Hochzeit des Lichts (German Edition)
bitteres Bett, königliches Lager, die Krone ist auf dem Grunde der Wasser!
Am Morgen rührt unsere Schraube sanft das laue Wasser zu Schaum. Wir holen wieder Geschwindigkeit auf. Gegen Mittag begegnet uns, von fernen Kontinenten kommend, ein Rudel Hirsche, überholt uns und schwimmt gleichmäßig gegen Norden, von buntfarbigen Vögeln begleitet, die sich von Zeit zu Zeit in ihren Geweihen ausruhen. Dieser rauschende Wald entschwindet allmählich am Horizont. Ein wenig später bedeckt sich das Meer mit seltsamen gelben Blumen. Am Abend begleitet uns ein unsichtbarer Gesang während langer Stunden. Ich schlafe ein, vertraut.
Die Segel im klaren Wind, ziehen wir auf einem hellen und kräftigen Meer dahin, in höchster Geschwindigkeit, die Klippen backbord. Und den Kurs gegen Ende des Tages noch korrigierend, über Stag, sodass die Segel das Wasser berühren, eilen wir einen südlichen Kontinent entlang, den ich wiedererkenne, da ich ihn früher, als Blinder, im barbarischen Sarg eines Flugzeuges überflogen hatte. Müßiger König, schleppte sich mein Karren damals so dahin; ich erwartete das Meer, ohne es je erreichen zu können. Das Ungetüm heulte auf, startete von den Guanos von Peru, raste über die Gestade des Pazifiks, überflog die weißen zertrümmerten Wirbel der Anden und die ungeheure Ebene Argentiniens, verband mit einem Flügelschlag die von Milch überfließenden Weiden Uruguays mit den schwarzen Flüssen Venezuelas, landete, heulte wieder auf, erbebte vor Begierde angesichts neuer, leerer Räume, die es verschlingen konnte, und kam dennoch nie weiter, oder nur mit einer verkrampften, hartnäckigen Langsamkeit, einer verstörten und sturen, vergifteten Energie. Damals starb ich in meiner Metallzelle, träumte von Blutbädern und Orgien. Ohne Raum gibt es weder Unschuld noch Freiheit! Der Kerker ist für jenen, der nicht atmen kann, Tod oder Wahnsinn; was kann man da anderes tun als töten und besitzen? Heute, im Gegenteil, bin ich voller Atem, alle unsre Flügel schlagen in der blauen Luft, ich könnte aufjauchzen vor Schnelligkeit, wir werfen unsre Sextanten und unsern Kompass ins Wasser.
Im herrischen Wind sind unsre Segel aus Eisen. Die Küste gleitet in aller Eile an unsern Augen vorbei, Wälder von königlichen Kokospalmen, deren Stamm in smaragdene Lagunen taucht, eine stille Bucht voll roter Segel, mit Sand wie Mondlicht. Große Gebäude ragen auf, vom Wachsen des Urwaldes schon geborsten, der im Hof beginnt; da und dort durchbricht gelber Brechwurz oder auch ein Baum mit violetten Ästen die Fenster; Rio zerbröckelt hinter uns, und die Vegetation wird die neuen Ruinen zudecken, wo die Affen der Tijuca in Gelächter ausbrechen. Noch schneller, an den langen Gestaden vorbei, wo die Wellen in Sandgarben zerstieben, noch schneller, und die Schafe von Uruguay laufen ins Meer und färben es mit einem Mal gelb. An der argentinischen Küste bieten große, plumpe Scheiterhaufen in regelmäßigen Abständen dem Himmel halbe Ochsen dar, die langsam schmoren. In der Nacht schlägt das Eis des Feuerlandes stundenlang gegen unsern Schiffsrumpf, das Schiff verlangsamt kaum seinen Lauf und wendet. Am Morgen hebt uns die einzige Woge des Pazifiks empor, deren kalte Lauge, grün und weiß, über Tausende von Kilometern an der chilenischen Küste brodelt und uns umzuwerfen droht.
Im süßlichen Abend kommen uns die ersten malaiischen Barken entgegen.
»In See! In See!«, schrien die herrlichen Knaben eines meiner Kinderbücher. Ich habe alles von jenem Buch vergessen außer diesem Ruf. »In See!«, und durch den Indischen Ozean bis zum Gestade des Roten Meeres, wo man in stillen Nächten die Steine der Wüste, einen nach dem andern, zerspringen hört, die nach der Glut des Tages gefrieren, kommen wir wieder zum alten Meer zurück, wo die Rufe schweigen.
Eines Morgens endlich laufen wir in einer seltsam schweigenden Bucht ein, die mit unbeweglichen Segelbarken besetzt ist. Nur einige Meervögel streiten sich am Himmel um Schilfhälmchen. Schwimmend erreichen wir den verlassenen Strand; den ganzen Tag hindurch steigen wir ins Wasser und trocknen uns auf dem Sand. Unter dem grünlich verblassenden Abendhimmel wird das Meer noch ruhiger, das doch schon so ruhig ist. Kurze Wellen hauchen einen schaumigen Dunst auf den warmen Strand. Die Meervögel sind verschwunden. Es bleibt nur noch die Weite, offen für eine unbewegliche Reise.
Jene Nächte, deren Süße andauert! Ja, es erleichtert
Weitere Kostenlose Bücher