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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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an seiner Stelle anders gehandelt hätte. Sehen Sie, Foster, wenn so ein junger Bursche sich einmal entschlossen hat, bringt es doch nichts ein, sein Mädchen zu beschimpfen. Damit stoßen Sie ihn nur von den Kopf und bringen sich selbst in eine Lage, in der Sie nichts Gutes mehr tun können. Als ich mit meiner Frau ging, glauben Sie ja nicht, daß ich mir da ein Wort gegen sie angehört hätte, nicht vom Polizeipräsidenten persönlich. Bestimmt nicht. Denken Sie sich doch nur mal an seine Stelle.«
    Sergeant Foster erklärte kurz und bündig, er könne sich nicht an die Stelle eines Menschen denken, der sich wegen eines Weiberrocks zum Narren mache – und noch weniger Verständnis habe er dafür, daß jemand anderer Leute Geld nehme, seine Pflichten versäume und seinen Vorgesetzten nicht einmal anständige Berichte liefern könne.
    »Aus diesem Bericht, den Sellon abgeliefert hat, war nicht schlau zu werden. Er hat ihn nur abgegeben, dann war er anscheinend nicht in der Lage, dem Wachhabenden Davidson Rechenschaft über sein Tun und Lassen zu geben, und jetzt ist er fort und nirgends zu finden.«
    »Wie bitte?«
    »Zu Hause war er nicht«, sagte Sergeant Foster, »und er hat sich weder hier gemeldet noch eine Nachricht hinterlassen. Mich würde es nicht wundern, wenn er abgehauen wäre.«
    »Er war um fünf Uhr hier und wollte mich sprechen«, sagte Kirk unglücklich. »Da hat er den Bericht aus Pagford gebracht.«
    »Den hat er auf der Wache geschrieben, wie ich höre«, antwortete Foster. »Und ein langes Stenogramm hat er dagelassen, das gerade getippt wird. Davidson sagt, es kommt ihm unvollständig vor. Ich glaube, es bricht an der Stelle ab –«
    »Was erwarten Sie denn?« versetzte Kirk. »Etwa daß er sein eigenes Geständnis aufnimmt? Denken Sie doch mal nüchtern nach … Mir macht etwas anderes Sorgen.
    Wenn er um fünf hier war, hätten wir ihn auf dem Heimweg zwischen hier und Paggleham irgendwo sehen müssen. Hoffentlich ist er nicht hingegangen und hat etwas Unüberlegtes getan. Das wäre eine schöne Geschichte, wie? Vielleicht ist er mit dem Bus gefahren – aber wenn, wo ist dann sein Fahrrad?«
    »Wenn er den Bus genommen hat, ist er jedenfalls nicht damit zu Hause angekommen«, sagte der Sergeant grimmig.
    »Seine Frau muß sich Sorgen machen. Wir sollten uns lieber einmal darum kümmern. Wir wollen doch nicht, daß etwas Schlimmes passiert. Also – wohin könnte er gefahren sein? Nehmen Sie Ihr Fahrrad – halt, nein, das bringt nichts ein – dauert zu lange, und Sie hatten so schon einen schweren Tag. Ich schicke Hart mit dem Motorrad; er soll sich mal umhören, ob jemand Sellon in der Gegend von Pillington gesehen hat – da ist ringsherum Wald – und der Fluß –«
    »Sie nehmen doch nicht wirklich an –?«
    »Ich weiß nicht, was ich annehmen soll. Jedenfalls fahre ich jetzt zu seiner Frau und rede mit ihr. Soll ich Sie ein Stück mitnehmen? Ihr Fahrrad kann morgen nachgeschickt werden. Sie können in Paggleham den Bus bekommen.«
    Sergeant Foster fand an diesem Vorschlag nichts auszusetzen, obschon seine Stimme beleidigt klang, als er ihn annahm. Wenn er es richtig sah, sollte es einen unerfreulichen Wirbel um Joe Sellon geben, und Kirk würde natürlich wieder alles daransetzen, Foster die Schuld an allem, was passierte, in die Schuhe zu schieben. Kirk war erleichtert, als sie kurz vor Paggleham den Bus überholten; somit konnte er seinen mürrischen Gefährten gleich absetzen und brauchte nicht vorzuschlagen, sie könnten Sellons Wohnung gemeinsam aufsuchen.
    Er traf Mrs. Sellon »vollkommen fix und fertig« an, wie Mrs. Ruddle es genannt hätte. Als sie die Tür öffnete, sah sie aus, als ob sie vor Angst auf der Stelle umfallen könnte, und allem Anschein nach hatte sie geweint. Sie war blond, hübsch und wirkte hilflos und zerbrechlich; Kirk empfand Mitgefühl und Ärger zugleich, als er sah, daß schon wieder ein Kind unterwegs war. Sie bat ihn in die Wohnung und entschuldigte sich für deren Zustand, der wirklich etwas unordentlich war. Der Zweijährige, dessen Ankunft in der Welt indirekt die Ursache für Joe Sellons Mißgeschick war, rannte lärmend herum und zog ein Holzpferd, dessen Räder quietschten, hinter sich her. Der Tisch war zum Tee gedeckt, der inzwischen längst überfällig war.
    »Ist Joe noch nicht zurück?« erkundigte Kirk sich durchaus freundlich.
    »Nein«, sagte Mrs. Sellon. »Ich weiß nicht, wo er bleibt. O Arthur, sei doch mal ruhig, bitte! –

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