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Hochzeit auf Raten

Hochzeit auf Raten

Titel: Hochzeit auf Raten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Georg Kaufmann
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überdrüssig war, so sehr war mir die Tatsache angenehm gewesen, keine Schwiegermutter zu haben.
    »Keineswegs, wir können noch ein zweites Jahr zuwarten.«
    Ich streckte die gespreizten Finger von mir, als gelte es, mich vor dem bösen Blick zu schützen.
    »Dann lieber hinein in die Verwandtschaft«, beeilte ich mich zu seufzen. »Was habe ich zu tun?«
    »Was jeder gesittete Mensch tut, wenn er vorgestellt wird«, sagte sie und fühlte sich selbst nicht ganz wohl in ihrer Haut.
    Ich war beleidigt und bekümmert: »Immerhin handelt es sich um keine x-beliebige Vorstellung, sondern um einen Antrittsbesuch bei Menschen, die seit einem Jahr meine Schwiegereltern sind.«
    »Auch dafür gibt es einen präzisen Kodex.«
    »Für diesen speziellen Fall leider nicht.«
    »Nur keine Panik! Es wird sich alles finden.«
    »Du verlangst doch nicht etwa«, rief ich ängstlich, »daß ich in Frack und Zylinder aufkreuze und den alten Herrn um die Hand einer Tochter bitte, die seit einem Jahr meine Frau ist?«
    »Frack und Zylinder — wie altmodisch!« sagte sie ärgerlich.
    »Du mußt deinen Leuten bereits vorher reinen Wein einschenken. Sie müssen wissen, woran sie sind. Sonst gehe ich überhaupt nicht hin.«
    Sie betrachtete mich wie einen Mann, dessen geistige Unzurechnungsfähigkeit ärztlich festgestellt ist, der sich aber noch nicht in der Zwangsjacke befindet.
    »Ich sehe schon, ich werde mit dir großen Kummer haben.«
    Der Kummer war zunächst ganz auf meiner Seite. Sie zeigte, auch nachdem der Termin des fatalen Besuchs bereits festgelegt war, nicht die geringste Bereitschaft, mit mir darüber sachlich zu reden. Alle meine Fragen, wie etwa »Soll ich die blaugetupfte oder die weißgestrichelte Krawatte umbinden?« oder »Über was soll ich in der ersten Viertelstunde sprechen?« beantwortete sie stereotyp mit »Ganz wie du willst«. Auch mein Hinweis, daß es auf sie selbst zurückfallen werde, wenn ich mich blamierte, blieb wirkungslos.
    Verbittert beschloß ich, auf das Rezept eines Onkels zurückzugreifen. Der Mann hatte die Gewohnheit, vor Besuchen, die ihn in Schwierigkeiten zu bringen versprachen, zwei ausgefallene Stichwörter im Lexikon nachzuschlagen und die dazugehörende Legende auswendig zu lernen. Drohte die Unterhaltung kritisch zu werden, brachte er das Gespräch geschickt auf eines der beiden Themen und stellte an Hand seiner verblüffenden Kenntnisse sein ramponiertes Ansehen wieder her.
    Ich entschloß mich nach gewissenhaftem Studium für den Papinschen Topf und die Papageienkrankheit.
    Eine Minute vor Beginn meines Auftritts, im Hausflur, überschüttete sie mich mit Instruktionen.
    »Papa leidet seit drei Tagen an einer Erkältung. Er ist unverträglich und hustet entsetzlich. Laß dir um Gottes willen nichts anmerken. Behandle ihn so, als wäre er kerngesund. Wenn er dich fragen sollte, ob du beim Militär warst, sage unbedingt ja. Wenn das Gespräch auf Kinderkrankheiten kommen sollte, mußt du sehr vorsichtig sein, denn bei einem seiner Vettern ist davon etwas zurückgeblieben. Man weiß nie, ob er nicht irgendeine Bemerkung als Anspielung auffaßt. Wegen Mutti brauchst du überhaupt keine Sorgen zu haben. Du darfst bloß keine Komplimente über die Sandwiches machen, denn entweder sind sie vom Delikatessenhändler, dann ist sie beleidigt, oder sie stammen von ihr selbst, dann wird Papa eifersüchtig. Wenn sie dir Platz anbieten, laß dich um Gottes willen nicht auf dem Fransenstuhl nieder, dort sitzt für gewöhnlich nur die Großmutter. Am entscheidendsten ist unser Kater. Gelingt es, daß er dir im Lauf des Abends auf den Schoß springt, dann hast du viel gewonnen. Geht er die aus dem Weg oder knurrt er dich an, wirst du einen schweren Stand haben. Mir gegenüber benimmst du dich am besten kollegial und meidest alle Vertraulichkeit. Außerdem—«
    Ein ungeheurer Verdacht stieg in mir hoch.
    »Hast du ihnen etwa nicht gesagt, daß wir bereits verheiratet sind?« stammelte ich.
    »Nein«, sagte sie und sah mich mit den treuherzigen Augen eines Säuglings an. »Ich habe es mir überlegt. Ich dachte, es wäre besser so.«
    »Oooh —«
    Die Türklingel klang wie die Posaune des Jüngsten Gerichts. Mit der bewußtlosen Sicherheit eines Somnambulen legte ich meinen Mantel ab, verbeugte mich vor der Hausfrau und überreichte ihr die Blumen.
    Dann saßen wir einander gegenüber und taten, als wären wir beglückt.
    »Gräßliches Wetter«, stieß ich hervor, wobei ich mir hingebungsvoll und lang

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