Hochzeit des Lichts (German Edition)
und faulig, mit alten Korken bedeckt.
Und so bin ich, der ich nichts besitze, der ich mein Vermögen hingab und der ich neben allen meinen Häusern mein Lager aufschlage, dennoch reich beschenkt, wenn ich es will. Ich breche auf, zu jeder Stunde, die Hoffnungslosigkeit kennt mich nicht. Für den Hoffnungslosen wie für mich gibt es keine Heimat, ich weiß, dass das Meer vor mir und hinter mir ist, der Wahn ist mir ganz nah. Die Liebenden, die getrennt sind, können im Schmerz leben, doch ist es nicht Verzweiflung: Sie wissen, dass die Liebe da ist. Deshalb leide ich ohne Tränen im Exil. Noch immer warte ich. Endlich kommt der Tag …
Die nackten Füße der Matrosen klatschen weich auf dem Deck auf. Wir laufen aus bei anbrechendem Tag. Kaum sind wir aus dem Hafen, striegelt ein kurzer und munterer Wind heftig das Meer, das sich in kleinen, schaumlosen Wellen kräuselt. Etwas später wird der Wind kühler und übersät das Wasser mit Kamelienblüten, die sogleich vergehen. Den ganzen Morgen schlagen unsere Segel über einem fröhlichen Fischteich. Die Wasser sind schwer, schuppig, von frischem Schleim bedeckt. Von Zeit zu Zeit kläffen die Wellen gegen den Vordersteven; bitterer und öliger Schaum, Speichel der Götter, fließt die Planke entlang ins Wasser zurück, wo er in Zeichnungen, die vergehen und wiederkommen, zerstiebt wie das Fell einer blauen und weißen Kuh, welche müde noch lange in unserm Kielwasser treibt.
Seit unserer Abfahrt folgen uns die Möwen, mühelos und nur selten mit den Flügeln schlagend. Ihr schöner, geradliniger Flug stützt sich kaum auf die Brise. Ein brutales Aufklatschen auf der Seite der Schiffsküche löst plötzlich ein gieriges Alarmzeichen unter den Vögeln aus, wirft ihren schönen Flug durcheinander und entzündet Flammen aus weißen Flügeln. Die Möwen wirbeln wie toll in allen Richtungen durcheinander, und ohne an Geschwindigkeit einzubüßen, verlassen sie eine nach der andern den Schwarm, um aufs Meer hinunterzustechen. Einige Sekunden später sind sie wieder auf dem Wasser vereinigt, eine streitlustige Schar, eingenistet in der Buchtung der Wellen, die langsam das Manna der Abfälle entblättern, und wir lassen sie hinter uns zurück.
Unter der betäubenden Mittagssonne bewegt sich das Meer nur schwach und kraftlos. Wenn es in sich zusammenfällt, bringt es die Stille zum Schweigen. Eine Stunde der Hitze, und das große weißliche Wellblech des farblosen Wassers beginnt zu zischen. Es zischt, dampft und entzündet sich endlich. Im nächsten Augenblick wird es sich umwälzen und der Sonne seine feuchte Seite darbieten, die noch in den Wellen und den Dunkelheiten geborgen ist.
Wir passieren die Säulen des Herkules, jene Landspitze, wo Antäus starb. Jenseits davon ist der Ozean überall, und wir umsegeln Horn und die Gute Hoffnung in einem Strich; die Meridiane vermählen sich den Breitengraden, der Pazifik trinkt den Atlantik. Dann, das Steuer auf Vancouver gerichtet, dringen wir langsam in die Südsee ein. Einige Längen vor uns defiliert die Flotte der Osterinseln und der Hebriden. Eines Morgens verschwinden die Möwen plötzlich. Wir sind weit von allem Land entfernt und allein mit unsern Segeln und Maschinen.
Allein auch mit dem Horizont. Die Wellen kommen geduldig aus dem unsichtbaren Osten, eine nach der andern; sie kommen bis zu uns, und geduldig eilen sie weiter, zum unbekannten Westen, eine nach der andern. Ein langer, weiter Weg, niemals begonnen, niemals beendet … Flüsse und Ströme fließen vorbei, das Meer fließt vorbei und dauert. So müsste man lieben, treu und flüchtig. Ich vermähle mich dem Meer.
Wasser. Die Sonne sinkt und wird schon weit über dem Horizont vom Dunst verschlungen. Für einen kurzen Augenblick ist das Meer auf einer Seite rötlich, auf der andern blau. Dann dunkeln die Wasser. Der Zweimaster gleitet, winzig klein, auf der Oberfläche eines vollkommenen Kreises aus dichtem, mattem Metall. Und in der Stunde tiefster Ruhe, im sinkenden Abend, tauchen Tausende von Tümmlern aus den Fluten, tummeln sich eine Zeit lang um unser Schiff und fliehen zum menschenlosen Horizont. Dann wird es still und bang auf diesen ursprünglichen Wassern.
Etwas später die Begegnung mit einem Eisberg auf dem Wendekreis. Unsichtbar zwar nach seiner langen Reise in diesen warmen Gewässern, jedoch nicht wirkungslos; er gleitet das Steuerbord entlang, wo sich sogleich das Tauwerk für kurze Zeit mit Reif bedeckt, während an
Weitere Kostenlose Bücher