Hochzeit auf Raten
deine alten Lügen bequem mit einer neuen zudecken kannst.«
»Ist das dein letztes Wort?«
»Mein letztes«, sagte ich und vertraute darauf, daß es in der Liebe keine Konsequenz gibt.
Nachdem sie mich lange prüfend gemustert hatte, erhob sie sich und ging mit einem Schritt zur Tür, dem man ansah, daß sie wünschte, sie möge diese Tür nie erreichen.
»Dann bleibt mir nichts anderes übrig, als wieder zu gehen«, sagte sie.
Ich tat, als hätte ich nichts gehört.
»Ich habe gesagt, daß mir dann nichts anderes übrigbleibt, als zu gehen«, wiederholte sie.
Der Karren war in einer scheußlichen Weise verfahren. Wenn ich ihr antwortete, »so geh!«, dann würde sie tatsächlich gehen. Wenn ich aber sagte, was ich zu sagen wünschte: »Bleib, ich habe das alles nicht so gemeint«, dann war ich blamiert. Dann war meiner ganzen schönen Empörung der Glanz genommen. Denn eines war mir klargeworden, seitdem sie mein Zimmer betreten hatte, diese Empörung war nicht echt. Es fehlte ihr der Grund. Ich war bloß empört, weil es manchmal wunderbar ist, sich in eine dramatische Sache hineinzuspinnen, von der man weiß, daß sie in Wirklichkeit völlig undramatisch ist.
»Wenn du den Wunsch hast, die Sache weiter zuzuspitzen, kann ich dich nicht hindern«, sagte ich schließlich, die Verantwortung für die Entscheidung ihr zuspielend.
Natürlich hatte sie nicht den Wunsch. Sonst würde ich es auch gar nicht gesagt haben.
Zögernd nahm sie mir gegenüber wieder Platz.
»Bist du bereit, mich jetzt anzuhören?« fragte sie, sich die Nase putzend.
»Ich war es von Anfang an«, sagte ich.
»Mecki war schon als Kind im Haus meiner Eltern aus und ein gegangen. Die beiden Väter kannten sich vom Krieg her. Bevor er nach Südamerika ging, sprach er plötzlich vom Heiraten.«
»Aus heiterem Himmel?« fragte ich zweifelnd.
»Ich leugne nicht«, sagte sie, »daß wir schon eine Weile vorher recht gut gewesen waren. Wir haben miteinander Tennis gespielt, und wir waren auch ein paarmal tanzen. Wie das eben so ist. Aber nicht mehr.«
»Und deine Eltern haben das gebilligt?«
»Sie fanden ihn nett.«
»So nett, daß sie ihn als Schwiegersohn akzeptiert hätten?«
»Ich glaube ja. Darauf scheint er auch gebaut zu haben. Und jetzt will er ihnen einreden, daß ich ihm Hoffnungen gemacht hätte. Er hat ihnen die ganze Detektivgeschichte aufgetischt und mich als mißratene Tochter hingestellt, die er trotz allem großmütig zu heiraten bereit ist. Mein Vater hält ihn für den Retter in der Not.«
»Ich hätte ihn doch ohrfeigen sollen«, murmelte ich.
»Ich habe es nachgeholt«, sagte sie mit schmalen Augen, »und gründlich!«
Der Gedanke daran stimmte uns etwas fröhlicher.
»Das Schwein!« sagte ich voll Überzeugung.
»Der Hund«, pflichtete sie bei.
Nachdem wir unseren Vorrat an Schimpfwörtern aufgebraucht hatten, betrachteten wir uns mit alter Zärtlichkeit.
»Am meisten betrübt mich dabei«, sagte sie vorwurfsvoll, »daß du ihm geglaubt hast.«
»Du mußt versuchen, meine Lage zu verstehen — «, verteidigte ich mich.
»Wenn man liebt«, erklärte sie feierlich, »ist man über Verdächtigungen erhaben.«
»Das ist ein Ammenmärchen«, sagte ich ernst. »Kein Mensch ist bereit, so viel Unsinn für bare Münze zu nehmen wie ein Liebender. Vergiß nicht, daß die Stärke des Verstandes proportional in dem Maß nachläßt, wie die Stärke der Liebe wächst.«
»Dann allerdings mußt du mich unendlich lieben«, sagte sie heiter und war wieder völlig obenauf.
Ich knöpfte mir den Rock zu und stand auf.
»Im übrigen ist jetzt der Anlaß gegeben«, erklärte ich energisch, »mit dem ganzen Unfug Schluß zu machen.«
»Mit welchem Unfug?«
»Mit dem Verheiratetsein und doch nicht Verheiratetsein. Ich habe meine Stellung als gesellschaftlicher Zwitter satt.“
»Oh!«
»Morgen früh wirst du deinen Eltern die Wahrheit sagen. Am Nachmittag ziehe ich mir den schwarzen Anzug an, kaufe einen Strauß Rosen und halte post festum um deine Hand an.«
Sie erhob sich ebenfalls.
»Das wirst du nicht tun«, sagte sie.
»Es ist die einzige Möglichkeit, aus dem Schlamassel herauszukommen.«
»Du glaubst doch nicht im Ernst, daß ich mich von einem Mecki ins Bockshorn jagen lasse?«
»Es ist nicht nur wegen ihm —«
»Sondern?«
»Meine Nerven sind bereits so dünn wie der Faden einer Seidenspinne.«
»Das geht vorüber«, sagte sie nachsichtig. »Ein momentaner Schwächeanfall, wie er für Männer deines
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