Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hochzeit auf Raten

Hochzeit auf Raten

Titel: Hochzeit auf Raten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Georg Kaufmann
Vom Netzwerk:
es.«
    Sie: »In der Liebe weiß man nie etwas. In der Liebe gibt es nur den Glauben.«
    Er: »Dann glaubst du es? Oder?«
    Sie: »Doch! — (nach einer Pause) Liebling!«
    Er: »Ja?«
    Sie: »Wenn zehn zum Tod verurteilte Menschen vor dir stünden, darunter auch ich, wen würdest du retten, im Falle, daß du nur einen einzigen retten könntest?«
    Er (seufzend): »Fragen hast du — «
    Sie: »Nun?«
    Er: »Dich natürlich!«
    Sie: »Wieso natürlich?«
    Er: »Natürlich, weil du mir von diesen zehn Menschen der liebste wärst.«
    Sie: »Nur von diesen zehnen?«
    Er: »Von allen dreitausend Millionen Menschen natürlich, die auf der Erde leben — etwaige Lebewesen auf anderen Planeten eingeschlossen.«
    Sie: »Du würdest also dreitausend Millionen Menschen ohne Wimpernzucken sterben lassen?«
    Er: »Natürlich! (nach einem Blick in ihre Augen unsicher) Das heißt — ich meine — natürlich nicht.«
    Sie: »Aha.«
    Er: »Was aha?«
    Sie: »Du hättest Zweifel?«
    Er: »Wenn es um das Leben so vieler Menschen geht —«
    Sie: »Du würdest überlegen, ob du an meiner Statt nicht einen anderen retten sollst?«
    Er: »So versteh mich doch!«
    Sie: »Den Freund zum Beispiel, der dir das Leben gerettet hat?«
    Er: »Den Freund, der mir was?«
    Sie (ungeduldig): »Der dir das Leben gerettet hat.«
    Er: »Ich habe keinen Freund, der mir das Leben gerettet hat.«
    Sie: »Aber du könntest doch so einen Freund haben, nicht wahr?«
    Er: »Warum sollen wir uns über etwas den Kopf zerbrechen, was gar nicht vorhanden ist. Mit demselben Recht könnte ich dich fragen, was du vom Chinesischen halten würdest, wenn du ein Maikäfer wärst.«
    Sie: »Du weichst mir aus.«
    Er: »Nein, ich weigere mich bloß, über einen solchen Blödsinn zu reden.«
    Sie: »So, Blödsinn nennst du es, wenn es um mein Leben geht.«
    Er: »So nimm doch Vernunft an!«
    Sie: »Würdest du vernünftig sein, wenn ich dir sagte, daß mir dein Leben egal ist?«
    Er: »Das habe ich nicht gesagt.«
    Sie: »Aber du hast es gedacht.«
    Er: »Auch das nicht.«
    Sie: »Wieviel ist dir also mein Leben wert?«
    Er: »Billionenmal mehr als mein eigenes. Genügt dir das?«
    Sie: »Ist das dein Ernst?«
    Er: »Ich schwöre es.«
    Sie (empört): »Pfui! Du mutest mir zu, einen Mann zu lieben, der sich so gering schätzt?«
    Er: »Was soll nun das wieder?«
    Sie: »Weißt du nicht, daß auch mir dein Leben billionenmal mehr wert ist als meines?«
    Er: »Dann ist ja alles in schönster Ordnung.«
    Sie: »Nichts ist in Ordnung, überhaupt nichts! Wenn mir dein Leben billionenmal mehr wert ist als meines, was für ein Nichts bleibt mir übrig, wenn du deines um eine weitere Billion heruntersetzt? Das sind zwei Billionen minus für mich. Und du behauptest, daß du mich liebst.«
    Hierauf eine halbe Stunde Schweigen auf beiden Seiten: Dieser Elendskerl (dieses Teufelsweib) kann mir gestohlen bleiben. Warum mußte ich ausgerechnet an so einen (an so eine) geraten? Was bin ich für ein Armer (eine Arme).
    Dann eine weitere halbe Stunde voll sehnsüchtiger Wachträume: Sie (Er) hat es vielleicht gar nicht so gemeint. Wie schön wäre es, sie (ihn) jetzt in den Armen zu halten. Wenn sie (er) mich nur ansähe, wäre alles vergeben. Aber ich (ich) fange bestimmt nicht an. Ha, da kann sie (er) bis zum Jüngsten Tag warten.
    Der Jüngste Tag bricht genau nach einer Stunde und fünf Minuten an.
    Sie: »Gewiß habe ich dich mißverstanden.«
    Er: »Nein, ich habe dich mißverstanden.«
    Er und sie: »Wir haben uns beide mißverstanden.«
    Sie: »Ich hätte nicht so dumm fragen dürfen.«
    Er: »Nein, ich hätte nicht so dumm antworten dürfen.«
    Er und sie: »Wir hätten nicht so dumm fragen und antworten dürfen.«
    Sie: »Ich war ein rechter Esel.«
    Er: »Nein, ich war es.«
    Er und sie: »Wir waren beide Esel.«
    Im eselischen Zustand geht es dann ausgezeichnet, bis zu dem Augenblick, da wieder keiner ein Esel sein will.
    Besonders schlimm ist es, daß sie eine Vergangenheit haben. Die Tatsache, daß der andere auch vorher geatmet, gegessen, getrunken und geschlafen hat, ist ein ständiger Stein — nein — eine ganze Steinhalde des Anstoßes. Am liebsten wären sie eben erst auf die Welt gekommen, so unschuldig und unbelastet wie kleine Kinder. Daß ihre Beziehungen dann höchstens auf eine gemeinsame Milchflasche und auf ein gemeinsames Wickelkissen beschränkt gewesen wären, ist ihnen nie aufgefallen.
    In der Verurteilung der Vergangenheit sind sie also einig, nicht

Weitere Kostenlose Bücher