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Hochzeit auf Raten

Hochzeit auf Raten

Titel: Hochzeit auf Raten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Georg Kaufmann
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unsere Pässe zwischen Daumen und Zeigefinger hielt, als handle es sich um hochexplosiven Sprengstoff.
    »Falsche Angaben?«
    »Frau sagen, Sie sagen, nicht verheiratet.«
    »Das war ein Scherz«, versuchte ich zu erklären, »ein freddura.«
    »Freddura? No, no! Leute machen freddura nur umgekehrt.«
    Ich mußte zugeben, daß er recht hatte.
    »Warum also sagen?«
    Wie hätte ich ihm mein Schicksal erklären sollen? Ich fand, daß es am besten sei zu schweigen.
    Leider war er anderer Ansicht. Jetzt zeigte er sich erst recht wißbegierig. Er fragte mich nach meinen Eltern, nach meiner Schulbildung, meinem Dienstgrad beim Militär, nach den Kinderkrankheiten ... Die anderen lauschten mit offenen Mäulern.
    »Erledigt?« fragte ich, als er eine Atempause einlegte.
    »No, wir suchen große gefährliche Spion«, erklärte er.
    »Sie glauben doch nicht im Ernst — «
    Er unterbrach mich mit einer resoluten Handbewegung: »Alles wird sich zeigen! Mitkommen auf Posten. Avanti!«
    Der Entscheid löste, ausgenommen bei Isabell und mir, allgemeinen Beifall aus. So zogen wir wie im Märchen vom »Schwan-kleb-an« im Gänsemarsch zur Kommandantur, wo wenigstens die Öffentlichkeit vom weiteren Verlauf der Dinge ausgeschlossen wurde. Unser Carabiniere begann mit dem Kommandanten ein umfangreiches Palaver, indessen wir resigniert und müde in einer Ecke auf der Armen-Sünder-Bank hockten. Besorgt stellte ich fest, daß sich die Mienen der beiden Polizisten zusehends verfinsterten.
    »Ich bin Journalist«, sagte ich schließlich mit lauter Stimme und stand demonstrativ auf: »Ich verbitte mir diese Behandlung. Ich werde mich beim Innenminister in Rom beschweren.«
    »Giomalista?«
    »Jawohl, Journalista!«
    »Haben Sie Ausweis?«
    Ich legte ihn auf den Tisch.
    »Da stehen ledig«, sagte der Carabiniere, hocherfreut, ein neues Indiz gefunden zu haben.
    »Jawohl, da stehen ledig. Weil ich zu der Zeit, da dieser Ausweis ausgestellt wurde, noch nicht verheiratet war. Capito?«
    Nein, sie kapierten nicht. Es war offensichtlich, daß sie überzeugt waren, ich rede mich immer mehr in mein Unglück hinein.
    »Vielleicht am besten«, sagte der Carabiniere unter dem beifälligen Nicken seines Vorgesetzten, »wir lassen Sie bringen nach Udine zu Zentrale. Von dort können telefonieren mit Ihrer Zeitung.«
    Ich erschrak und war so dumm, mir das anmerken zu lassen. Die beiden warfen sich denn auch gleich vielsagende Blicke zu.
    »Das ist ausgeschlossen«, keuchte ich, »ich muß morgen wieder in meiner Heimat sein. Morgen! Domani!«
    »Dann mit Konsulat reden.«
    Wo befindet sich dieses Konsulat?«
    »In Udine.«
    »Zum Teufel hinein mit eurem Udine«, brauste ich auf. »Ich denke nicht daran, noch einmal zurückzufahren, ich —«
    Plötzlich hellte sich mein Gesicht auf. Mir war ein Einfall gekommen. Fieberhaft kramte ich in meiner Brieftasche und förderte ein Empfehlungsschreiben Stefanos zutage, das er mir für einen hochgestellten Italiener in Wien mitgegeben hatte. Auf dem Schreiben prangte das Wappen der Zwergrepublik und der eindrucksvolle Titel »Staatssekretär«.
    Das Schreiben rettete uns, wenn auch erst nach langem Hin und Her. Immerhin konnte ich sie überzeugen, daß der Freund eines Staatssekretärs ein wenig geeignetes Objekt war, verhaftet zu werden. Vorsichtshalber drohte ich auch noch mit den Amerikanern, der NATO und dem römischen Polizeipräsidenten. Gegen Mitternacht erklärten sie sich bereit, uns zu entlassen, zur Enttäuschung des Volkes, das geduldig die ganze Zeit über vor dem Posten ausgeharrt hatte. Im Gänsemarsch, so wie wir gekommen waren, kehrten wir in unser Quartier zurück.
    »Ich habe endgültig die Nase voll«, murmelte ich dumpf, als wir endlich im Bett lagen.
    »Was hast du satt, mein Kleiner?« fragte sie, meine Wange mit ihren Lippen kosend.
    »Diese ständigen Aufregungen und Komödien.«
    »Ich finde, das Leben war noch nie so schön«, meinte sie versonnen. »Du solltest ein Buch darüber schreiben. Es wird dich erleichtern.«
    »Ein Buch? Über diesen Unsinn?«
    »Warum nicht?«
    Ja, warum eigentlich nicht? Wie sagte doch Goethe? »Und wenn der Mensch in seiner Qual verstummt, gab mir ein Gott zu sagen, was ich leide.«
    Ich beschloß spontan, dieses Buch zu schreiben.

18

    »Es wird Zeit, daß ich dich meinen Eltern vorstelle«, sagte Isabell, als das Jubiläum unseres ersten Hochzeitstages nicht mehr ferne lag.
    »Muß das sein?«
    So sehr ich meines Schattendaseins als Ehemann auch

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