Hochzeit in St. George (German Edition)
ich vorhabe, mein Leben als Junggeselle zu beschließen.«
»Ja, was willst du denn dann von ihr?« wollte Hugh wissen.
»Ja, was will ich denn dann von ihr?« echote Willowby mit unverkennbarem Spott.
»Richard!« rief Hugh Deverell entsetzt aus. »Sie ist die Tochter des Earl of Aberfield. Eines der unangenehmsten und einflußreichsten Männer des Königreiches.«
»Ich weiß, daß er ein aufbrausender, alter Esel ist«, entgegnete Mr. Willowby sorglos, »aber ich will schließlich ein Verhältnis mit seiner Tochter beginnen. Nicht mit ihm.«
»Wie man hört, wünscht Aberfield die Verbindung seiner Tochter mit dem Earl of Tremaine«, meldete sich Lord Bridgegate zu Wort. Diese Bemerkung schien seinen Freund nicht von seinem Vorhaben abbringen zu können. Im Gegenteil. »Fein«, sagte er. »Wenn sie wirklich abermals einen Mann heiraten soll, der um vieles älter ist als sie, wird sie sich um so mehr nach einem jugendlichen Liebhaber sehnen.«
»Und dieser jugendliche Liebhaber bist du?« vergewisserte sich der ehrenwerte Hugh Deverell.
»Sehr richtig«, bestätigte Richard grinsend. »Und nun gehe ich nach Hause. Ich muß morgen nacht bei Kräften sein. Danke für diesen Abend, Hugh. Er war wirklich äußerst erfreulich. Ich scheine eine wahre Glückssträhne zu haben, die Taschen voll Geld, die reizvollste Frau der Stadt in Kürze in meinem Bett. Herz, was willst du mehr?«
Hätte Richard Willowby in diesem Augenblick geahnt, wie sehr sich in den nächsten sieben Tagen sein Leben verändern würde, seine freudige Zuversicht wäre wohl schlagartig gebremst worden.
II.
Es begann damit, daß sich seine Schwester unerträglich langweilte. Neben ihren Brüdern Richard und George war Hetty die jüngste unter den drei Geschwistern Willowby. Eine fröhliche, aufgeweckte, bisweilen auch launenhafte Achtzehnjährige. Sie lebte seit dem Tod ihrer Mutter bei der kinderlosen Schwester ihres Vaters und dessen Gatten in Brighton. Bis zu ihrem sechzehnten Geburtstag hatte sie das Institut für höhere Töchter der ehrenwerten Mrs. Lutham in Worthing besucht und ihre Verwandten nur in den Ferien gesehen. Wie jedes adelige Mädchen ihres Alters malte sie sich in dieser Zeitihr glanzvolles Debüt in der Hauptstadt in den prächtigsten Farben aus. Doch es sollte ein Traum bleiben. Denn seit zwei Jahren wartete sie nun darauf, endlich ihre erste Saison in London verbringen zu dürfen. Vergebens. Immer wieder fanden Onkel und Tante einen Grund, den versprochenen Aufenthalt in der Hauptstadt zu verschieben. Zuerst war eine Reise auf den Kontinent, um Verwandte zu besuchen, wichtiger. Gut, das hatte Hetty verstehen können, und die Fahrt nach Frankreich war ja wirklich ein aufregendes und unterhaltsames Erlebnis gewesen. Im nächsten Jahr jedoch war der Aufenthalt in London wegen des verletzten Knies ihres Onkels verhindert worden. Er war kurz vor dem geplanten Termin vom Pferd gefallen, und für Tante Mable kam es nicht in Frage, daß sie den armen Onkel Jonathan alleine ließ, um ihre Nichte nach London zu begleiten.
Das hatte Hetty nur zähneknirschend zur Kenntnis genommen. Und in diesem Jahr schien es lange Zeit so, als würden Onkel und Tante gar nicht auf die Idee kommen, nach London zu fahren. Also hatte Hetty die Initiative ergriffen. Sie begann von nichts anderem mehr zu sprechen als von ihrem bevorstehenden Debüt. Sie schwärmte ihrer Tante vor, wie amüsant es für sie alle werden würde. Als diese Taktik nichts nützte, verlegte sie sich aufs Betteln, schließlich schmollte sie und war unausstehlich. Gerade als sie dachte, sie hätte ihre Verwandten überzeugt, bekam Tante Mable einen Schwächeanfall. Sie zog sich in ihre Gemächer zurück, und der sofort herbeigeholte Arzt der Familie riet dringend davon ab, daß Mylady die beschwerliche Reise nach London auf sich nehme. Und dann noch der Trubel, der in der Hauptstadt herrschte, die Veranstaltungen, die oft bis in den frühen Morgen dauerten! Keinesfalls sollte sich Mylady mit ihrer schwachen Konstitution diesen Strapazen aussetzen!
Während Hetty enttäuscht die Zähne zusammenbiß und sich verstohlen die Tränen aus den Augenwinkeln wischte, hatte sich die Tante mit befreitem Aufseufzen in ihre Kissen zurückgelehnt. Das war vor gut einer Woche gewesen. Tante Mable hatte sich erstaunlich rasch von ihrem Schwächeanfall erholt. Es ging ihr bereits wieder viel besser, und doch beteuerte sie, daß die Erwähnung des Wortes »London« allein ausreichte, um einen
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