Hochsaison. Alpenkrimi
lässt sich ohnehin nicht mehr lange verheimlichen. Und stellen Sie alle Weißwürste sicher.«
Ostler war schon auf dem Weg zur Tür.
»Und fragen Sie jeden der Metzger und Verkäuferinnen«, rief ihm Jennerwein nach, »ob sie sich daran erinnern können, an wen sie heute schon Weißwürste verkauft haben. Telefonieren Sie diesen Kunden hinterher. Und verzichten Sie aufs Protokoll. Gefahr im Verzug.«
Die erste Angriffswelle unter Kommandant Johann Ostler rollte los.
»Hier Huber.«
»Hier Ostler, Kriminalpolizei. Sie haben heute bei der Metzgerei Kallinger Weißwürste gekauft?«
»Was geht Sie das an?«
»Im Prinzip nichts, Frau Huber. Aber wir haben Hinweise bekommen, dass eine dieser Weißwürste vergiftet ist, ich rate Ihnen also dringend davon ab, sie zu verzehren.«
»Na bravo, beim Kallinger kann man also auch nicht mehr einkaufen –«
»Atzhorn.«
»Hier Ostler, Kriminalpolizei. Frau Atzhorn, Sie haben heute bei der Metzgerei Kernsdorf Weißwürste gekauft –«
»Da gibt’s die besten, Herr Ostler, ich hab sie schon im Topf drin zum Aufwärmen. Der Metzger Moll macht auch ganz gute, die sind aber ein bisserl zu sehr gewürzt –«
»Frau Atzhorn!«
»– zum Kallinger gehe ich gar nicht mehr, der hat so nachgelassen in letzter Zeit, auch die Ganserl sind nicht mehr so frisch wie früher bei ihm. Seit dem Kallinger seine Frau gestorben ist –«
»Frau Atzhorn, wenn ich Sie einmal unterbrechen darf: Wir haben Hinweise bekommen, dass eine der Weißwürste, die Sie bei der Metzgerei Kernsdorf gekauft haben, vergiftet ist, ich rate Ihnen also dringend davon ab –«
»Hubertine von Reumond. Mit wem spreche ich? Woher haben Sie meine Nummer?«
»Hier Ostler, Kriminalpolizei. Frau von Reumond, entschuldigen Sie bitte die Störung, aber Sie haben heute bei der Metzgerei Boberdinger Weißwürste gekauft?«
»Um solche Dinge kümmere ich mich nicht, junger Mann. Das ist Sache des Personals. Guten Tag.«
»Hier Michael Biczinski.«
»Ostler, Kriminalpolizei. Sie haben bei der Metzgerei Weißwürste gekauft. Ich möchte Sie darauf hinweisen –«
»Öaaaaaaaaaaaaarg!! Gkkk! Ch!«
»Hallo, Herr Biczinski! Was ist los?«
»Cchrrrk! Reeetch! Yargh!«
»Herr Biczinski, geht es Ihnen nicht gut? Was ist mit Ihnen?«
»Aaaag! Gaaarl! Ch!«
»Hallo! Brauchen Sie Hilfe?! Haben Sie schon eine –«
»Hier Biczinski. Sind Sie noch dran, Herr Ostler? Kleiner Scherz. Ich hab es schon gehört. Habe die Würste in den Mülleimer geworfen. Nichts für ungut.«
Noch 1 Stunde und 16 Minuten bis zum Zwölfuhrläuten
Ostler und die rasend schnell, aber dennoch gezielt ausgewählten zwanzig Mitglieder des Volkstrachtenerhaltungsvereins leisteten ganze Arbeit, innerhalb einer halben Stunde waren alle Metzgereien im Ort aufgesucht, Hunderte von Würsten beschlagnahmt und die meisten der Kunden gewarnt worden. Der zweite Angriff galt den Restaurants, Wirtschaften, Pensionen, Imbissbuden und anderen öffentlichen Häusern, in denen Weißwürste feilgeboten wurden. Jennerwein hatte die üblichen Hierarchien auf den Kopf gestellt, denn die ortskundige Leitung dieses zweiten Sturms hatte Polizeiobermeister Franz Hölleisen inne, Kommissarin Schwattke und Hauptkommissar Stengele standen unter seinem Kommando. Wegen der erheblichen Dichte an Beherbergungs- und Verköstigungsbetrieben im Kurort mussten auch hier Hilfstruppen angeworben werden, sie bestanden aus den Mitgliedern des Schützenvereins, in dem Hölleisen Zeugwart war. Hölleisen hatte nicht gezögert, auch den Ehrenvorsitzenden des Schützenvereins, Toni Harrigl, mit einzubinden. Doch der zierte sich.
»Warum soll ich bei etwas mitmachen, was Aufgabe der Polizei ist?«
»Wir haben nicht mehr viel Zeit, Toni.«
»Wenn’s schiefgeht, ist meine politische Karriere beendet.«
»Wenn’s aber gutgeht –«
»Weiß die Staatsanwaltschaft davon?«
»Nein, das Leben eines Bürgers ist wichtiger –«
»Ich will meinen Namen nirgends sehen –«
»Ich bitte dich, Toni –«
Es wurde ein Häuserkampf wie aus dem Bilderbuch, oder besser gesagt wie aus dem Lehrbuch »Großflächige Polizeitaktik«. Dreißig beherzte Gestalten frästen sich durch die Kneipen, Bierstuben, Rotisserien und Restaurants des Ortes und stellten Weißwürste sicher. Es war noch eine knappe Stunde bis zum Zwölfuhrläuten.
»Achtung, Achtung, hier spricht die Polizei! Eine Durchsage an alle Einwohner des Ortes –«
Diese dritte Angriffswelle leitete
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