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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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auf der Szene wären Aggie Twitterton und Frank Crutchley gewesen – wie es von Rechts wegen hätte sein müssen? Mit ihnen konnte selbst ein Dorfpolizist machen, was er wollte; er konnte die Dinge in die Hand nehmen, sie aus dem Haus schicken, alles arrangieren, wie er wollte – Kirks Verstand arbeitete langsam, aber wenn er sich an etwas festgebissen hatte, arbeitete er so gut, daß seinem Besitzer dabei angst und bange wurde.
    Er wollte Mrs. Sellon gerade irgend etwas Belangloses antworten, da hörte man draußen am Gartentor ein Motorrad vorfahren. Er schaute aus dem Fenster und sah, daß es Sergeant Hart mit Joe Sellon auf dem Sozius war – wie zwei Ordensritter auf einem Pferd.
    »Tja!« sagte Kirk mit einer Fröhlichkeit, von der er weit entfernt war. »Jedenfalls ist Joe wieder da, gesund und munter.«
    Aber Joe Sellons geschlagener, erschöpfter Gesichtsausdruck, als Hart ihn den Gartenweg heraufführte, gefiel ihm nicht. Und er freute sich nicht auf die Vernehmung.

12
Topfgucker
    Heda, Gesellen, sagt, was ficht euch an,
Daß ihr nicht Pflicht noch Höflichkeit erkennt?
Sind wir als Hausherr euch gerade recht;
Ist unser Haus zur Schenke euch geworden,
Daß ihr hier anklopft, grad wie es euch paßt?
Was drängt euch so, daß ihr nicht warten könnt?
Seid ihr die Herren dieses großen Reichs,
Und wißt kein besseres Betragen?
    JOHN FORD: ’TIS PITY SHE’S A WHORE
     
    Polizeidirektor Kirk blieb der größere Teil seiner Heimsuchung erspart; Sellon war nicht in dem Zustand, sich einem längeren Verhör zu unterziehen. Sergeant Hart hatte seine Spur in Pillington aufgenommen, wo er um halb sieben mit dem Fahrrad durchgefahren war. Dann hatte sich ein Mädchen gefunden, das einen Polizisten zu Fuß den Feldweg in Richtung Blackraven Wood hatte hinaufgehen sehen – in den Sommermonaten ein beliebtes Ziel für Spaziergänger und Kinder. Er war ihr vor allem deshalb aufgefallen, weil man einen Polizisten in Uniform dort so selten zu sehen bekam. Diesem Fingerzeig (wie er es nannte) folgend, hatte Hart am Beginn dieses Weges Sellons Fahrrad an eine Hecke gelehnt gefunden. Er hatte eilig die Verfolgung aufgenommen – mit ziemlich ungutem Gefühl bei dem Gedanken daran, daß der Wald bis zum Ufer des Pagg hinunterführte. Es begann um diese Zeit schon zu dunkeln, und zwischen den Bäumen war es richtig finster. Mit seiner Taschenlampe hatte er eine Zeitlang herumgesucht und aus Leibeskräften gerufen. Nach ungefähr einer dreiviertel Stunde (er räumte ein, daß es ihm sehr viel länger vorgekommen war) war er auf Sellon gestoßen, der auf einem umgestürzten Baum saß. Er tat gar nichts – saß nur da. Fast wie benommen. Hart fragte ihn, was er sich um Himmels willen dabei denke, bekam aber keine vernünftige Antwort aus ihm heraus. Er befahl ihm ziemlich scharf, sofort mitzukommen – der Direktor verlange nach ihm. Sellon widersprach nicht, sondern kam widerstandslos mit. Auf die Frage, was ihn dorthin geführt habe, sagte er, er habe sich »klar zu werden« versucht. Hart, der über den Fall Paggleham nicht genau Bescheid wußte, wurde nicht schlau aus ihm; er fand, daß er Sellon nicht zutrauen konnte, allein zurückzufahren, darum setzte er ihn auf seinen Sozius und brachte ihn geradewegs nach Hause. Kirk sagte, er habe nichts Besseres tun können.
    Diese Erklärung wurde im Wohnzimmer abgegeben. Mrs. Sellon hatte Joe in die Küche gebracht und versuchte, ihn zum Essen zu bringen. Kirk schickte Hart nach Broxford zurück und erklärte ihm, Sellon fühle sich nicht wohl und habe gewisse Schwierigkeiten, aber Hart solle den andern nicht zuviel davon sagen. Dann ging er zurück, um sich sein schwarzes Schaf vorzuknöpfen.
    Er kam bald zu dem Schluß, daß Sellons Hauptproblem (neben seinen Sorgen) reine Erschöpfung und Hunger war. (Er erinnerte sich jetzt, daß Sellon so gut wie nichts zu Mittag gegessen hatte, obwohl in Talboys großzügig Sandwiches und Käse angeboten worden waren.) Was Kirk aus Sellon herausbekam, war nur, daß er in der Hoffnung, Kirk bereits dort anzutreffen, nach Broxford gefahren war, nachdem er Williams vernommen und seinen Bericht geschrieben hatte. Nach allem, was passiert war, hatte er nicht nach Talboys zurückkehren wollen – er hatte es besser gefunden, dort lieber nicht mehr im Weg zu sein. Er hatte ungefähr eine halbe Stunde auf Kirk gewartet; aber die Kollegen hatten ihn dauernd nach dem Mord gefragt, und wie die Dinge lagen, hatte er das nicht ausgehalten. Darum war

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