beppi«, sagte der Kommissar, »wir sind hier, um einen Mordanschlag, sogar mehrere Mordanschläge aufzuklären. Wir wollen wissen, wer am Neujahrstag alles in der VIP -Lounge war.«
»Ja freilich. Aber ich kann mich doch wirklich auf Sie verlassen? Es dringt nichts nach außen, wenn ich was erzähle? Wenn jemand erfährt, dass ich was verraten habe –«
»Sie brauchen sich deswegen keine Sorgen zu machen. Ist Ihnen am Neujahrstag in der VIP -Lounge irgendetwas Besonderes aufgefallen? Etwas Ungewöhnliches?«
»Eigentlich nicht –
♫ An der steilen Wand des Waxensteins blühte ein Blümelein
– Also gut, lassen wir den Neujahrstag an meinem inneren Auge vorbeidefilieren. Ich habe angefangen mit –
♫ Muss i denn zum Städtele hinaus
– das weiß ich deshalb so genau, weil ich das damals mit dem Elvis Presley gespielt und gesungen habe, 1972, als er noch gelebt hat. Wir wollten sogar eine gemeinsame Schallplatte aufnehmen –«
»Beppi, bitte, beschränken Sie sich auf das Neujahrsspringen!«
»Ja freilich. Also, dieses Jahr an Neujahr, da war der Beckenbauer da. Dann dieser José Gonzalez, der spanische Baumagnat. Dann waren zwei Kardinäle da, die wollten –
♫ Highway to hell
– hören. Das wird oft gewünscht. Der Notenbankpräsident
wollte –
♫ Schenkt man sich Rosen in Tirol
– hören, und bei der Textstelle –
♫ Mir winket neues Liebesglück!
– ist dann der Unfall passiert. Alle Leibwächter haben sich starr aufgerichtet und die Hand am Abzug gehabt. Ich hab natürlich aufgehört mit dem Spielen, weil es viel zu laut geworden ist durch die Schreierei. Viele der Großkopferten sind ziellos umeinandergestolpert, deshalb habe ich meine Zither eingepackt, das ist nämlich eine historische Zither. Dabei habe ich den Chefentwickler von Microsoft hinausgehen sehen, den Vorsitzenden von der Nobelpreisjury für Medizin, auch den Jacques Rogge und den Kalim al-Hasid –«
»Wer ist Kalim al-Hasid?«
»Herr Kommissar, Sie kennen ja gar niemanden! Das ist der verrückte Milliardär, der die Winterolympiade nach Dubai holen will. Seinen Leibwächter, den Jusuf, kenn ich auch ganz gut. Ich kenne überhaupt alle Leibwächter.«
»Sie kennen alle Leibwächter und alle Schutzobjekte«, sagte Jennerwein. »Ist Ihnen jemand aufgefallen, den Sie nicht kannten?«
»Warten Sie, da müsste ich einmal überlegen. Ach ja, bei –
♫ Mein Glück ist ein Hütterl
– da hab ich einen gesehen, den ich nicht gekannt habe, einen Chinesen –«
Alle waren wie elektrisiert, versuchten aber Fassung zu bewahren.
»Können Sie ihn
Weitere Kostenlose Bücher