Hochzeit in Hardingsholm
Stimme herauszuhören, dass er verletzt war. Oder bildete sie sich das nur ein? Weil sie wollte, dass ihm jetzt ein bisschen was von dem widerfuhr, was er ihr angetan hatte?
»Tja«, leichter Spott schwang in seiner Stimme mit, »und ich habe mir eingebildet, du liebst mich.«
»Wie kann ich jemanden lieben, der ständig auf der Flucht ist?« Linn hörte selbst, wie spitz ihre Stimme klang.
Lars starrte sie an. Seine Augen verdunkelten sich, ansonsten blieb seine Miene unbewegt, und auch den spöttischen Ton behielt er bei. »Da hast du recht, jemanden wie mich kann man nicht lieben. Männer wie Erik sind viel besser zum Ehemann geeignet.«
»Was willst du eigentlich von mir, Lars?«, fuhr sie ihn an. »Du bist vor fünf Jahren verschwunden, hast dich nie bei mir gemeldet. Ich wusste nicht, warum du gegangen bist, und ich wusste nicht, wo du bist. Hast du erwartet, dass alles so bleibt, wie du es verlassen hast? Dass ich auf dich warte, ohne zu wissen, ob du überhaupt jemals wiederkommst?«
Lars setzte zu einer Antwort an, überlegte es sich dann aber anders. »Okay«, sagte er schließlich gedehnt. »Und was machen wir jetzt?«
»Keine Ahnung.« Linn zuckte mit den Schultern. Sie wusste nicht, was sie erwartet hatte, aber dass er nicht einmal zu einer Entschuldigung ansetzte, verletzte sie zutiefst. » Erik wird sich bestimmt freuen, dich zu sehen«, stieß sie hervor.
Sie hatte es nicht so betonen wollen, dass Erik der Einzige war, der sich über den Besuch seines Bruders freute, aber jetzt, nachdem sie es ausgesprochen hatte, empfand sie es so. Sie spürte, dass dieses Wiedersehen alles durcheinanderbringen würde, und das machte ihr Angst.
»Soso.« Lars brach ab, musterte sie mit einem Blick, der völlig unbeteiligt wirkte. Dann lächelte er. »Du heiratest also meinen Bruder. Und mein altes Zimmer hast du gleich mit übernommen.«
Lars sah sich in dem Raum um, in dem er seine Kindheit und Jugend verbracht hatte. Es war nicht viel übrig geblieben von dem, was sein Leben ausgemacht hatte, dafür trug der Raum jetzt eindeutig feminine Züge.
Linn hatte es neu streichen lassen, andere Vorhänge gewählt und auch die Möbel ausgetauscht.
»Erik hat mir das Zimmer angeboten, als ich hier eingezogen bin«, sagte sie steif, verschwieg aber, dass sie es in seinem ursprünglichen Zustand nicht hatte belassen wollen, weil es sie immer an Lars erinnert hätte. Als sie sah, dass ihre Worte ihn verletzten, fügte sie sanfter hinzu: »Wir haben das Zimmer links neben der Treppe als Gästezimmer eingerichtet. Da kannst du übernachten.«
»Ja, klar.« Lars nickte. Er wandte sich um und öffnete die Tür. »Ich gehe dann mal ins Gästezimmer.«
So aber wollte Linn ihn nicht gehen lassen. »Lars!«
Er wandte sich um, schaute sie fragend an. In seinem Blick lag nichts, was die Nähe und Liebe ausmachte, die er früher einmal für sie empfunden hatte. Alles an ihm wirkte fremd und unnahbar, und plötzlich wusste Linn nicht mehr, was sie eigentlich sagen wollte.
»Erik wird sich wirklich freuen, dass du da bist«, brach es schließlich aus ihr heraus.
Lars schwieg, hob eine Augenbraue und betrachtete sie, als könne er mit dieser Aussage überhaupt nichts anfangen. Als hätte er etwas anderes erwartet.
»Na ja«, sagte sie hilflos, »du bist schließlich sein einziger Verwandter.« Erst als sie die Worte ausgesprochen hatte, wurde ihr klar, wie zynisch das klang. Jetzt konnte sie es nicht mehr zurücknehmen, wusste aber auch nicht, was sie hinzufügen konnte, um das Gesagte abzumildern.
Lars hatte kurz die Augenbrauen zusammengezogen, schaute sie jetzt aber wieder mit einem Blick an, der völlig unbeteiligt wirkte, und so klang seine Stimme auch, als er fragte: »Wann ist eigentlich die Hochzeit?«
»Heute ist Polterabend, morgen heiraten wir«, sagte Linn tonlos.
»Morgen schon«, murmelte er, starrte an ihr vorbei aus dem Fenster. Als er sich ihr wieder zuwandte, lächelte er. »Du siehst toll aus, Linn.«
Seine Augen glitten über ihr Hochzeitskleid, das ihren Körper, das wusste Linn, perfekt modellierte. Sein Blick war wie eine Liebkosung, wie streichelnde Hände. Sie schauderte, spürte die Gänsehaut auf ihrem Körper.
»Du bist wunderschön«, sagte er leise, bevor er sich abrupt umwandte, das Zimmer verließ und die Tür hinter sich schloss.
Linn lief ihm nach, doch an der verschlossenen Tür blieb sie stehen.
Was mache ich denn, schoss es ihr durch den Kopf. Sie wandte sich um, dabei fiel ihr
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