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Hochzeit in Hardingsholm

Hochzeit in Hardingsholm

Titel: Hochzeit in Hardingsholm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inga Lindstroem
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anfangen«, prophezeite sie. »Du wirst noch deinen Enkelkindern davon erzählen.«
    Linn sah ihre Mutter ärgerlich an. »Ich habe kein Kleid«, sagte sie und betonte dabei jedes Wort.
    Edda strich das Tischtuch glatt. »Erik wird schon dafür sorgen, dass du nicht nackt vor dem Altar stehst«, sagte sie leichthin.
    »Hoffentlich!«, erwiderte Linn dumpf. Sie wusste selbst nicht, warum ihre Laune immer noch auf dem Tiefpunkt war. Eigentlich war sie schon vor dem Anruf des Brautladens nicht besonders fröhlich gewesen, und die Nachricht, dass das Kleid nicht mehr rechtzeitig geliefert werden konnte, hatte ihr lediglich den Rest gegeben.
    Sollte eine Braut sich nicht ganz anders fühlen? Sollte sie nicht in Hochstimmung sein, weil sie am nächsten Tag für alle Zeiten mit dem Mann verbunden wurde, den sie liebte, der sie liebte?
    Ja, sie liebte Erik. Er war für sie da gewesen, als es ihr sehr schlecht ging – und das, obwohl er selbst damals in einer schlimmen Verfassung gewesen war und der Verlust, den er mit dem Tod seiner Eltern erlitten hatte, sogar weitaus schlimmer wog als das, was ihr passiert war. Linn hatte sogar ansatzweise nachempfinden können, was Erik damals durchgemacht hatte. Ihre Mutter lebte zwar und erfreute sich glücklicherweise bester Gesundheit, aber ihr Vater war vor einigen Jahren nach langer und schwerer Krankheit gestorben. Für Linn, damals noch ein Teenager, war das eine beklemmende Zeit gewesen. Ihre Mutter hatte ihren Vater bis zuletzt liebevoll gepflegt, und so schmerzhaft sein Weggang gewesen war, so war er für ihn selbst und für alle, die ihm nahestanden, doch auch eine Erlösung gewesen.
    Linn hatte viel darüber nachgedacht, was schlimmer war: ein langsamer, schleichender Tod oder ein schnelles, unvermitteltes Ende, so wie bei Eriks Eltern. Sie waren fröhlich und gut gelaunt zu einer Geburtstagsfeier aufgebrochen – und nie wieder zurückgekehrt. Ein Lastwagenfahrer hatte ein Stoppschild übersehen und war frontal in den PKW gerast. Anita und Björn Torberg waren auf der Stelle tot, so hatte die Polizei es Erik versichert.
    Linn bekam immer noch Gänsehaut bei diesen schrecklichen Erinnerungen. Drei Tage später hatte die Beerdigung stattgefunden, aber zu diesem Zeitpunkt war Lars schon weg gewesen. Niemand wusste, wohin oder warum er verschwunden war, ohne ein Wort, aber nicht wenige vermuteten, dass er den Tod der Eltern nicht verkraftet hatte.
    Linn hatte seitdem nichts mehr von ihm gehört. Manchmal war es so, als hätte es Lars nie gegeben. Dann war er nicht mehr als eine ferne Erinnerung. Und im nächsten Moment war wieder alles ganz nah, so als wäre es gestern erst passiert. Erik hatte in den letzten Jahren hin und wieder eine Karte von Lars bekommen. In sehr unregelmäßigen und vor allem langen Zeitabständen. Immer wieder aus einem anderen Land, von anderen Kontinenten. Also lebte er. Immerhin.
    Linn zuckte zusammen, als ihre Mutter eine Hand auf ihre Hand legte und sich dann zu ihr setzte. »Du wirst eine wunderschöne Braut sein«, sagte sie liebevoll.
    Linn befiel sofort ein Schuldgefühl ob ihrer Gedanken. Sie war ihrer Mutter dankbar für ihre Anteilnahme und hoffte inständig, dass Edda nicht ahnte, wohin ihre Gedanken gerade unterwegs gewesen waren.
    »Es wird ein wunderschönes Fest werden«, fuhr Edda unbeirrt fort. »Genau so, wie du es dir gewünscht hast.«
    Ja, so hatte sie es sich gewünscht. Vor Jahren schon. Damals hatte sie genau gewusst, wie ihre Hochzeit sein sollte. Welches Kleid sie tragen wollte und welche Schuhe, welches Essen serviert werden würde, all das hatte sie geplant. Wie sie auch ihr ganzes weiteres Leben geplant hatte. Nun geschah alles mit ein wenig Verspätung, und auch wenn es so verlief, wie sie es sich erträumt hatte, so war es doch ganz anders. Weil sie eine andere geworden war, weil sie sich weiterentwickelt hatte und weil Erik und nicht …
    »Alles wird gut, Liebes«, unterbrach ihre Mutter ihre Gedanken. »Du wirst mit Erik sehr, sehr glücklich werden.«
    »Ja!« Linn nickte entschlossen. Genau das wollte sie hören. »Das werde ich!«
    Sie hatten es verdient. Beide, sie und Erik, dass sie glücklich wurden.
    Zuversicht erfüllte sie, bis ihr aufging, dass ihr Verstand ihr diese Zuversicht eingab, ihr Gefühl dem aber nicht folgte. Sie öffnete den Mund, schloss ihn aber gleich darauf wieder. Sie konnte nicht darüber reden. Mit niemandem, am allerwenigsten mit ihrer Mutter. Edda würde sie nicht verstehen. Sie spürte

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