Hochzeit in Glenrae
weißt doch gar nicht, was damals wirklich geschehen ist”, entgegnete sie scharf. “Du willst die Wahrheit ja gar nicht hören.”
Duncan stand auf, kam zu ihr, packte sie bei den Schultern und zog Jenna hoch. “Vielleicht bist du es, die die Augen vor der Wahrheit verschließt.”
“Was soll das heißen?” Heftig befreite Jenna sich aus seinem Griff. “Mit mir hat das Ganze doch überhaupt nichts zu tun.”
Mitleidig schüttelte Duncan den Kopf. “Hast du Angst, deine Liebe zu Anderson könnte sich in Luft auflösen, wenn du erfährst, was er wirklich ist … ein Frauenheld, der die Frau eines anderen gewissenlos verführt, sobald ihr der Mann den Rücken kehrt?”
Mit ausdrucksloser Stimme sagte Jenna: “So war es überhaupt nicht. Stuart hat Sharon geliebt.”
Einen Moment stand Duncan starr da, dann ballte er die Hände zu Fäusten, und sein Gesicht rötete sich. “So möchtest du es sehen, weil du auf seiner Seite bist!”, stieß er zähneknirschend hervor. “Anderson weiß überhaupt nicht, was Liebe ist! Ihm geht es nur um Eroberungen, um sich zu beweisen, was für ein toller Hecht er ist.”
Jenna seufzte. Es war sinnlos, mit Duncan zu reden. Er war nicht bereit, von seiner vorgefassten Meinung abzurücken. “Du quälst dich nur unnötig selbst”, sagte sie dennoch. “Sharon und Stuart hatten nie etwas miteinander. Er ging nach Edinburgh, weil er wusste, dass sie nur ihren Mann liebte.”
Zum ersten Mal bemerkte sie so etwas wie Zweifel in Duncans Augen.
“Aber wenn sie nicht wegen Anderson fortging, warum dann?”, fragte er verunsichert.
Jenna zuckte mit den Schultern. “Das ist etwas, was wohl nur Sharon beantworten könnte. Aber vielleicht weißt du es im Grunde auch, obwohl du es nicht wahrhaben willst. Möglicherweise war sie hier nicht glücklich.”
Der schmerzliche Zug um Duncans Lippen überraschte Jenna. Als er wieder nach ihr griff, wich sie zurück und stolperte. Er hielt sie fest und zog sie an sich, doch in seinen Augen lag keine Zärtlichkeit, nur Härte und Verbitterung spiegelten sich darin wider.
“Willst du behaupten, ich hätte Sharon vertrieben?”
“Nein”, wehrte Jenna entsetzt ab. “Das meinte ich nicht.”
Er zog sie fester an sich, und sie gab einen schmerzlichen Laut von sich, aber Duncan schien es nicht zu bemerken. “Liebst du Anderson so sehr, dass du bereit bist, mich anzulügen, um ihn zu decken?”
“Lass mich los!”, forderte sie. “Du tust mir weh.”
Statt sie loszulassen, hob Duncan sie hoch und trug sie trotz ihrer Gegenwehr durch die Eingangshalle zu Jennas früherem Zimmer hinauf.
Er stieß die Tür auf, ging zum Bett und warf Jenna darauf. “Du begehrst mich, nicht Anderson”, zischte er. “Ich werde nicht zulassen, dass du dich aus Trotz an ihn wegwirfst. Du wirst mich heiraten, und wenn ich dich hier so lange festhalten muss, bis du ja sagst.”
Sie setzte sich hastig auf. “Lass den Unsinn, Duncan. Du kannst mich nicht zwingen, dich zu heiraten.”
Er lächelte grimmig. “Zwang wird hoffentlich nicht nötig sein.” Damit drehte er sich um und ging zur Tür. “Ein bisschen Zeit zum Nachdenken genügt vermutlich schon, um dich zu überzeugen.” Ehe Jenna reagieren konnte, hatte Duncan den Raum verlassen, und sie hörte, wie der Schlüssel im Schloss umgedreht wurde. Empört sprang sie aus dem Bett und rannte zur Tür. Heftig rüttelte sie am Knauf, obwohl sie wusste, dass sie sich das hätte sparen können.
“Duncan!”, rief sie zornig. “Mach sofort auf!”
Ihre Stimme schien die dicke Eichentür nicht zu durchdringen. Jenna hatte das entsetzliche Gefühl, schreien zu können, so viel sie wollte, und niemand würde sie hören. Dennoch trommelte sie mit den Fäusten gegen das Holz und rief, bis sie heiser war und ihre Hände schmerzten.
Wo ist Annie? fragte sie sich. Steckte die Haushälterin mit Duncan unter einer Decke? Annie würde nichts gegen seinen Willen tun, so viel war Jenna klar.
Sie blickte sich entmutigt in dem Zimmer um, das sie fast wie ein Zuhause empfunden hatte. Jetzt war es ein Gefängnis.
Langsam ließ sie sich auf das Bett sinken. Allmählich wurde sie ruhiger, und ihre Panik ebbte ab. Duncan konnte sie hier nicht lange festhalten. Man würde sie vermissen. Tante Louise wird mein Fehlen bemerken und wahrscheinlich einen Suchtrupp losschicken, dachte Jenna. Wenn die Leute den Wagen finden, wird man sich denken können, wo ich bin.
Sie verkrampfte sich wieder. Was, wenn Stuart sie hier
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