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Hochzeit auf Raten

Hochzeit auf Raten

Titel: Hochzeit auf Raten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Georg Kaufmann
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treten.
    Es kam anders. Ich stolperte, verlor das Gleichgewicht und stürzte auf die Straße.
    »Verdammt«, fluchte ich, mich angesichts der Posten voll Scham aus dem Staub erhebend.
    »Nun?« fragte sie hilfsbereit.
    »Du hast mir ein Bein gestellt!«
    »Ich?«
    »Du meinst wohl, ich sei zu dumm, um dich zu durchschauen.«
    Sie war voll Milde und Sorge.
    »Du hast dich doch nicht etwa am Kopf verletzt?« fragte sie.
    »Ich habe mich überhaupt nicht verletzt.«
    »Dann bin ich beruhigt«, sagte sie, schlang den Arm um meine Hüften und führte mich behutsam über den Platz.
    In einer original Tiroler Bauernstube — Motto: Wie bei uns daheim — versuchte ich mich mit einer Flasche Moscato zu trösten.
    »Wie kommst du darauf, daß ich dir ein Bein gestellt haben könnte?« fragte sie, nachdem sie mich unentwegt gemustert hatte. »Warum sollte ich?«
    »Das frage ich mich auch.«
    Ich sah sie an, sie sah mich an. Dann schwiegen wir wieder.

17

    Hundert Kilometer vor der Grenze, in der letzten Nacht auf italienischem Boden, fielen wir noch einer Signora zum Opfer, die ihr Leben außer mit der Vermietung von Zimmern mit der Pflege von Sitte und Anstand sowie mit der Lektüre von Kriminalromanen verbrachte.
    Zu müde und zu hungrig, um lange nach einem passenden Quartier zu suchen, waren wir in der erstbesten Locanda eingekehrt, in der irrigen Meinung, daß jetzt nichts mehr zu verderben sei. Das Haus erwies sich als eine Art Familienheim, in dem rückhaltslose Anteilnahme an den persönlichen Verhältnissen seiner Bewohner eine selbstverständliche Pflicht war. Binnen kurzem wußten wir, daß die Padrona aus Udine stammte, in Triest aufgewachsen war und schon jahrelang an einem Gallenleiden laborierte, das seit drei Monaten erfreulicherweise eine deutliche Tendenz zur Besserung zeigte. Als wir nicht die gleiche Bereitschaft bekundeten, unsere Vergangenheit und Leiden zu enthüllen, betrachtete sie mißtrauisch unsere Hände.
    »Verheiratet?« fragte sie, und es klang so, als hätte ein überschwerer Mörser einen Schuß abgefeuert.
    »Nein«, erwiderte ich mechanisch.
    Sie vertiefte sich von neuem in den Anblick unserer Hände. Dann verschwand sie, sichtlich von unserer Schweigsamkeit angeekelt, in der Küche, um mit zwei riesigen Schlüsseln wiederzukehren,
    »Zimmerschlüssel!« verkündete sie.
    »Zwei?« fragte ich erstaunt.
    »Zwei! Für jede Person einen.«
    »Sehr aufmerksam, Signora. Aber einer genügt wirklich.«
    »Für jede Person einen«, erklärte sie bestimmt.
    Da entdeckte ich, daß an jedem Schlüssel ein anderes Nummernschild hing. Mir ging ein Licht auf.
    »Wir wollen ein Zweibettzimmer«, sagte ich.
    Sie schüttelte empört den Kopf. »Nicht Zweibettzimmer. Nicht verheiratet.«
    »Aber Signora —«
    Sie lehnte jede weitere Diskussion über dieses Thema rundweg ab und nahm unsere Pässe an sich, um die Fremdenzettel auszufüllen.
    »Das ist ja eine schöne Bescherung«, flüsterte ich Isabell ergrimmt zu.
    »Na, wenn schon«, gab sie gähnend zurück, »es ist vielleicht ganz gut, wenn du dich langsam wieder an den alten Zustand gewöhnst.«
    Der erstaunte Aufschrei der Padrona unterdrückte eine geharnischte Antwort meinerseits.
    »Signore«, sagte sie mit großen Augen, »Sie beide ja doch verheiratet — hier steht!«
    In der Tat, in unseren Pässen stand es. Isabell hatte bei der
    Verlängerung ihres Reisepasses ihre Dokumente vorlegen und die Änderung ihres Standes eintragen lassen müssen.
    »Die Sache mit dem Zweibettzimmer geht also in Ordnung?« fragte ich erleichtert.
    »Geht, Signore, geht«, erwiderte sie widerwillig.
    »Dann bitte ich um den Schlüssel.«
    Mit einem schiefen Blick räumte sie das Feld. Als sie wiederkam, befand sie sich in Begleitung eines Carabiniere. Hinter den beiden strömte die Ortsbevölkerung ins Zimmer: der Friseur, der Obsthändler, der Amtsdiener, der Straßenwärter und Kinder, sehr viele Kinder. Sie kamen direkt vom Friseur, wo sie sich gemeinsam das Fernsehprogramm angesehen hatten.
    »Du lieber Gott!« Das war alles, was ich hervorbrachte.
    Es machte mich, wie ich bemerkte, in den Augen der Anwesenden sofort verdächtig.
    »Ihr Paß«, begann der Carabiniere mit strengem Ton die Amtshandlung.
    Ich überreichte ihm beide.
    Nachdem er sie gründlich studiert hatte, erklärte er, so, als wäre das ein besonderes Verbrechen: »Paß in Ordnung.«
    »So ist es.«
    »Warum dann machen falsche Angaben?« forschte er mit düsteren Augen weiter, während er

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