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Hochzeit auf Raten

Hochzeit auf Raten

Titel: Hochzeit auf Raten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Georg Kaufmann
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abgelehnt wurde, das Herz gebrochen. Ich hatte ihn knapp vor unserer Abfahrt ins »Autosanatorium« einliefern müssen.
    Die Fahrt verlief ohne besondere Ereignisse. Ich hätte mich sogar wohl gefühlt, wenn nicht Isabell alle fünf Minuten von neuem angesetzt hätte, über den Verlauf ihres Planes die schrecklichsten Vermutungen anzustellen. Die Fülle der Kombinationen, die sie mühelos ersann, war erstaunlich. Die Zeit, in der sie nicht kombinierte, war der Festlegung von Verhaltungsmaßregeln gewidmet.
    Erstens: Ich hätte Brille zu tragen (sie wurde von ihr beigesteuert). Begründung: Die Brille würde mich klüger erscheinen lassen.
    Zweitens: Ich könnte meinem Hang zur Verwahrlosung bedenkenlos nachgeben. Saloppe Röcke, offene Hemdkrägen, krause Haare, ungeputzte Schuhe, abgetragene Pullover und ein Stoppelbart seien durchaus angemessen. Allerdings hätte ich zwischendurch den Beweis zu erbringen, daß ich auch anders könnte.
    Drittens: Man müßte mir anmerken, daß Geld keine Rolle spiele, weil genügend davon vorhanden sei.
    Viertens: Ich hätte das zufriedene Gehaben eines Mannes an den Tag zu legen, der von den Frauen verwöhnt wird.
    Fünftens: Ich hätte mich ihren Anordnungen zu fügen.
    Als wir den Zug verließen, regnete es. Das beruhigte mich, wohl in der naiven Hoffnung, daß damit auch Isabells Plan ins Wasser fallen werde. Unter einem riesigen Hotelparaplui, den ein Boy so vor uns hertrug, daß uns das Wasser auf den Rücken tropfte, trotteten wir in unser Quartier.
    Die erste Schrecksekunde erlebte ich, als mir der Portier den Meldezettel hinschob. Was sollte ich tun? Entsetzt kam mir zu Bewußtsein, daß wir darüber nie gesprochen hatten. Isabell hatte das Zimmer bestellt und jede Auskunft über ihr Vorhaben mit der Begründung verweigert, mir auf diese Weise meine Unbefangenheit erhalten zu wollen.
    »Hm«, sagte ich verlegen, »hoffentlich hält das schlechte Wetter nicht an.«
    »Gewiß nicht, mein Herr«, beruhigte mich der Portier dienstbeflissen, »das Barometer steigt.«
    Ich vertiefte mich in den Anblick des meteorologischen Instruments, das direkt vor meiner Nase hing.
    »Warum schreibst du nicht?« flüsterte Isabell, während sie ihren Schein hingebungsvoll bekritzelte.
    »Weil ich nicht weiß, was«, flüsterte ich.
    »Das gleiche wie ich natürlich!«
    »Deinen Mädchennamen?« fragte ich erstaunt.
    Sie sah mich voll Verachtung an: »Deinen eigenen Namen natürlich!«
    »Meinen wirklichen Namen?«
    »Was denn sonst?«
    Ich sagte nichts mehr. Ich schrieb.
    Einem Traumwandler ähnlich ließ ich mich in unser Zimmer führen. Aber auch dort hatte ich mit meinem Verstand die größten Schwierigkeiten. War es nicht ihr ausdrücklicher Wunsch gewesen, daß ich mich als Filmregisseur ausgeben sollte? Und nun hatte ich mich mit meinem richtigen Namen und Beruf eintragen müssen. Dabei hatte ich mir bereits einen wunderbaren Künstlernamen zurechtgelegt. Robert Robatin. Hamburg-Blankenese, Villa Rosengarten. Wenn das nicht angekommen wäre?
    Hol's der Teufel, war ich nun ein Filmregisseur oder war ich es nicht?
    Ich war es nicht. Die letzten Zweifel schwanden beim Abendessen, das hier »Diner« hieß. Kein Mensch beachtete uns, wenn man von einigen Herren absah, die meiner »gegenwärtigen Begleitung« schamlose Blicke zuwarfen.
    Knapp nach neun Uhr zogen wir uns zurück. Präziser gesagt: zog ich mich zurück, denn Isabell behauptete, noch etwas ordnen zu wollen. Es war klar, daß sie natürlich das Gegenteil vorhatte. Ich sah mich darin auch nicht enttäuscht.
    Eine halbe Stunde später erschien sie mit einem Tablett, auf dem sich ein Glas Wasser und sechs Pillen befanden. Zwei Pillen in Grün, zwei in Rosa, eine in Weiß und eine in Himmelblau.
    »Was soll das?« fragte ich.
    »Ich bringe dir deine Tabletten«, antwortete sie freundlich. »Die grünen stärken die Nerven, die rosafarbenen den Magen, die weiße ist gut für den Kreislauf und die blaue für die Verdauung.«
    »Ich brauche das Zeug nicht!« knurrte ich.
    »Dann wirf es zum Fenster hinaus!«
    Ich folgte ihrer Aufforderung auf der Stelle.
    »Sie waren leider nicht ganz billig«, sagte sie. »Schweizer Präparate. Ich habe sie der Einfachheit halber auf die Rechnung setzen lassen.«
    Zunächst war ich sprachlos.
    »Ich fürchte«, sagte ich dann, »einer von uns beiden gehört zum Psychiater.«
    »Keine Angst, Liebling! Du bist lediglich überarbeitet und nervös. Du brauchst Ruhe. Vergiß nicht, daß du ein berühmter

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