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Hochsaison. Alpenkrimi

Titel: Hochsaison. Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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Schlenggerer-Hütte.
    »Ich darf Sie um Ihre Personalien bitten, wir müssen den Vorfall aufnehmen. Keine Angst, um den da kümmere ich mich später.«
    Jennerwein spürte nochmals einen Tritt.
    »Das ist nicht nötig, mir geht’s gut«, sagte die zuckersüße Frauenstimme.
    »Ich muss leider darauf bestehen.«
    Jennerwein verhielt sich ruhig, er tat so, als hätte ihn der letzte Tritt in eine tiefe Ohnmacht geschickt. Er überlegte fieberhaft. Er konnte es nicht riskieren, seine Waffe zu benutzen, denn so blind, wie er jetzt war, war es nicht auszuschließen, dass er andere damit gefährdete. Wann kamen denn endlich Ostler und Maria!
    »Kommen Sie, ich bin eine harmlose Touristin. Lassen Sie mich gehen.«
    »Zeigen Sie mir –«
    Jennerwein hörte, wie der Mann mitten im Wort abbrach und seufzte. Es war eigentlich kein Seufzen, es war eher ein Stöhnen. Es war ein schreckliches Stöhnen. Dann hörte Jennerwein einen Körper ins Gras fallen. Darauf entfernten sich Schritte. Jennerwein wagte es. Er zog seine Pistole und hielt sie in Richtung der Schritte. Er schoss in die Höhe der Beine.
     
    »Was machen wir?«, fragte Nicole.
    »Hier droht keine Gefahr mehr«, antwortete Stengele. »Wir müssen Entwarnung geben.«
    Nicole hatte ihr Mobiltelefon schon am Ohr. »Mist, hier oben haben wir kein Netz.«
    »Dann gehen wir runter zur Schlenggerer-Hütte.«
    »Sie kennen den Weg?«
    »Natürlich kenne ich den Weg«, sagte Hölleisen.
     
    Schritte, schnelle Schritte von zwei Personen.
    »Hallo Chef! Chef! Alles in Ordnung?«
    Nur zwei Meter von Jennerwein entfernt: Das Geräusch eines Körpers, der auf den Rücken gedreht wird, das Aufreißen
des Hemds, das erschrockene Einziehen der Luft, ein gemurmelter Fluch von Ostler.
    »Alles in Ordnung, Chef?«
    Marias Stimme beruhigte.
    »Was ist mit dem Leibwächter?«
    »Stich ins Herz«, sagte Ostler. »Nichts mehr zu machen.«
    Jennerwein deutete in die Richtung, in die Shan gelaufen war.
    »Folgen Sie ihr. Pechschwarze, schulterlange Haare, asiatische Gesichtszüge. Eins fünfundsechzig groß, zierlich. Hellgrüne Trainingsjacke, Golfkappe. Sie läuft auf die Höllentalklamm zu.«
    Jennerwein hörte schnelle Schritte im Gras, die sich entfernten.
     
    Shan hörte das Tosen der Höllentalklamm schon von weitem. Als sie näher kam, atmete sich die Luft feucht wie in einer Waschküche. Die Wassermassen zwängten sich wütend durch die enge, zackige Felsspalte, Gischt spritzte hoch, und ein eiskalter, böser Wind pfiff schneidend durch die Klamm. Es war ein gefährlicher Klettersteig nach unten zum gesicherten Touristenweg, sie musste höllisch Acht geben, nicht auf den glitschigen Steinen auszurutschen. Aber sie war diesen Weg gekommen, sie würde diesen Weg wieder zurückgehen. Beim Aufstieg hatte sie allerdings noch kein zerschossenes Knie gehabt.
    »Bleiben Sie stehen!«, rief Ostler. »Sie haben keine Chance mehr! Alle Ausgänge der Höllentalklamm sind besetzt!«
    Kein Wort davon war wahr.
    »Kommen Sie zurück!«
    Shan sah den Mann dort droben, er war zwei Steinwürfe entfernt. Er hatte eine Pistole gezogen. Wenn sie den Weg weiterging, nur ein paar Meter weiterging, war sie aus seinem
Gesichtskreis verschwunden. Es war nicht Jennerwein, der Fuchs, es war ein älterer, behäbiger Mann, er konnte sie nicht so schnell verfolgen. Shan nahm alle Kraft zusammen und versuchte weiterzuhinken. Nur noch ein paar Meter, dann hatte sie es geschafft! Sie fasste mit der Hand an den Oberschenkel des blutenden, höllisch schmerzenden Beines und schob es nach vorn. Sie sah noch einmal zurück. Der Mann stand dort oben, hatte die Pistole im Anschlag, schoss aber nicht. Ein Feigling. Noch ein Schritt. Das verletzte Bein begann zu zittern, sie konnte die Krämpfe nicht mehr unter Kontrolle bringen. Sie stellte den schmerzenden Fuß fest auf den Boden und verlagerte das Körpergewicht darauf. Bei einem Wadenkrampf half das. Der Mann hatte die Pistole wieder eingesteckt, er machte Anstalten, ebenfalls herunterzusteigen. Das Zittern ließ tatsächlich etwas nach, sie belastete das Bein noch mehr. Dann entschloss sie sich, weiterzuklettern und trat auf das andere Bein. Dabei kam sie auf einem bemoosten, feuchten Felsbrocken zu stehen und rutschte ab. Sie verlor das Gleichgewicht, konnte sich nicht mehr halten und stürzte mit einem gellenden Schrei zwanzig Meter in die Höllentalschlucht hinunter. Wong wird es noch einmal versuchen, dachte Shan, Wong wird unsere ehrenvolle Aktion zu Ende

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