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Hochzeit in Hardingsholm

Hochzeit in Hardingsholm

Titel: Hochzeit in Hardingsholm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inga Lindstroem
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zusammenreißen, um nicht zu laufen. Das hätte dann doch zu sehr nach Flucht ausgesehen, aber genau so fühlte sie sich.

– 13 –
    D as Kleid war ein Traum!
    Linn zog den Schleier über, drehte sich nach rechts und links. Prüfend musterte sie sich im Spiegel. Das Kleid war perfekt, fehlte nur noch der Schmuck.
    Linn öffnete ihre Schmuckschatulle und nahm die weißen Perlenohrringe heraus. Sie steckte sie in die Ohrlöcher und hob den Blick. In diesem Moment wurde ihr klar, wann sie diesen Schmuck bekommen hatte. Und wer ihn ihr geschenkt hatte.
    Perlen! Perlen bedeuten Tränen, hatte sie einmal irgendwo gelesen, und in ihrem Fall hatte das gestimmt.
    Anfangs hatte sie die Ohrringe nicht mehr tragen können. Sie hatte sie nicht einmal sehen wollen und ganz hinten in einer Schublade verstaut.
    Linn hatte geglaubt, diesen Schmerz nie überwinden zu können, aber sie hatte die Erfahrung gemacht, dass die Phrase der Zeit, die alle Wunden heilt, auch auf sie zutraf. Die Erinnerung verblasste, die anfangs offene Wunde schloss sich und vernarbte, und der Schmerz verebbte. Was blieb, war ein feiner heller Streifen von Wehmut. Die Frage, was gewesen wäre, wenn …?
    Aber selbst diese Frage, die sie sich so oft in ihrem Leben gestellt hatte, würde ab morgen hinfällig sein. Ihr Leben würde nicht so sein, wie sie es sich damals erträumt hatte, aber das hieß nicht gleichzeitig, dass es schlechter war.
    Vielleicht sogar genau das Gegenteil. Vielleicht hatte alles so kommen müssen, damit sie wirklich ihr Glück fand. Und sie war glücklich.
    Oder?
    Linn starrte ihr eigenes Spiegelbild an. Warum stellte sie sich diese Frage ausgerechnet heute? Einen Tag bevor sie mit Erik vor den Traualtar trat? Sie beide hatten diese Entscheidung doch nicht leichtfertig getroffen. Ihre Gefühle füreinander waren in den vergangenen Jahren gewachsen, und, das war ihnen beiden wichtig, sie vertrauten einander.
    Eine Welle von Zärtlichkeit durchfuhr sie, als sie an Erik dachte. Sie liebte ihn. Auf eine ganz besondere, zärtliche Weise, und das lag nicht nur daran, dass er im entscheidenden Moment für sie da gewesen war. Es lag an ihm. Weil er so war, wie er war. Treu, zuverlässig, fürsorglich.
    In diesem Moment klopfte jemand an die Tür. Linn fuhr erschrocken herum. »Nein, Erik, nicht hereinkommen!«
    Er sollte sie nicht sehen. Es brachte Unglück, wenn der Bräutigam die Braut vor der Hochzeit im Brautkleid sah. Linn behauptete zwar von sich selbst, nicht besonders abergläubisch zu sein, aber man musste das Schicksal ja auch nicht unbedingt herausfordern.
    Es war aber nicht Erik, der sich in der Türöffnung zeigte. Fassungslos starrte Linn den Mann an, der ebenfalls ziemlich entgeistert wirkte.
    »Lars!«
    Sekunden oder gar Minuten verstrichen, in denen sie voreinander standen, sich anschauten, als versuchten sie beide zu begreifen, was sie gerade sahen. Linn hatte keine Ahnung, wie ihr geschah, in ihr herrschte ein ausnahmsloses Durcheinander an Gefühlen.
    »Was machst du hier?«, fragte sie schließlich.
    »Das wollte ich dich auch fragen.« Lars’ Blick glitt an ihr herunter und dann wieder rauf. Fragend schaute er ihr ins Gesicht. »Du siehst nicht so aus, als hättest du auf mich gewartet.«
    Linn war sprachlos. Was bildete er sich ein? Hatte er wirklich geglaubt, sie würde auf ihn warten? Bis er irgendwann, zu einem ihm beliebigen Zeitpunkt, zurückkehrte? Ohne vorher mit ihr darüber gesprochen zu haben? Nachdem er ohne ein Wort plötzlich einfach verschwunden war und sie in Angst und Ungewissheit zurückgelassen hatte? Und sich kein einziges Mal bei ihr gemeldet hatte? Das konnte doch nicht sein Ernst sein!
    »Wo warst du?«, brachte sie spröde hervor.
    »Mal hier, mal da«, erwiderte er ausweichend. »Zuletzt im Himalaya.« Wieder betrachtete er sie von Kopf bis Fuß, zeigte auf das Hochzeitskleid.
    »Und was hat das zu bedeuten?«
    Linn räusperte sich. Warum fühlte sie sich schuldbewusst, obwohl dafür überhaupt kein Grund bestand? Sie war es schließlich nicht, die ohne ein Wort verschwunden war.
    »Erik und ich, wir heiraten morgen. Schön, dass du zu unserer Hochzeit kommen konntest.«
    »Ich habe nichts davon gewusst.« Er schüttelte den Kopf.
    Als ob Linn das nicht wüsste. Erik hatte in den letzten Wochen intensiver als je zuvor versucht, seinen Bruder zu finden.
    »Du heiratest also meinen Bruder.«
    Es war Lars nicht anzusehen, was er dachte. Seine Miene blieb unbewegt, aber Linn glaubte, aus seiner

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