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Hochsaison. Alpenkrimi

Titel: Hochsaison. Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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Ronge.
     
    Jennerwein hatte seinem Team Anweisung gegeben, sich über den ganzen Friedhof zu verteilen und alle, ob mehr oder weniger prominent, unter die Lupe zu nehmen und die Beobachtungen ins Mikro zu sprechen.
    »Er war ein guter Mensch und Christ«, fuhr der Pfarrer fort, »und sein Tod ist der traurige Tiefpunkt einer Serie von Untaten, die auf das Konto eines Mannes gehen, der hier mitten unter uns lebt – und der vermutlich hier irgendwo in der Menge der unbescholtenen Bürger steht.«
    »Hallo, Maria, hören Sie mich?«
    »Natürlich, Nicole.«
    »Er hält es nicht mehr lange aus, ich spüre, wie es knistert.«
    »Bei bayrischen Beerdigungen knistert es immer«, erwiderte Maria. »Oft entlädt sich die Energie beim anschließenden Leichenschmaus mit einer ordentlichen Wirtshausschlägerei. Hier im Ort gab es bei einem Leichenschmaus schon einmal einen Toten. Bei der Beerdigung dieses Toten gab es wiederum eine Schlägerei –«
    »Psst, da tut sich was. Sehen Sie auch, was ich sehe?«
    Hinter einem etwas weiter entfernten Grabstein schob sich ein Mann hervor, der ebenfalls schwarz gekleidet war, wie alle anderen hier. Und er zeigte unverkennbar fernöstliche Züge.
Er zog eine Digitalkamera heraus und fotografierte die Umstehenden.
    »Zugriff?«, fragte Maria.
    »Wir können nicht einfach jemanden verhaften, nur weil er fernöstlich aussieht«, erwiderte Nicole. »Behalten wir ihn im Auge.«
    Der Mann blieb stehen. Es sah nicht so aus, als ob er bemerkt hatte, dass man ihn beobachtete. Eine junge Frau im Dirndl trippelte ins Bild, sie bewegte sich langsam seitwärts. Sie gehörte nicht zu dem fernöstlichen Mann, sie versuchte vielmehr, sich Beckenbauer zu nähern, Papier und Bleistift hielt sie hinter dem Rücken verborgen. Die ganze Bäckerei-Krusti-Clique war da, der Stammtisch ehemaliger Polizisten, der komplette Gemeinderat, natürlich der Bürgermeister. Und der glatzköpfige Chefarzt. Und sämtliche Adventure Scouts der Eventagentur IMPOSSIBLE
.
     
    »Und weil wir uns gewiss sind«, fuhr der Pfarrer fort, »mit Gottes Hilfe diesen Menschen zu finden, der das getan hat, sind wir beruhigt.«
    Der Pfarrer sprach mit angriffslustiger Rhetorik, er wurde jetzt emotional, viele Tränen kullerten.
    »Er macht seine Sache gut«, sagte Nicole.
    »Kein Wunder, bei
dem
Text«, erwiderte Maria stolz.
    »Die weltliche Gerechtigkeit ist auf unserer Seite!«, sang der Pfarrer fast. »Die viel geschmähten, aber wackeren Polizisten des Ortes, sie werden ihn der irdischen Gerechtigkeit zuführen! Und wenn dieser Mann nur einen Funken Glauben in sich verspürt, dann trete er jetzt vor und gestehe seine Schuld. Ich bin bereit, ihm zu vergeben.«
    Der Pfarrer machte eine Pause, eine bedeutungsschwere Pause. Nichts geschah. Aber es hätte klappen können. Es war einen Versuch wert.
    Nicole ließ den Mann am Grabstein nicht aus den Augen. Alle im Team trugen Zivilkleidung und waren, sicherheitshalber, mit Bleiwesten ausgerüstet. Sie sah Ostler, wie er, nicht allzu schnell, um im Rahmen des Pietätvollen zu bleiben, zwischen den Trauergästen herumhuschte.
    »Ostler?«
    »Was gibt es, Nicole?«
    »Sehen Sie den Mann dort drüben an dem Grabstein mit dem schmiedeeisernen Kreuz? Wer ist das? Kennen Sie den?«
    Ostler drehte sich so unauffällig wie möglich hin, ganz langsam. Als er sich endlich hingedreht hatte, war der Mann mit dem fernöstlichen Aussehen verschwunden. Nicole sah Handlungsbedarf. Sie quetschte sich ächzend durch die dicht gedrängte Trauergesellschaft.
    Der Pfarrer hatte gute Arbeit geleistet. Er hatte die Predigt beendet, alle waren ergriffen, alle spürten die Hand des Allmächtigen. Dieser Marder, so cool er sich bisher verhalten hatte, er musste doch irgendwann einmal einen Fehler machen! Es gab eine Ansage über das Friedhofsmikrophon.
    »Der Voralpenchor möchte dem Zither Beppi die letzte Ehre erweisen.«
    Es wurde angestimmt, ein Chor von sicherlich fünfzig Sängern, natürlich auch ganz in Schwarz, hatte sich vor der Aussegnungshalle aufgebaut und begann jetzt ein Lied. Nicole verstand kein Wort, es wurde bayrisch gesungen. Aber die Melodie kam ihr bekannt vor. Es war – natürlich – es war die bayrische Fassung von
Highway to hell
, die zu Ehren des Zither Beppi gegeben wurde.
     
    Nicole Schwattke trug ein schwarzes Kleid, darunter die Bleiweste, sie kam langsam höllisch ins Schwitzen. Sie hatte sich aus dem dichtesten Gewühle herausgekämpft und beschritt einen der Kieswege, die aus

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