Hochzeit auf Raten
sein?«
»So ist es.«
»Darf ich wissen, was du ausgeheckt hast?«
Ich kannte sie zu gut, um mir nicht im klaren zu sein, daß alles Vorausgegangene nur die taktische Einleitung zur Unterbreitung eines Planes war, der in ihrem Kopf bereits fertig vorlag. Doch offenbar hielt sie mich noch nicht für sturmreif.
»Wenn ich ein Mann wäre«, schwärmte sie, »hätte ich den Wunsch, ein großer und berühmter Mann zu sein.«
»Direkt ausgedrückt«, antwortete ich, »heißt das, daß du als Frau den Wunsch hast, einen großen und berühmten Mann zu haben.«
»Ich sehe, du verstehst einiges von der weiblichen Psyche.«
»Nun, man erwirbt sich im Laufe der Jahre diverse Kenntnisse.«
»Wenn ich ein Mann wäre«, fuhr sie fort, »wollte ich einmal, und wenn es nur für Stunden wäre, aus der Masse herausragen. Einmal wollte ich die Köstlichkeiten der Erde von Silbertellern essen, den Sekt aus Eimern trinken und die Zigaretten an Banknoten anzünden.«
Ihr Plan war offenbar gefährlicher, als ich angenommen hatte. Trotzdem übersetzte ich geduldig ihre Tiraden noch einmal in die nüchterne Umgangssprache: »Das heißt, du willst aus mir armem Trottel für ein paar Stunden einen Mordskerl machen, um dich auf meine Kosten zu amüsieren.«
»Du bist großartig!« sagte sie und küßte mich. »Dann ist die Sache abgemacht.«
Ich zweifelte nicht daran, daß es so war. Immerhin hätte ich aber doch gerne gewußt, was abgemacht war. Ich sagte ihr das auch.
»Wir fahren zum kommenden Wochenende hierher«, verkündete sie, indem sie mit dem Zeigefinger nach einem blauen Würstchen stach, das auf der Karte einen See repräsentierte.
Ich hatte nichts dagegen einzuwenden.
»Wir werden einen bekannten Ort wählen und in einem mondänen Hotel absteigen.«
Auch das war akzeptabel. Zwei oder drei Tage konnten kein Schloß kosten.
»Wir werden dort als Leute absteigen, die wir in Wirklichkeit gar nicht sind.«
Ich spürte, daß der Zeitpunkt gekommen war, Zurückhaltung zu üben.
»Hm«, sagte ich, »ich dächte, wir hätten von dem Spiel, etwas zu sein, was wir nicht sind, nachgerade genug.«
»Du bist von einer empörenden Schwerfälligkeit!«
»Außerdem bin ich mit dem, was ich bin, recht zufrieden.«
Sie schlang beide Arme um meinen Hals und war voll verdächtigem Wohlwollen.
»Was möchtest du denn sein, wenn du nicht Journalist wärst?« fragte sie.
Ich grübelte krampfhaft nach einem Beruf, der möglichst wenig Komplikationen auszulösen versprach.
»Was wolltest du denn als Junge werden?« forschte sie weiter.
»Eisenbahner.«
Sie konnte ihre Enttäuschung nicht verbergen.
»Und später?«
»Bischof!«
»Unmöglich«, sagte sie, »du kannst mir nicht zumuten, mit einem Bischof zusammen in einem Hotel zu logieren.«
»Ich habe auch nie derartige Absichten geäußert«, versetzte ich sanft.
Plötzlich rückte sie von mir ab.
»Oh, ich durchschaue dich«, sagte sie böse. »Du willst mir die Freude an meinem Plan verderben. Das sieht dir ähnlich.«
Ich versuchte mich zu verteidigen.
»Außerdem war das mit dem Eisenbahner und Bischof gelogen. Ich erinnere mich, daß du mir erzählt hast, während deiner Studienzeit eine Schauspielschule besucht zu haben.«
»Das war nach dem Eisenbahner und Bischof. Ich wollte bloß chronologisch Vorgehen.«
Unvermittelt war sie wieder voll Liebenswürdigkeit.
»Du bist doch der geborene Hochstapler«, schmeichelte sie. »Ich weiß keinen Mann, der so herrlich zu lügen versteht wie du.«
Ich legte energisch Protest ein.
»Glaubst du, ich hätte vergessen, wie du zu Weihnachten die Leute mit deinen Abenteuern als internationaler Journalist an der Nase herumgeführt hast?«
»Ich habe meinerseits nicht vergessen, daß du das damals verurteilt hast.«
»Wenn man liebt, fügt man sich in die Wünsche dessen, den man liebt.«
»Ich will aber gar nicht, was du mir unterschiebst.«
»Mein Lieber«, sagte sie mit Nachdruck, »was du willst, bestimme ich.«
So war es auch. Ich wollte unbedingt das kommende Wochenende über ein großer und berühmter Mann sein. Da ich mich mit einem Grafen oder Dollarmillionär nicht abfinden konnte, beförderte sie mich zum Filmregisseur. Sie selbst würde als meine »gegenwärtige Begleitung« auftreten.
Nachdem ich zwei Tage herzlich wenig gearbeitet, zwei Nächte unruhig geschlafen und mein Bankkonto liquidiert hatte, fuhren wir mit der Bahn los. Filippo war ob der Tatsache, daß er von Isabell als nicht standesgemäß
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