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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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weiter einen kurzen, lehmigen Pfad hinauf, den beiderseits Blumenbeete säumten, liebevoll gepflegt und mit Chrysanthemen und Dahlien bestückt, während sich dahinter die dunklen Umrisse einiger schützender Sträucher erhoben.
    »Eine Fuhre Kies hätte hier auch nicht geschadet«, dachte Bunter bei sich, während er sich naserümpfend einen Weg durch den Lehm bahnte. Als er die Tür erreichte – massiv und unnachgiebig, umgeben von einer eichenen Veranda mit Bänken beiderseits – spielte Seine Lordschaft bereits eine muntere Fantasie auf der Autohupe. Keine Antwort; nichts rührte sich im Haus; keine Kerze verstreute ihr Licht; kein Fensterflügel wurde aufgerissen; keine schrille Stimme verlangte zu wissen, was sie hier zu suchen hätten; in der Ferne bellte nur wütend ein Hund.
    Mr. Bunter griff mit finsterer Selbstbeherrschung nach dem schweren Türklopfer und ließ sein Begehr laut durch die Nacht donnern. Der Hund bellte wieder. Mr. Bunter versuchte die Klinke, aber die Tür war verschlossen.
    »Ach du meine Güte!« sagte Harriet.
    Das war ihre Schuld, fand sie. Es war ja zunächst ihre Idee gewesen. Ihr Haus. Ihre Flitterwochen. Ihr – und das war der unkalkulierbare Faktor in der Rechnung – ihr Mann. (Ein bedrückendes Wort, bestehend aus einer einzigen gebieterischen Silbe!) Ihr Gebieter. Der Mann mit Rechten – einschließlich dem Recht, von seinem Besitz nicht zum Narren gehalten zu werden. Die Armaturenbeleuchtung war ausgeschaltet, und sie konnte sein Gesicht nicht sehen; aber sie fühlte, wie er den Körper drehte und sein Arm sich über die Sitzlehne schob, während er sich zu ihr herüberlehnte, um an ihr vorbei zu rufen:
    »Versuchen Sie’s mal hinten!« Sein selbstsicherer Ton erinnerte sie daran, daß er auf dem Lande aufgewachsen war und recht gut wußte, daß Bauernhäuser stets eher von hinten zugänglich waren. »Wenn Sie dort niemanden finden, gehen Sie mal dahin, wo der Hund bellt.«
    Er tutete wieder auf der Hupe herum; der Hund antwortete mit wütendem Gekläff, und die dunkle Gestalt, die Bunter war, schob sich um die Hausecke.
    »Das«, fuhr Peter befriedigt fort, indem er den Hut auf den Rücksitz warf, »wird ihn eine Weile beschäftigen.
    Jetzt werden wir einander die Aufmerksamkeit zukommen lassen, die in den letzten sechsunddreißig Stunden auf Trivialitäten verschwendet wurde … Da mihi basia mille, deinde centum. Ist dir eigentlich klar, Weib, daß ich es geschafft habe? … Daß ich dich bekommen habe? … Daß du mich jetzt nicht mehr loswerden kannst, außer durch Tod oder Scheidung? … Et tot millia millies Quot sunt sidera caelo … Vergiß Bunter. Es ist mir völlig egal, ob er den Hund kriegt oder der Hund ihn.«
    »Armer Bunter!«
    »Ach ja, armer Teufel! Keine Hochzeitsglocken für Bunter … Ganz schön ungerecht, wie? Alle Tritte für ihn, alle Küsse für mich … Weiter so, mein Alter! Klopf Duncan aus dem Schlaf. Aber in den nächsten Minuten hat’s noch keine Eile.«
    Das Gehämmer an Türen hatte wieder eingesetzt, und der Hund wurde langsam hysterisch.
    »Irgend jemand muß ja irgendwann mal kommen«, sagte Harriet, immer noch voller Schuldgefühle, die keine Umarmung besänftigen konnte, »denn wenn nicht –«
    »Wenn nicht … Letzte Nacht hast du in einem Daunenbett geschlafen und so weiter. Aber Daunenbett und frischvermählter Lord sind nur in Balladen untrennbar. Würdest du lieber die Daunen heiraten und mit der Gans zu Bett gehen – ich meine mit dem Ganter? Oder würdest du mit dem Lord auch unter freiem Himmel vorlieb nehmen?«
    »Der Lord wäre nicht unter freiem Himmel gestrandet, wenn ich mich nicht so unvernünftig gegen St. George am Hanover Square gesträubt hätte.«
    »Nein … und wenn ich Helens zehn Villen an der Riviera nicht verschmäht hätte! Hurra! Jemand hat den Hund erwürgt – das ist ein Schritt in die richtige Richtung … Kopf hoch! Die Nacht ist noch jung, und vielleicht finden wir sogar ein Daunenbett im Dorfgasthaus – oder wenn alle Stricke reißen, schlafen wir in einem Heuschober. Ich glaube, wenn ich dir nichts als einen Heuschober hätte bieten können, hättest du mich schon vor Jahren geheiratet.«
    »Es würde mich nicht wundern.«
    »Hölle und Schwefel! Was mir alles entgangen ist!«
    »Mir auch. Ich könnte jetzt mit fünf Kindern und einem blauen Auge hinter dir hertrotten und zu einem mitfühlenden Schutzmann sagen: ›Lassen Sie ihn gefälligst in Ruhe – er ist mein Mann, verstanden? Er darf

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