Hochzeit in Hardingsholm
sie es jetzt, die schwarze Stute zu streicheln. Dem Tier schien das ebenfalls zu gefallen, es drückte seine weichen Nüstern gegen ihre Hand. Hellen freute sich und sprach ruhig und leise mit dem Tier.
»Entschuldigung, dass es so lange gedauert hat«, hörte sie plötzlich Erik Torberg sagen, der mit einem Tablett neben dem Tisch unter einem Baum ein paar Meter neben ihr stand. »Ich habe extra frischen Kaffee kochen lassen.« Er bot ihr einen Platz an, wartete, bis sie sich gesetzt hatte, bevor er eine der dampfenden Tassen vor sie hinstellte.
»Zucker und Milch?«
»Nur ein bisschen Milch«, erwiderte Hellen und ließ ihre Blicke umherschweifen. »Es ist wunderschön hier.«
»Das hat meine Mutter auch immer gesagt.« Erik lachte laut auf. »Mein Vater hat sie aufgezogen, indem er behauptete, sie hätte ihn nur wegen der schönen Landschaft geheiratet.«
»Vielleicht kein schlechter Grund«, entfuhr es Hellen unbedacht. »Die Landschaft bleibt einem und vielleicht noch die Erinnerung an ein schönes Hochzeitsfest.«
Mein Gott, was rede ich da für einen Blödsinn, schoss es ihr im nächsten Moment durch den Kopf. Eriks Miene war nicht anzusehen, was er dachte.
»Entschuldigen Sie bitte«, sagte Hellen leise. »Ich wollte nichts gegen die Ehe Ihrer Eltern sagen. Es war nicht mehr als eine dumme, unüberlegte Bemerkung. Ich bin sicher, Ihre Eltern waren sehr glücklich.«
»Das waren sie.« Erik nickte und wirkte kein bisschen verletzt oder verärgert. Sie registrierte es mit Erleichterung.
»Das lag aber nicht nur daran, dass meine Mutter sich auf Hardingsholm sehr wohlgefühlt hat. Es lag vor allem daran, dass die beiden sich aufrichtig geliebt haben.«
Er sprach in der Vergangenheit. Hellen traute sich nicht, danach zu fragen, ob seine Eltern noch lebten.
»Das ist beneidenswert«, sagte sie, und diesmal war es nicht einfach so dahingesagt. »Was war denn das Geheimnis Ihrer Eltern?«
»Gute Frage.« Erik schaute an ihr vorbei, seine Gedanken schienen sich in der Erinnerung zu verlieren. »Sie waren eigentlich ganz unterschiedlich«, sagte er schließlich, »aber trotzdem schienen sie eine Einheit zu sein, wenn sie zusammen waren. Manchmal denke ich, es war ganz gut, dass sie zur gleichen Zeit gestorben sind …« Er brach ab, seine Augen wurden dunkel vor Schmerz.
Hellen widerstand der Versuchung, aufzustehen und ihn zu berühren. Das Gefühl, ihn trösten zu müssen, wurde übermächtig in ihr. Schnell senkte sie den Kopf. Ihn nicht ansehen, seinen Schmerz nicht annehmen, nur das war jetzt wichtig. Es tat ihr so leid, aber es war nicht ihre Sache, ihn zu trösten. Dafür war Linn da, seine zukünftige Frau.
Erst als Erik wieder zu sprechen begann, sah sie auf.
»Meine Mutter hat mir einmal erzählt, dass sie vom ersten Moment an gewusst hat, dass mein Vater der Mann ihres Lebens war. Es gab gewiss auch schwierige Phasen, wie in jeder Ehe, aber an dieser Tatsache, dass er der Mann war, der für sie bestimmt war, hat sie nie gezweifelt.«
Hellen war tief beeindruckt. »Es muss toll sein, eine Liebe so bedingungslos zu leben und nie den Glauben daran zu verlieren. Das ist mutig.«
Ob es das wirklich gab? Jemanden kennenzulernen und zu wissen: Das ist der Mensch, der mir bestimmt ist, mit dem ich mein ganzes Leben verbringen möchte? Der ein Teil von mir wird und ich ein Teil von ihm?
Sie sah Erik an, er erwiderte ihren Blick, und plötzlich war sie wieder da, diese ganz besondere Magie zwischen ihnen.
Diesmal war Hellen sich sicher, dass es nicht nur ihr, sondern auch ihm so erging. Aber das durfte nicht sein. Sie durfte es nicht zulassen.
Hastig sprang sie auf, obwohl sie noch keinen Schluck von ihrem Kaffee getrunken hatte.
»Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen Tag morgen«, stieß sie hervor. »Alles Gute für Sie und Ihre Braut, und ich wünsche Ihnen, dass Ihre Ehe genauso glücklich wird wie die Ihrer Eltern.«
Erik war ebenfalls aufgestanden. Er machte keine Anstalten, sie aufzuhalten.
»Ich werde mich bemühen«, sagte er stockend. »Vielen Dank.«
»Auf Wiedersehen!« Hellen wandte sich um und eilte in Richtung Bootshaus, als er ihren Namen rief.
»Hellen!«
Sie zögerte kurz, drehte sich dann aber um. Er stand immer noch am Tisch, kam einen Schritt näher, blieb wieder stehen.
»Es war schön, Sie kennenzulernen«, sagte er warm.
»Ja!« Sie nickte. Es war schön, und doch wäre es ihr lieber, es wäre nie passiert. »Leben Sie wohl!« Sie drehte sich um, musste sich
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