Hochzeit ins Glück (Fürstentraum) (German Edition)
Christine und Hedy hier kleine, mit Teelichten besetzte Holzflöße ins Wasser gesetzt. Die Augen fest auf die tänzelnden Schwimmer gerichtet, waren die Schwestern unerschütterlich davon überzeugt gewesen, daß die romantische Reise der Flöße über Kleine und Große Laber, über die Donau, endlich über das große Delta bis ins Schwarze Meer führen würde. Christine war diesen schmalen Pfad schon oft gegangen, und so folgten ihre Schritte ohne weiteres Zutun, beinahe automatisch, dem Weg hügelabwärts.
Zu dieser frühen Stunde hörte sie nichts weiter als das leichte Geräusch des Windes und den Gesang der Vögel. Am Fluß angelangt, setzte sich Christine auf einen alten Baumstumpf und blickte über das ruhig fließende Wasser. Nah am Ufer und nur wenige Schritte von ihr entfernt, ragten die Äste einer alten Weide weit über den Fluß hinaus. Wieder und wieder stürzten sich von dort Eisvögel wie bunte Blitze in die Fluten, beim Auftauchen einen silbernen Stichling im Schnabel. Libellen fegten über die Wasseroberfläche auf der Jagd nach Mücken. Direkt zu ihren Füßen stand ein Hecht bewegungslos in der Strömung. Von Ferne drang ein leises Summen an ihr Ohr: die Autobahn.
Alleine mit der Natur, die sich nicht weiter um Christine und ihre Sorgen kümmerte, dachte sie zum ersten Mal nüchtern und sachlich über ihre Lage nach. Noch immer war sie sich über ihre Gefühle zu Georg nicht im klaren, und so entspann sich in ihrem Kopf ein Streitgespräch von Anklage, vertreten durch Christine, und Verteidigung, ebenfalls vertreten durch Christine.
“Er hat sich schäbig verhalten!”
“Keine Frage, aber niemand hat dich gezwungen, zuviel zu trinken, auch Janine nicht. Das war alleine deine eigene Entscheidung. Genau so, wie mit ihm zu schlafen.”
“Er hat meine Lage ausgenutzt!”
“Eine Lage, in die du dich selbst gebracht hast, Schätzchen. So ist er nun einmal. Ohne ein gewisses Maß an Rücksichtslosigkeit bringt man es heute eben zu nichts.”
“Er hätte wenigstens anrufen können!”
Schweigen.
Beinahe unentschieden, dachte Christine.
Aber, so dachte sie weiter, Georg muß sich erklären. Das ist er mir schuldig. Spätestens Dienstag, wenn ich wieder in Berlin bin. Und es muß von ihm ausgehen. Ich werde ihn bestimmt nicht anrufen und wenn er schwarz wird.
Und der Schwur? Und Marcus? Beinahe zehn Jahre war das nun her, sie waren beide noch Kinder gewesen. Voller Wehmut dachte Christine an glücklichere Zeiten zurück, dann wandte sie sich wieder der Gegenwart zu.
Nach allem, was ich schon ereicht habe, werde ich nicht wegen einer alkoholisierten Dummheit, wegen eines Ausrutschers alles aufgeben. Sie dachte an ihre kleine Wohnung in der Grünberger Straße und verglich sie im Geiste mit ihrem Elternhaus. Berlin war nicht Hohenthann, würde es auch nie sein, aber so unerträglich war es dann wieder nicht.
Mit diesem Entschluß kehrte Christine gemächlich zur Burg zurück, doch ein ungutes Gefühl blieb.
11
Ratlos stand Christine in ihrer winzigen Ankleide, die vor Jahren einmal vom Schlafzimmer abgetrennt worden war. Sie war ohnehin schon zu spät dran für das Diner und jetzt das. Nichts zum Anziehen. Das Goldlamé-Kleid? Hatte sie das nicht zur Abiturfeier getragen? In diesem Jahrhundert und mit ihren Maßen kam das wohl nicht mehr in Frage. Abendkleid? Zu aufgedonnert. Mini mit Top? Sehr komisch. Im Zweifel das kleine Schwarze, das paßte immer. Danke, Coco.
Jetzt die Schuhe. Die Stilettos? Die Stiefel? Vielleicht nochmal Espadrilles? Also die silbernen Pumps. Wo war die passende Tasche? Sie kramte eine Weile herum, trug dann ihre Beute ins Schlafzimmer und begutachtete sich schließlich im Spiegel. Schwarzes Haar zu schwarzem Kleid, bißchen eintönig. Das Diadem. Blödsinn. Vielleicht die schlichte, einreihige Perlenkette von der Oma. Gut. Jetzt noch die Cabochon Ohrringe. Die Patek. Ringe natürlich keine.
“Wen willst du eigentlich heute abend beeindrucken?”, fragte sie sich laut. “Sind doch nur dein Schwager in spé und dessen Eltern.” Und Marcus natürlich..., aber das dachte sie bei sich und sprach es nicht aus.
Das unverkennbare Rumpeln, das mit dem Öffnen des Haupttors seit Jahrzehnten einherging, drang von unten in ihr Zimmer. Christine trat ans Fenster und sah hinunter auf den Innenhof der Burg. Der schwarze Mercedes 600 des Fürsten von Schönberg-Wüstfeld rollte geräuschlos im Schrittempo über den Kies.
Der große Pullman war auf
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