Hochzeit in St. George (German Edition)
haben wir auch noch vor, einige Tage nach Tunbridge Wells zu fahren, wo ein gigantischer Hahnenkampf stattfinden soll.«
»Aber Vetter!« warf die Gastgeberin ein. »Doch nicht während der Saison.«
»Weißt du, Cousine«, entgegnete dieser. »Ich mache mir nicht sehr viel aus der Saison. Ich besuche kaum Bälle, vielleicht ein oder zwei Maskeraden. Ich gehe nicht gerne zu Konzerten oder ins Theater. Da gibt es andere Vergnügungen, die mir mehr liegen. Und diese sind nicht an die Saison gebunden.«
»Hast du bereits bemerkt, daß du seit kurzem verheiratet bist, mein Guter?« erkundigte sich der Earl mit spöttischem Lächeln. »Ich denke, deine Frau hat auch ein Wörtchen mitzureden bei deiner Programmgestaltung.«
»Und deine Schwester auch!« rief Hetty empört. »Schließlich ist das mein Debüt. Und wenn du schon einen Haufen Geld dafür ausgibst, dann mußt du auch dabeisein und zusehen, wie ich ein Erfolg werde.«
Dem wußte Mr. Willowby nichts entgegenzusetzen.
IX.
Die nächsten Tage und Wochen vergingen wie im Fluge. Catharine und Hetty erkundeten gemeinsam das ganze Haus. Zimmer um Zimmer wurde besichtigt. Hetty bedauerte den Verlust der vertrauten Möbel und Kleinigkeiten, die sie aus den Kindertagen in Erinnerung hatte. Catharine überlegte, welche der fadenscheinigen Vorhänge ersetzt werden mußten. Und welche Möbel und Bilder dringend beschafft werden mußten, um den Eindruck eines leergeräumten Hauses eines verarmten Adeligen zu beseitigen. Der Speicher war voll von Gerümpel, das weder dem Hausherrn noch seinem ältesten Sohn so wertvoll erschienen war, daß sie versucht hätten, es zu verkaufen. Für die beiden Damen bot er jedoch willkommene Schätze. Zwei Porträts, in Öl gemalt, standen mit dem Gesicht zur Wand in einem der breiten, wackeligen Schränke. Sie zeigten ein Ehepaar in der Kleidung des vergangenen Jahrhunderts. Mit den Jahren waren die Farben dunkler geworden, und doch schienen beide Bilder gut erhalten. Wen die beiden darstellten, wußte Hetty nicht, vermutlich Urgroßeltern der Willowbys oder auch Verwandte mütterlicherseits. In passenden Rahmen würden sie die karge Eingangshalle schmükken.
Edward Steanton hatte das Geld vorbeigebracht, das er Mr. Willowby schuldete und das nun zu seinem Erstaunen dessen Gattin in Empfang nahm, von deren Existenz er bislang noch nichts geahnt hatte. Der Herzog von Milwoke hatte sein Versprechen wahr gemacht und einen Wagen mit zwei Pferden bereitgestellt. Der Kennerblick des Stallburschen Brian erkannte ohne Zögern die Qualität der beiden Tiere, und er konnte sein Glück kaum fassen, nun zwei prächtige Gespanne unter seiner Obhut zu wissen. Auch Catharines Aussteuer war angekommen. Eine zierliche Sitzgruppe aus Kirschholz, mit zartgrün gestreiftem Stoff bespannt, ein dazu passender Tisch und zwei Kommoden. Allerhand Vasen und Porzellanfiguren befanden sich in den Kisten sowie ein komplettes Speiseservice für zwölf Personen und ein dazu passendes Silberbesteck, in das die Initialen »CF« eingraviert waren. Nun, es würde auch im Hause Willowby gute Dienste tun.
Als letztes schleppten die Diener die drei Teppiche herein, die Tante Mable Catharine geschenkt hatte. Der größte von ihnen, ein schweres,dunkelrot-blau gemustertes Stück, wurde im Eingangsbereich entrollt. Die beiden kleineren im Empfangssalon und im Frühstückszimmer, das von Catharine in ein allgemeines Speisezimmer umfunktioniert worden war.
Mit den Möbeln erschien auch Mr. Burley, der ehemalige Butler des Herzogs. Der alte Herr, von Lady Milwoke frühzeitig in Pension geschickt, war außer sich vor Freude, wieder in sein Metier zurückkehren zu dürfen. Er sah großzügig darüber hinweg, daß er nur mehr das Haus eines künftigen Viscount leiten sollte und daß dieses nicht einmal ein Drittel so groß war wie das seines früheren Herrn. Umgehend übernahm er das Kommando über die kleine Dienstbotengruppe.
So kam es, daß Mr. Willowby, als er das erste Mal seit drei Wochen nach seiner Hochzeit den Abend zu Hause verbringen wollte, unerwartet seinem neuen Diener gegenüberstand. Er war in die Küche hinabgestiegen, um, wie es seine langjährige Gewohnheit war, mit seinem Diener Kermin ein gemeinsames Abendessen einzunehmen. Da empfing ihn Burley, der eben ins Erdgeschoß hinaufsteigen wollte, am Kücheneingang.
Der Butler nahm sofort Haltung an. »Guten Abend, Sir«, grüßte er förmlich. »Kann ich Ihnen behilflich sein?«
»Ob Sie mir… wer zum Teufel
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