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Hochzeit auf Raten

Hochzeit auf Raten

Titel: Hochzeit auf Raten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Georg Kaufmann
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Filmregisseur bist.«
    Da ich jung verheiratet war, befand ich mich in der Lage, mit diesem Schock sehr schnell in angenehmer Weise fertig zu werden.
    Ein Filmregisseur, der Ruhe braucht, schläft trotz herrlichstem Badewetter bis in den späten Morgen. Er läßt sich das Frühstück im Zimmer servieren und erscheint erst zum »Lunch«. Diesen Teil meiner Rolle bewältigte ich mühelos.
    Schwieriger wurde es, als wir mittags den Speisesaal betraten. Die Szenerie hatte sich gegenüber dem Vortag gefährlich verändert. Kaum, daß man unser ansichtig wurde, erstarrten sämtliche sich in Bewegung befindlichen Löffel und Gabeln. Der Ober stürzte auf uns zu und führte uns, flankiert von zwei feixenden Piccolos, im Triumphzug zu einem Tisch, der so stand, daß man uns von allen Seiten bequem in die Teller sehen konnte. Ein vierter dienstbarer Geist stieß mir den Stuhl in die Kniekehlen, daß ich über der Speisekarte zusammensackte.
    »Ein Glas Wasser«, sagte ich schwach, weil ich fühlte, daß ich nie mehr meine Stimmbänder würde gebrauchen können, wenn ich jetzt stumm bliebe.
    »Ein Glas Wasser!«
    Der Ruf pflanzte sich über den Ober, den Kellner und die Piccolos bis in die Küche fort, wo er jauchzend verklang.
    Im Nu stand das Gewünschte vor mir, lieblich garniert mit zwei grauen Tabletten. Mechanisch nahm ich alles zu mir, deutlich fühlend, daß mir jede der Pillen, welche Bedeutung sie auch haben mochten, in meinem gegenwärtigen Zustand nur nützen konnte.
    Damit war unser Entree zu Ende. Das Publikum widmete sich wieder dem Essen, wobei es keiner Tischgesellschaft mehr, auch den ältesten Ehepaaren nicht, an Gesprächsstoff mangelte. Zerstreut eröffnete ich das Studium der Speisekarte, an der ich nicht so sehr die linke Seite, wo die einzelnen Gerichte standen, als die Zahlenkolonne auf dem rechten Teil bemerkenswert fand. Die umfangreiche Bestellung, die Isabell der geduldig hinter uns harrenden Dienerschaft aufgab, riß mich aus meinen Gedanken.
    »Das gleiche«, sagte ich kurz und war damit, wenn schon nicht der Qual des finanziellen Ruins, so doch der Qual des Entscheidens enthoben.
    Finster starrte ich auf einen winzigen Fleck auf dem Tischtuch und überlegte gewissenhaft, ob er von Tomatensaft, Erdbeergelee oder einer Bratensauce herrührte.
    »Ausgezeichnet«, sagte Isabell anerkennend, »du wirkst in deinem Mißmut richtig vornehm.«
    »Es wäre nett«, gab ich zurück, »wenn du mich jetzt einmal aufklärtest, wer ich eigentlich bin.«
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Du hast doch das Ganze eingefädelt.«
    »Und?«
    »Dann wirst du wohl wissen, welchen Bären du diesen Leuten auf gebunden hast.«
    Sie schlug die Hände so laut zusammen, daß wir für Sekunden wieder im allgemeinen Mittelpunkt standen.
    »Es ist erschütternd«, sagte sie gedämpft, »wie gradlinig ein Männergehirn sein kann.«
    Sie habe mich für überhaupt nichts ausgegeben, erklärte sie. Ob ich nicht wisse, daß sie die plumpe Lüge verabscheue. Das sei Männersache. Sie habe lediglich gestern abend die Tabletten für mich verlangt. Könne sie dafür verantwortlich gemacht werden, daß die Kellner der Meinung gewesen seien, wer so viele Tabletten brauche, müsse ein bedeutender Mann sein? Gewiß, man habe auch darüber gesprochen, wie anstrengend die Filmarbeit sei. Und wie oft gerade Regisseure einem Herzinfarkt zum Opfer fielen. Aber von mir sei nie die Rede gewesen. Sie habe sogar am Schluß nachdrücklich darauf verwiesen, daß ich der sei, als der ich mich eingetragen habe, und daß ich auch wünsche, mit meinem richtigen Namen angesprochen zu werden. Außerdem habe sie um strengste Diskretion gebeten.
    »Diskretion?« höhnte ich. »Du hättest es ebensogut ins Abendblatt setzen können.«
    »Du hast es erraten«, sagte sie vergnügt.
    Voll Unbehagen machte ich die Entdeckung, daß mein ehrlicher Name auf diese Weise zu einem Pseudonym geworden war.
    Der Kellner, der die Suppe servierte, bestätigte es. Sooft er meinen Namen in den Mund nahm, und er tat dies innerhalb von fünfzehn Sekunden fünfmal, grinste er mich an und zwinkerte mit den Augen, als wollte er sagen: »Wir zwei, wir wissen, woran wir sind, nicht wahr?« Und hol's der Kuckuck, ich grinste und zwinkerte zurück.
    Das Essen war vorzüglich. Eine Flasche Bordeaux und drei Cognacs taten ein übriges, um mir die schlimmsten Ängste zu nehmen. Ich kam sogar in die Lage, die Damenwelt einer näheren Musterung zu unterziehen. Zum Abschied klopfte ich dem

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