Hochzeit auf Raten
in New York, Schießereien im Fernen Osten und ein Abrüstungsangebot Moskaus an Washington. Ein Hollywoodstar hatte sich zum fünftenmal verheiratet. Es war jeden Tag dasselbe.
Ob ich es noch einmal versuchte? Gewiß würde es zwecklos sein. Aber so, wie der Falter sinnlos dem Licht zufliegt, so zog mich die helle Fensterreihe magisch an. Achtlos warf ich die Zeitungen in den nächsten Papierkorb. Ohne Tritt marsch!
Den ersten Stock passierte ich diesmal ohne Zwischenfälle. Auch im zweiten ereignete sich nichts Bemerkenswertes. Der dritte war bereits das Ziel meiner Wünsche. Pedantisch buchstabierte ich das Türschild. Aus dem Wohnungsinnern drangen Stimmen und gedämpfte Musik. Wahrscheinlich war die Tür ins Vorzimmer offen.
Man müßte eigentlich verstehen können, was geredet wurde, wenn man das Ohr an den Briefschlitz legte. Ich tat es, nachdem ich mich überzeugt hatte, daß es nebenan still und meine Flanke nicht gefährdet war.
War das nicht Isabells Lachen gewesen? Und das die satte Stimme Meckis?
Mit einemmal dröhnte das Radio so laut, daß nichts mehr anderes zu vernehmen war. Das Radio? Es war mein Herz, das mir beim Hemdkragen herauszuhüpfen drohte.
»Tropf!« fluchte ich leise, »armseliger Tropf! Da mußt du an der Tür deiner eigenen Frau wie ein Dieb vorbeischleichen, weil du dich in einer blödsinnigen Stunde zu einer noch blödsinnigeren Abmachung überreden ließest.«
Was für ein trauriger Ritter war doch aus mir geworden!
Mit zwei schnellen Schritten drückte ich mich in die Ecke, gerade noch zur rechten Zeit, um nicht von dem Frauenzimmer gesehen zu werden, das — ein Einkaufsnetz am Arm — heraustrat und die Treppen hinunterging. Vorsichtig spähte ich ihr nach.
Wer das wohl sein mochte? Vielleicht das Dienstmädchen
— oder ein Besuch? Egal wer, ich mußte wissen, was hinter dieser Tür in den letzten Stunden vorgegangen war.
Entschlossen ging ich ihr nach.
»Entschuldigen Sie, wenn ich Sie belästige«, machte ich mich auf der Straße an sie heran, »ich bin ein alter Freund der Familie, von der Sie gerade kommen. Ich wäre Ihnen zu Dank verpflichtet, wenn Sie mir sagen wollten, wie es den Herrschaften geht.«
Sie sah wortlos vor sich hin und beschleunigte ihren Schritt.
»Ich komme in letzter Zeit leider gar nicht mehr dazu«, setzte ich hartnäckig fort, »mich um die Herrschaften zu kümmern. Außerdem, Sie wissen ja, will man nicht lästig fallen. Gerade jetzt, da die Tochter —«
Der Zusammenprall mit einem entgegenkommenden Passanten riß mich von ihrer Seite. Schnell holte ich wieder auf.
Sie sagte noch immer nichts.
»Wenn ich mich vorstellen darf: Mein Name ist Professor Nedomar.«
»Meine Herrschaften kennen keinen Professor Nedomar«, preßte sie zwischen den Zähnen hervor. »Und damit Sie's gleich wissen, ich lasse mich auf der Straße nicht ansprechen. Schon gar nicht von so einem wie Sie.«
»Aber ich bitte Sie!«
»Sie sind auch gar kein Professor. Wahrscheinlich heißen Sie nicht einmal Nedomar. Mit diesem Dreh können Sie bei mir nicht landen.«
»Wenn Sie mir nur eine Sekunde ruhig zuhören wollten —«
»Lassen Sie mich in Ruhe!« rief sie hysterisch.
Unangenehm berührt, stellte ich fest, daß die Leute auf uns aufmerksam wurden.
»Sie mißverstehen meine Absichten vollkommen«, beschwor ich sie. »Ich kann Ihnen versichern —«
»Sie glauben wohl, weil ich bedienen gehe, bin ich so eine. Sie glauben, mit mir kann man das machen. Sie Schweinekerl, Sie unverschämter!«
Der Skandal war fertig. Im Nu hatten uns die Leute umringt und bewunderten ihren Weinkrampf. Die Bemerkungen, die dabei über meine Person fielen, waren alles eher denn schmeichelhaft. Ein besonders Eifriger schleppte einen Polizisten heran.
»Was ist los?« fragte er mit einem Blick, der mich in die Klasse der Schwerverbrecher einreihte.
Ich hätte ihr unsittliche Anträge gemacht, behauptete sie. Niemand könne sagen, was noch geschehen wäre, wenn ihr nicht die braven Leute zu Hilfe gekommen wären.
Die braven Leute bestätigten das.
»Ihren Ausweis!« wandte sich der Polizist an mich.
Ich gab ihm meine vom Innenministerium ausgestellte Journalistenlegitimation mit der Unterschrift des Ministers. Die Wirkung entsprach meinen Hoffnungen.
»Weitergehen!« rief der Polizist. »Alles sofort weitergehen! Nur der Herr bleibt da!«
Allgemeine Enttäuschung und Empörung.
»Wird er wenigstens eingesperrt?« fragte sie.
Ich hätte sie erdrosseln mögen.
»Sie
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