Hochzeit in St. George (German Edition)
weiß, was ich meinen Freunden schuldig bin.« Er wandte sich um. »Die Einladung gilt selbstverständlich auch für Sie, Mylord«, sagte er zu Hugh, der etwas zurückgezogen im Schatten einer Säule auf die Gelegenheit gewartet hatte, dem Brautpaar au gratulieren. Nun verbeugte er sich zum Zeichen dafür, daß er die Einladung gerne annahm. Christlemaine wandte sich an Aberfield, der noch immer regungslos in der vordersten Reihe saß: »Und natürlich auch für Sie, Mylord.«
Aberfield stand auf und ergriff seinen flachen Hut, den er neben sich auf die Kirchenbank gelegt hatte. »Das ist nicht nötig, Christlemaine. Vielen Dank. Ich habe gesehen, was ich sehen wollte. Ich gehe jetzt.« Mit diesen Worten machte er kehrt und verließ eilig die Kirche. Jeder seiner schweren Schritte hallte laut durch die erhabene Halle.
»Möchte wissen, warum der Earl überhaupt anwesend war«, stellte Christlemaine verwundert fest. »Ein Verwandter von Ihnen, Catharine?«
Catharine schüttelte den Kopf. »Richard hat ihn eingeladen«, konntesie sich nicht verkneifen zu sagen. Christlemaine wandte sich überrascht an seinen Cousin, um sich zu erkundigen, seit wann ihn eine Freundschaft mit dem unleidlichen Herrn verband. Doch dieser war damit beschäftigt, die stürmischen Glückwünsche seiner Schwester entgegenzunehmen. Und dann trat auch noch Lord Deverell vor, um dem Brautpaar seine Wünsche mit auf den gemeinsamen Lebensweg zu geben. Die Kirchentür wurde abermals geöffnet, und Jem, Christlemaines Bursche, erschien, um seinem Herrn ein Zeichen zu geben.
»Die Kutschen sind vorgefahren«, sagte dieser nun, an die kleine Hochzeitsgesellschaft gewandt. Die Gelegenheit, Richard nach seiner Bekanntschaft mit Lord Aberfield zu fragen, war vorüber.
Die Speisen, die im eleganten Eßzimmer des Stadtpalais von Lord Christlemaine serviert wurden, waren erlesen. Der Earl saß an der Stirnseite der Tafel, die Braut an der Längsseite zu seiner Rechten, daneben der Bräutigam, Sophia zu seiner Linken. Neben Sophia saß Lord Deverell, Hetty Willowby dem Earl an der Stirnseite des Tisches gegenüber.
»Nun, wie gefällt es Ihnen in London, Miss Willowby?« erkundigte sich Hugh Deverell zwischen zwei Gängen. Das Brautpaar und die Gastgeber waren in vergnügte Mutmaßungen über den momentanen Aufenthaltsort von George Willowby vertieft und in Geschichten und Gerüchte, die sich rund um seine Person rankten. Hetty, die ihren Bruder seit langer Zeit nicht mehr gesehen hatte und deren Interesse an ihm eher oberflächlich war, hatte sich nicht an der Unterhaltung beteiligt. Nun sah sie von ihrem Teller auf und lächelte ihrem Tischnachbarn freundlich zu: »Oh, bitte nennen Sie mich nicht Miss Willowby. Sie sind doch ein Freund von Richard. Sie sollten Hetty zu mir sagen.«
Er verbeugte sich ein wenig, mit einem leichten Lächeln in seinen grauen Augen. Sehr charmant, die Kleine, dachte er. »Es ist mir ein Vergnügen«, sagte er und hob das Glas. »Also dann: Hetty.«
Gut gelaunt prostete sie ihm zu. »Darf ich Hugh zu Ihnen sagen?« Sie blickte so freimütig zu ihm hinüber, daß er nicht anders konnte, als zuzustimmen. Er war gut fünfzehn Jahre älter als sie, noch dazu Junggeselle. Was die Leute wohl munkeln werden, wenn sie sich mit den Vornamen ansprachen?
»Mir hat London schon immer gut gefallen«, beantwortete sie nun seine frühere Frage. »Hier pulsiert das Leben, hier ist wirklich etwas los. Sie wissen gar nicht, wie ich mich danach sehne, zu tanzen, mich zu unterhalten, viele Leute kennenzulernen…«
Hugh fand an ihrer Begeisterung und an ihrem Enthusiasmus Gefallen. Hoffentlich hatte der gute Ric die Mittel, um die Träume seiner Schwester zu verwirklichen. So ein Debüt war nicht billig.
»Lady Christlemaine hat versprochen, für mich einen Ball zu geben. Ist das nicht reizend von ihr? Ich möchte Sie heute schon dazu einladen, auch wenn ich noch gar nicht weiß, wann er stattfinden wird. Sie werden doch kommen?«
Hugh lachte. »Wann auch immer dieses Ereignis über die Bühne geht, ich werde mit Vergnügen dabeisein.«
»Fein!« meinte Hetty. »Sie werden sich sicher nicht langweilen. Ich werde auch Cousin Alfred einladen. Sie kennen ihn doch, Alfred Willowby. Und auch seinen Freund Lord Bridgegate.«
»Du bist mit Bridge bekannt?« fragte ihr Bruder zu ihrer Linken, der ihre letzten Worte aufgeschnappt hatte. »Du kannst mir doch nicht weißmachen, daß ein Mann wie der Beau zu den Bekannten von Tante Mable
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