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Hochzeit auf Raten

Hochzeit auf Raten

Titel: Hochzeit auf Raten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Georg Kaufmann
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kein braver Mann« zu intonieren.
    »Wirst du den Mund halten!« fuhr sie mich an.
    »Ich habe — ich habe dich darauf aufmerksam gemacht«, sagte ich und versuchte Haltung anzunehmen, »daß du die — jawohl, daß du die Kon — Kon — Konsequenzen zu tragen hast.«
    »Vorläufig trage ich dich«, versetzte sie gereizt.
    »Aha«, sagte ich und schwenkte einen Schritt nach rechts, wobei ich verwundert feststellte, daß der Segelbootfahrer verschwunden war. »Aha! — Du schämst dich meiner? Ich bin dir im Wege?«
    Meine Heiterkeit war wie weggeblasen. Ich fühlte mich verstoßen, unverstanden und einsam. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, stolperte ich durch den Park zum Ufer, wo ich anhielt und trübe ins Wasser starrte.
    »Du bist rücksichtslos«, sagte Isabell, die mir zögernd gefolgt war, »du weißt nie, wann Schluß ist.«
    Müde winkte ich ab.
    »Es ist gut«, murmelte ich. »Es ist gut.«
    »Du bist betrunken!«
    »Betrunken? Ich?« Ich warf einen empörten Blick zum Himmel. »Ich war noch nie so nüchtern wie heute. Ich bin stocknüchtern. Es ist einfach eine Schweinerei, wie stocknüchtern ich bin. Aber du — du bist betrunken! Du bist nicht einmal mehr imstande, gerade zu stehen!«
    Dann ließ ich mich wieder von der Melancholie überwältigen.
    »Ich bin ein minderwertiger Mensch«, murmelte ich, »jawohl, ein ganz und gar minderwertiger Mensch. Eine Null! Von der es besser wäre, man hätte sie nie geboren!«
    »Dafür verdienst du eine Ohrfeige.«
    »Schlag zu!« rief ich pathetisch und fühlte, wie meine Augen feucht wurden. »Schlag zu!«
    Sie nahm mich bei der Hand: »Komm jetzt! Nimm Vernunft an!«
    Ich stemmte mich dagegen wie ein störrischer Esel.
    »Ich will nicht vernünftig sein«, jammerte ich. »Aus der Vernunft ist noch nie etwas Gescheites herausgekommen. Ich will hier unter den Rosen schlafen. Unter den Rosen!«
    Gleichzeitig begann ich mich zu entkleiden.
    Dem waren ihre Nerven nicht mehr gewachsen. Sie brach in Schluchzen aus und ging langsam den Parkweg zurück.
    Für Sekunden war ich ratlos. Dann eilte ich ihr, die Schuhe in der Rechten und mit der Linken den Hosenbund haltend, in panischer Angst nach.
    »Du kleiner Liebling«, stammelte ich, sie überall dort küssend, wohin mein Mund gerade traf. »Warum liebst du mich nicht mehr? Warum nicht? Hörst du, warum nicht?«
    »Wirst du nie mehr zu Besinnung kommen«, stöhnte sie, »genügt dir nicht, was du angerichtet hast?«
    Ich war voll Reue und Hilflosigkeit.
    »Du liebst mich?« lallte ich in erwachender Hoffnung.
    Statt einer Antwort fiel sie mir um den Hals und heulte so leidenschaftlich, daß wir binnen Sekunden nicht nur in Tränen, sondern auch in grenzenlosem Glück schwammen.
    »Du liebst mich, so wie du mich immer geliebt hast?«
    Sie nickte stumm.
    »Todsicher?«
    »Todsicher!«
    »Schwörst du es mir?«
    »Ich schwöre es dir!«
    Wir verharrten einige Minuten in inniger Umarmung, wobei ich langsam einschlummerte.
    »Wie konntest du bloß so bösartig sein?« gähnte ich schließlich.
    Sie machte sich ruckartig los: »Fängst du schon wieder an?«
    »Doch, doch, du warst in der Tat überaus häßlich zu mir.«
    »Wenn jemand häßlich war, dann warst du es.«
    »Ich?«
    »Jawohl du! Du hast dich den ganzen Abend über nicht ein einzigesmal um mich gekümmert. Du hast für diese aufgeblasene Gesellschaft den Hanswurst abgegeben. Du — o du —«
    Sie kämpfte neuerlich mit den Tränen.
    »Den Hanswurst abgegeben?« sagte ich beleidigt. »Davon kann überhaupt nicht die Rede sein.«
    »Ich ertrage es nicht«, fuhr sie heftig fort, »daß andere über dich lachen. Wenn jemand über dich lacht, dann bin das ich. Ich ganz allein.«
    Todtraurig humpelte ich an Isabells Arm ins Hotel zurück. Im Zimmer angelangt, wunderte ich mich, daß sich die Erdkugel immer schneller um ihre Achse drehte. Sämtliche Naturgesetze verloren ihre gewohnten Eigenschaften. Wohin ich trat, stürzte etwas um, wohin ich griff, fiel etwas zu Boden. In höchster Not versuchte ich, ins Badezimmer zu entkommen. Doch selbst dort, wo sich nachmittags noch eine Tapetentür befunden hatte, waren auf einmal Mauersteine und Holz. Nachsichtig klärte sie mich auf, daß durch den Schrank kein Weg ins Badezimmer führt.
    In der Badewanne fand ich einen kümmerlichen Rest meiner Besinnung wieder. Ich drängte mich mit leidenschaftlicher Hingabe unter die Brause, wobei meine Schwermut klassische
    Formen annahm. Mit offenem Mund horchte ich auf das

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