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Hochsaison. Alpenkrimi

Titel: Hochsaison. Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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die Brille. »Das sind keine normalen Gerüche. Der Marder hat auch hier Spuren für uns gelegt.«
    »Ja, das denke ich auch«, nickte Becker. »Das zum Beispiel –« (
tiefes Einschnauben
) »– das ist Rasierwasser. Da bin ich mir ganz sicher. Und das –« (
nochmaliges tiefes Einschnauben, mehrmaliges Nachriechen
) »– da bin ich mir nicht so sicher. Es könnte vielleicht Benzin sein.«
    »Geben Sie mal her«, sagte das Pinselchen und roch ebenfalls. »Ja, könnte sein.« (
mehrmaliges, kurzes Schnuppern
) »Ich rieche da aber auch Vanille. Schwacher, aber deutlicher Vanillegeruch.« Alle drei notierten ihre Eindrücke. Waldpilzduft, Klebstoffschwaden, Orangenaroma, Büchermuff, Fettdunst.
    »Und Brandgeruch. Vom angekokelten Rand.«
    »Schreiben Sie das mal mit Fragezeichen hin«, sagte Becker zur Brille. »Aber irgendwann macht dieser Spaßvogel einen Fehler, das schwöre ich Ihnen. Irgendwann baut er eine Spur, die direkt zu ihm führt. Und dann nageln wir ihn fest mit seinen tausend Hinweisen.«
    »Das können Sie laut sagen, Chef«, sagte das Pinselchen.
    »Und eines ist diesmal auch klar«, sagte Becker genüsslich und verschwörerisch. »Diesmal sind wir eher dran als Jennerwein.«
    Sie machten eine kleine Pause, gingen ins Nebenzimmer, und stießen mit einem 2,99-Euro-Prosecco auf die Zusammenarbeit innerhalb der Polizei an.
     
    Polizeiobermeister Johann Ostler, der in der örtlichen Dienststelle geblieben war, hatte ein paar Telefonate geführt, allesamt ohne verwertbares Ergebnis. Na klasse: Der Rest der Jennerwein’schen Truppe führte draußen wilde und prickelnde Ermittlungen, er hingegen war eingeteilt worden, die Stellung zu halten. Aber einer musste es ja machen. Er erhob sich von seinem Schreibtisch und öffnete das Fenster, das vorne zur großen und belebten Hauptstraße hinausging. Er öffnete es ohne besonderen Grund. Nun gut, er hatte aus den Augenwinkeln einen Schatten gesehen, er hatte bemerkt, dass jemand dicht am Fenster vorbeigegangen war, aber Ostlers Dienstzimmer lag nun mal zur Straße hin, so etwas kam hundertmal am Tag vor. Ostler blieb gelangweilt vor dem Fenster stehen, er sah zerstreut hinaus und betrachtete die Glasvitrine des Reviers mit
den üblichen Aushängen: Polizeisportvereine im Aufwind, keine Macht den Drogen, Gewaltverbrechen in Bayern seit Jahren rückläufig. Mensch, die Glasvitrine müsste mal wieder sauber gemacht werden, dachte er. Die Staubschicht außen war schon dick, und jemand hatte mit Filzstift etwas daraufgeschrieben. Die Schrift war steil und streng aufwärts gerichtet, in den Oberlängen flatterte sie, als würde sie brennen. Jessas! Und bevor Ostler hinausstürmte, wusste er schon, dass der Marder wieder einmal über alle Berge war.
    Lieber Herr Kommissar,
     
    diesmal nur ganz kurz: heute Vormittag steigt der dritte Anschlag, diesmal auf die Lieblingsspeise der Bayern. Etwa 4000 Stück werden an solch einem Tag wie heute in der Gemeinde verzehrt, eine davon ist vergiftet. Vorsicht! Botulin ist ein starkes, sofort wirkendes Nervengift. Schauderhaft. Langer, endloser Todeskampf. Pfui.
     
    lG – Ihr Gejagter

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    Weiß|wurst [vajːßˈvurzt] (auch »white sausage«, »saussice (boudin) blanc«); gebrühte, paratoxische Substanz;

Entropatin, ein neurotoxischer Proteincocktail (mit dem Hauptwirkstoff Botulin), der aus tierischen Abfallprodukten (ausgelösten Kalbskopfteilen, Bindegewebe, gekochten Schwarten) gewonnen wird;

(lat.)
botulus
= »die Wurst« (aber auch,
fig
.: »Reste, unbrauchbare Abfälle«); (daher wohl der Name des starken Giftes »Botulin«;

Funde in Gräbern der Maori-Kulturen (etwa 3200 vor Christus) deuten auf den Genuss von Weißwürsten aus kultischen Gründen hin (siehe »Weißwurstopfer«);

Weißwürste stellen hochmolekulare Proteinkomplexe dar, die sich aus dem eigentlich paralytisch wirkenden Neurotoxin sowie weiteren nichttoxischen Komplexproteinen bakteriellen Ursprungs zusammensetzen;

In kleinen Dosen genossen: starkes Sedativum; nach Schlickinger-Brohmaier ab 30 Stück suizidal verwendbar;

(nicht bekannt)
    HUMPF TATA TA ! HUMPF TATA TA ! Die Kreitmayer Resi war schwerhörig und hatte deshalb den Radioapparat auf volle Lautstärke gedreht. Sie saß am Esstisch und betrachtete ihre Brotzeit voller Vorfreude. Der Radiomoderator schrie aus Leibeskräften, dass heute am Alpenrand noch einzelne Gewitter möglich wären, die Resi drehte

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