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Hochzeit auf Raten

Hochzeit auf Raten

Titel: Hochzeit auf Raten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Georg Kaufmann
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Ober auf die Schulter, und zwar als Zeichen meiner ehrlichen Zufriedenheit und nicht etwa, wie Isabell später behauptete, um mich festzuhalten.
    Aus dem Schläfchen im kühlen Zimmer, von dem ich während des Nachtischs geträumt hatte, wurde nichts. Sie trieb mich unbarmherzig hinaus auf den Strand.
    »Ich warne dich«, sagte ich mit schwachem Widerstand, »Hitze pflegte mich schon als Kind bösartig zu machen.«
    Die Drohung hinterließ keinerlei Eindruck.
    Mit betonter Fürsorglichkeit, ganz darauf abgestimmt, beobachtet zu werden, bettete sie mich fünf Schritte neben dem Wasser in einen Liegestuhl. Meinen Wunsch nach einem Sonnenschirm schlug sie rundweg ab.
    »Ich werde mir einen Sonnenstich zuziehen«, jammerte ich, da ich allmählich die volle Wirkung von Bordeaux und Cognacs spürte.
    »Nur zu«, versetzte sie, »das würde mein Programm nicht unwesentlich bereichern.«
    Dafür drückte sie mir eine weiße Schirmmütze in die Stirn, die so groß war, daß sie sofort auf die Nase herabrutschte. Dasselbe Schicksal ereilte die dunkle Hornbrille, mit der sie mich bedachte. In die Hand bekam ich ein französisches Journal, auf dem ich, selbst wenn ich des Französischen mächtig gewesen wäre, höchstens noch das Wort »Film« hätte ausmachen können. Über die Beine, Gott mochte wissen warum, breitete sie ein Handtuch.
    Sie selbst zog sich unter einen mächtigen Sonnenschirm zurück, neben sich einen fahrbaren Diener, auf dem ein Glas eisgekühlter Martini stand. Es war klar, daß dies alles nichts mehr mit unserem Plan zu tun hatte. Es war einfach ein weiblicher Bosheitsakt.
    »Kellner!« brüllte ich, so laut ich konnte. »Kellner!«
    Rundherum fuhren die Frauen- und Männerleiber aus ihren Liegestühlen empor, als hätten sie die Posaunen des Jüngsten Gerichts vernommen.
    »Fünf Whisky Soda! In Abständen von zehn Minuten serviert!«
    Triumphierend glotzte ich Isabell durch meine Brille an.
    »Bravo!« sagte sie freundlich, »dreimal Bravo! Du beginnst endlich Stil und Temperament zu entwickeln.«
    Die fünf Whiskys erhärteten Goethes Wort: »Du siehst mit diesem Trank im Leibe, bald Helenen in jedem Weibe.« Selbst die ansehnliche Gattin des noch ansehnlicheren Gatten, die neben mir lagen, brachte mich dazu, einen feurigen Blick zu tauschen. Ganz zu schweigen von den ranken Töchtern und jugendlichen Gattinnen müder Manager. Es war ein Blickewerfen und Wimpernzucken, daß die Luft surrte. Mir war, um bei Goethe zu bleiben, so kannibalisch wohl als wie fünfhundert Säuen. Schon überlegte ich, ob es nicht angebracht sei, den »Schwarzen Walfisch von Askalon« anzustimmen, als ich Isabells Blick auf mir spürte.
    Mochte sie, dachte ich, mochte sie! Warum hatte sie mich herausgefordert?
    Ich weiß nicht, wie es gekommen war, aber plötzlich flössen die vielen reizenden Augenpaare in einem einzigen zusammen, und das gehörte einem Mann, der auf dem Fußteil meines Liegestuhles saß. Er mochte seine hundertfünfzig Kilo wiegen. Es erschien mir wie eine Verhöhnung der physikalischen Gesetze,- daß meine Liegestatt nicht unter uns zusammenbrach.
    »Mein Name ist Bertram«, hörte ich ihn zu meinem Erstaunen sagen, »Direktor Bertram.«
    Ich murmelte meinen Namen, was er mit einem breiten Grinsen quittierte.
    »Ich weiß, ich weiß«, sagte er, »wir haben alle unsere Sorgen.«
    Dagegen war nicht viel einzuwenden.
    »Sehen Sie mich an!« fuhr er fort, indem er seine Hände zwischen den Brusthaaren zu verbergen trachtete. »Sehen Sie mich an!«
    Ich kam seinem Wunsch mit einiger Mühe nach.
    »Ich habe es zu etwas gebracht. Ich habe Häuser, Grundbesitz und ein nettes Bankkonto. Das ist doch etwas, nicht wahr?«
    Ich beeilte mich, ihm zu versichern, daß es etwas war.
    »Ich werde demnächst, man hat mir das bereits zugesagt, den Vorsitz in unserem Vorstand übernehmen.«
    Ja, dagegen war nichts zu machen. Das nötigte Respekt ab.
    »Und das alles von der Pike auf, ohne Protektion, ohne Partei.«
    Meine Bewunderung kannte keine Grenzen.
    Plötzlich warf er sich auf mich und umklammerte meine Schultern.
    »Wäre das nicht ein Stoff?« keuchte er. »Ein Stoff aus dem Leben? Wie hieß doch der Kerl, der gesagt hat, daß man das Leben an den Brüsten fassen soll? Tun Sie es doch! Tun Sie es! Ich stehe ganz zu Ihrer Verfügung!«
    Ehe ich mich's versah, schleppte er mich im Triumphzug an das andere Ende des Strandes, um mich seiner Familie vorzustellen. Von einer Schar Gaffender umgeben, ließ ich die Prozedur

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