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Hochsaison. Alpenkrimi

Titel: Hochsaison. Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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    Klar gibt es Blaskapellen auch auf norwegischen Jahrmärkten, die Basstuba röhrt auch in New Orleans, die La-Montanara-Trompete schnedderätängt auch in Wladiwostok, aber der ordinärste und krachledernste Blasmusiklärm findet sich in den Bierzelten unter weißblauem Himmel. Es ist das Raunzen eines ausgelassenen Gottes. Der Bayer, verzärtelt vom Zithergezupfe und faserigen Dreigesinge, findet im Blechgetöse eine ideale Ergänzung zu den sonstigen Rauschmitteln. Erst die Kombination von Gerstensaft, uneinholbarem Selbstbewusstsein und einem schneidig geblasenen Tölzer Schützenmarsch, der das Zeltdach hochhebt, bringt ihn in die Stimmung, für die Gemütlichkeit nur ein schwacher Ausdruck ist.
     
    Jennerwein und sein Team hatten einen Tisch im Bierzelt reserviert, sie hatten einen ganz vorne bekommen, direkt vor der Blaskapelle. Das hatten sie nicht erwartet, es war eine große Ehre, es war aber auch sehr laut. Gespräche waren nicht möglich, so hoffte man auf die Darbietungen droben auf der Bühne, die Ostler und Hölleisen als
außergewöhnlich
angepriesen hatten. Bei der Heimatwoche des Kurorts stand Schuhplatteln und Steinheben auf dem Programm, nicht jedermanns Geschmack, aber alle wollten sich entspannen von den Strapazen der vergangenen Tage. Die Untersuchung des Mageninhalts von Shan war ein Volltreffer gewesen. Die Gerichtsmediziner fanden einen postkartengroßen Zettel mit der mehr als dringlichen Aufforderung an Jacques Rogge, die Winterolympiade 2018 doch
gefälligst in Chaoyang durchzuführen:
Diese Aktion zeigt, dass wir Sie überall finden können.
Wong wiederum hatte sein Schweigen bisher noch nicht gebrochen, von ihm waren wohl keine Auskünfte zu erwarten.
     
    Wie wenn sie vom Himmel gefallen wären, standen die Masskrüge plötzlich da, so schnell hatte sie die Bedienung auf den Tisch geknallt. Alle Mitglieder der SoKo Marder prosteten sich erschöpft zu. Der Fall war noch nicht ganz abgeschlossen. Manfred Penck, der Marder, behauptete immer noch hartnäckig, den Neujahrsanschlag durchgeführt zu haben. Man musste unbedingt den dritten Mann finden, den Mann, den der selige Zither Beppi in der VIP -Lounge gesehen haben wollte. Die Musik diminuierte, soweit das bei Marschmusik überhaupt möglich ist, und eine Stimmungskanone schritt ans Bierzeltmikrophon.
    »Aha, die Herrschaften von der Polizei! Sitzen in der ersten Reihe! Da kann uns ja nichts passieren heute Abend.«
    Gelächter, Applaus, aber auch ein paar Pfiffe. Die Stimmung war gut, auch innerhalb der SoKo Marder. Jennerwein hatte die Ehre, einige Autogramme zu geben, eines auf den muskulösen, nackten Oberarm einer Bedienung.
    »Dank schön, Herr Kommissär«, schrie sie ihm ins Ohr.
    »Gern geschehen.«
    »Wenn mich einmal der Schlitzer erwischt – versprechen Sie mir, dass
Sie
den Fall dann aufklären?! Das wäre eine große Ehre für mich.«
    Gelächter, Zuprosten, die Blaskapelle spielt jetzt
♫ Es war ein Schütz in seinen besten Ja-ha-ren …
Das Jennerwein-Lied, das musste ja kommen. Der Kommissar lächelte müde. Maria hatte tatsächlich so etwas wie ein Dirndl aufgetrieben, Ostler und Hölleisen waren selbstredend in Werdenfelser Tracht gekommen. Beckers Team saß zusammen und fachsimpelte brüllend
über neueste Untersuchungstechniken, von denen das Fachblatt
Die Spur
berichtet hatte. Nur Gisela fehlte. Dann gab es wieder ein paar Saunaaufgüsse Blasmusik,
♫ Hoch Wittelsbach!
und
♫ Bier her!
, alles bunt gemischt.
    »Da hocken’s also beieinander!«, schrie Toni Harrigl vom übernächsten Tisch zu den Polizisten herüber. Der Gemeinderat hatte eine kräftige Stimme, er kam gut gegen das Blech an, seine Stimmbänder waren wohl gestählt von endlosen Vereinssitzungen in verrauchten Nebensälen.
    »Gut, heute habt ihr alle noch Narrenfreiheit, aber morgen lasse ich meine Beziehungen ins Innenministerium spielen, dass es grade so schnackelt!«
    Er zwinkerte. Die Bemerkung war wohl nicht so ganz ernst gemeint, aber ein bisschen doch. Maria verdrehte die Augen. Oben auf der Bühne marschierten jetzt zwanzig Burschen und Mädchen ein. Hölleisen schrie Nicole Schwattke ins Ohr:
    »Jetzt kommen die Schuhplattler!«
    »So viel weiß ich auch!«, schrie Nicole zurück. Sie trug immer noch zwei große Pflaster, eines bedeckte die rechte Schläfe, das andere die linke Pulsader. Ein Suizidberater hätte nicht vorbeikommen dürfen.
    »Prost, Franz!«
    »Prost, Nicole!«
     
    Nach dem Schuhplatteln bat die

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