Hochzeit in St. George (German Edition)
sind Sie? Wie kommen Sie in meine Küche? Wo ist Kermin?« erkundigte sich Richard, sichtlich aus der Fassung gebracht.
Der Gesuchte erschien aus einer der Speisekammern und wischte sich die Hände an seiner Schürze ab. Grinsend blieb er stehen, als er das ratlose Gesicht seines Herrn sah. »Guten Abend, Master Richard. Ist das nicht eine Wucht? Das ist Mr. Burley, unser Butler. Mrs. Willowby hat ihn heute eingestellt.«
Richard war völlig überrumpelt. Unter dem gestrengen Blick seines neuen Dieners beschloß er jedoch, eine Diskussion über die Notwendigkeit eines Butlers in der Mount Street auf eine spätere Gelegenheit zu verschieben.
»Sie sind also unser neuer Butler«, sagte er statt dessen. »Wie war der Name?«
»Burley, Sir, William Joseph Burley. Mylady kennt meine Reverenzen Sir. Ich…«
»Schon gut«, unterbrach ihn Willowby. »Sie werden sich sicher beiuns zurechtfinden. Und wenn Sie sich nicht auskennen, fragen Sie Kermin. Nun will ich zu Abend essen.«
Der Butler schluckte. Nur im äußersten Notfall würde er sich so weit herablassen, einen Diener zu fragen. Noch dazu einen, der sich einer äußerst lockeren Sprechweise befleißigte. Und bei dem man nicht genau wußte, welchen Rang er im Haushalt einnahm. War er Kammerdiener und rangierte somit unmittelbar unter dem Butler? Oder war er Koch und stand unter dem Kammerdiener? Nun, er würde das zu gegebener Zeit herausfinden.
»Wenn ich Sie in den blauen Salon führen dürfte, Sir. Das Abendessen wird in wenigen Minuten serviert«, sagte er.
»In welchen blauen Salon? Hier gibt es so etwas nicht, mein Guter. Ich werde in der Küche essen, wie immer.«
Der Butler verbeugte sich. »Natürlich, Sir«, sagte er. »Wie Sie wünschen, Sir. Ich würde an Ihrer Stelle jedoch dennoch den blauen Salon vorziehen. Er bildet den geeigneten Rahmen für den Hausherrn.«
Darauf wußte Mr. Willowby keine Antwort. Er machte kehrt und beeilte sich, dem Butler in das obere Geschoß zu folgen. Dann blieb er stehen und rief über die Schulter zurück: »Kermin! Komm nach oben. Ich habe mit dir zu sprechen.«
Der blaue Salon entpuppte sich als das ehemalige Frühstückszimmer. Catharine hatte neue, dunkelblaue Vorhänge anbringen lassen, die genau zu dem Blau-Beige-Gold des Perserteppichs ihrer Aussteuer paßten. Mit geübtem Blick schätzte Richard den Wert des Teppichs und der Porzellanfiguren auf dem Kaminsims. Sie hatten sicher eine hübsche Stange Geld gekostet. Hoffentlich würde er sie auch wieder zu einem guten Preis verkaufen können, wenn Edward Steantons Geld aufgebraucht war. Der Butler rückte ihm den Stuhl am Kopfende der Tafel zurecht und begann, als sich sein Herr gesetzt hatte, das Gedeck für eine Person aufzulegen.
»Woher haben wir dieses Geschirr?« fragte Mr. Willowby verwundert.
»Es stammt aus Myladys Aussteuer, Sir. Wie auch das Besteck und die Porzellanfiguren.«
»Und auch der Teppich?«
»Und auch der Teppich, Sir«, bestätigte Burley. »Was darf ich Ihnen zu trinken bringen, Sir? Mr. Kermin hat Roastbeef mit Yorkshirepudding,Gravey und Gemüse als Hauptgericht zubereitet. Ich würde daher einen Burgunder empfehlen. Es sei denn, Sie wünschen zum ersten Gedeck einen Weißwein, da…«
»Burgunder ist in Ordnung«, unterbrach Willowby. Wenn er überhaupt einen Burgunder fand. Seit wann haben wir einen derart edlen Wein im Haus? Der Butler verließ mit einer Verbeugung den Raum. Willowby lehnte sich in seinem Stuhl zurück und betrachtete nachdenklich seine Gabel. Aus Myladys Aussteuer stammten diese Sachen, hatte der Butler gesagt. Seltsam. Er hatte nie damit gerechnet, daß Catharine eine Aussteuer mit in die Ehe brachte. Hatte sie nicht gesagt, sie sei mittellos und hatte sich eine Stelle als Gouvernante suchen wollen? Von wem sollte sie wohl diese Mitgift bekommen haben? Er wußte sehr wenig über die Frau, die er geheiratet hatte. Richard blickte sich um. Durch den Teppich und die neuen Vorhänge war der Raum wie verwandelt. Er strahlte eine lang vermißte Behaglichkeit aus. Plötzlich fühlte er sich zurückversetzt in die Zeit, als seine Mutter noch lebte. Damals war dieser Raum in satten Rottönen gehalten gewesen. Doch die Farbe machte keinen Unterschied. Richard war sich nicht genau bewußt, was ihn wirklich an die glücklichen Tage seiner Jugend erinnerte. Doch er fühlte sich wohl und behaglich in seinem Haus wie seit Jahren nicht mehr. Der Butler kam zurück und schenkte ihm mit gekonnter Geste dunkelroten Wein in
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