Hochzeit des Lichts (German Edition)
des Glücks neu schenken«, heißt es in
Die Mandelbäume.
Mit einem einzigen, unvergesslichen Bild verdeutlicht Camus, worin für ihn selbst »in der winterlichen Welt« das Tröstliche besteht und wie Natur und Landschaft zu einem Gegenüber werden, aus dem dieser aufbegehrende Trost erwächst: »Als ich in Algier lebte, geduldete ich mich den ganzen Winter hindurch, weil ich wusste, dass in einer Nacht, in einer einzigen kalten und reinen Februarnacht, die Mandelbäume der Vallée des Consuls sich mit weißen Blüten bedecken würden. Und ich war jedes Mal verwundert, wie dieser zarte Blütenschnee allen Regen und Meerwinden trotzte.«
Widerständige Lebenszugewandtheit – sie ist das Bindegewebe der zwölf Essays von
Hochzeit des Lichts
und
Heimkehr nach Tipasa.
Wie
Noces
vor einem zerrütteten biografischen Hintergrund zu allumfassender Aussöhnung und Vermählung findet, weist auch
L’été
in den offenen Raum einer möglichen Katharsis. »L’été«, Sommer, lässt sich ebenso als »Léthé« lesen: Lethe. Im griechischen Mythos trinkt aus dem Fluss des Vergessens eine Seele, die ihr altes Leben abstreift, um wiedergeboren zu werden.
Indem
Heimkehr nach Tipasa
den Bogen zurückschlägt zu
Hochzeit des Lichts,
besinnt sich Camus auf seine mediterrane Herkunft und schöpft Kraft aus dem Blick nach Griechenland und Nordafrika mit ihren Mythen und Werten, ihren Begriffen von Solidarität und Proportion, Weisheit und Schicksal. Die Spielfreude in einem Essay wie
Kleiner Führer durch Städte ohne Vergangenheit
weist bereits voraus auf die Erzählungen von
Das Exil und das Reich,
und im »Bordtagebuch«
Das Meer
blitzt schon der so traumverlorene wie mephistophelische Ton von
Der Fall
auf. Camus’ späte Prosa ist ohne ihren Prüfstand
Heimkehr nach Tipasa
undenkbar.
Ein Menschenwerk ist nach Albert Camus »nichts anderes als ein langes Unterwegssein, um auf dem Umweg über die Kunst die zwei oder drei einfachen großen Bilder wiederzufinden, denen sich das Herz ein erstes Mal erschlossen hat«. Die Einsilbigkeit der Mutter, der die eigene Sprache die Waage zu halten versucht, die steinernen Städte zwischen Wüste und Meer und der grüne Himmel – Algerien sollte ihn bis zum Schluss begleiten. Camus war gerade 46 , als er im Januar 1960 bei einem Autounfall südlich von Paris ums Leben kam. Bei sich trug er das Manuskript zu
Le premier homme,
einem neuen Roman. Auch
Der erste Mensch
handelt von einer Kindheit und Jugend am Mittelmeer.
Editorische Notiz
Die französische Ausgabe von
Hochzeit des Lichts
erschien 1938 unter dem Titel
Noces.
Deutsche Übersetzung von Peter Gan, 1954 .
Ergänzende Übersetzungen aus dem Französischen für diese Ausgabe: S. 33 f. (Fußnote), S. 38 ab Zeile 26 bis S. 39 , Zeile 4 , S. 46 f. (Anmerkung) von Helge-Lisa Engelhardt (nach der französischen Ausgabe
Noces suivi de L’été,
Collection folio. Éditions Gallimard 1959 , 1987 ).
Die Essays entstanden in den Jahren 1936 – 1937 .
Die französische Ausgabe von
Heimkehr nach Tipasa
erschien 1954 unter dem Titel
L’été.
Im Einzelnen:
Minotaurus (Le minotaure ou la halte d’Oran):
L’Arche 1946 ;
Prometheus in der Hölle (Prométhée aux Enfers):
Palimugre 1947 ;
Helenas Exil
(L’exil d’Hélène):
Permanente de la Grèce 1948 . Deutsche Übersetzung von Monique Lang, 1957 . Die Übersetzung wurde für diese Ausgabe überarbeitet von Helge-Lisa Engelhardt.
Entstehungsdaten der einzelnen Essays:
Minotaurus (Le minotaure ou la halte d’Oran):
1939 ;
Die Mandelbäume (Les amandiers):
1940 ;
Prometheus in der Hölle (Prométhée aux Enfers):
1946 ;
Kleiner Führer durch Städte ohne Vergangenheit (Petit guide pour des villes sans passé):
1947 ;
Helenas Exil (L’exil d’Hélène):
1948 ;
Das Rätsel (L’énigme):
1950 ;
Heimkehr nach Tipasa (Retour à Tipasa):
1952 ;
Das Meer. Bordtagebuch (La mer au plus près. Journal de bord):
1953 ; dem Text liegen Aufzeichnungen zugrunde, die Camus sich während seiner Reise nach Südamerika im Juni 1949 gemacht hatte. Diese sind enthalten in: Albert Camus,
Reisetagebücher.
Herausgegeben und mit einer Einführung von Roger Quilliot. Deutsch von Guido G. Meister, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1980 , S. 45 ff.
Algerien im Werk von Albert Camus
1 . Romane und Erzählungen
Der glückliche Tod (La mort heureuse).
Entstanden vor 1940 . Posthum erschienen 1970 . – Deutsch von Eva Rechel-Mertens, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg, 1972 . – Neuausgabe im
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