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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Fluß.«
    »Und das ist der Jordan.«
    »Wenn ich dich jetzt küsse, verliere ich den Kopf, und es passiert etwas nicht wieder Gutzumachendes mit diesem vermaledeiten Hut. Benehmen wir uns also wie wohlerzogene Fremde – als ob wir gar nicht verheiratet wären.«
    Noch ein Fluß.
     
    »Sind wir nicht schon irgendwo in der Nähe?«
    »Doch – das ist Great Pagford, wo wir früher gewohnt haben. Sieh mal! Das ist unser altes Haus, das mit den drei Stufen zur Eingangstür. Es wohnt noch immer ein Arzt darin, wie du an der Lampe siehst … Nach zwei Meilen biegt man rechts ab nach Pagford Parva, und dann sind es noch drei Meilen bis Paggleham. Dort geht es bei der großen Scheune scharf nach links und geradeaus weiter den Weg hinauf.«
     
    Als sie noch ein Kind war, hatte Dr. Vane einen Einspänner besessen, genau wie die Ärzte in diesen altmodischen Büchern. Sie war so viele Male mit ihm diese Straße entlanggefahren, und manchmal hatte sie die Zügel halten und so tun dürfen, als ob sie das Pferd lenkte. Später war es dann ein Auto gewesen – ein kleines, das sehr laut war, ganz anders als dieses geschmeidige, langgestreckte Monstrum. Der Arzt hatte seine Runden immer frühzeitig beginnen müssen, um für eventuelle Pannen gerüstet zu sein. Der zweite Wagen war zuverlässiger gewesen – ein Vorkriegs-Ford. Den hatte sie zu fahren gelernt. Wenn ihr Vater noch lebte, würde er jetzt auf die Siebzig zugehen – und sein wunderlicher neuer Schwiegersohn würde »Sir« zu ihm sagen. Eigenartig, nun so nach Hause und doch nicht nach Hause zu kommen. Dies war Paggleham, wo die alte Frau gewohnt hatte, die mit der schlimmen Gicht in den Händen – die alte Mrs. – Mrs. – Mrs. Warner, ja, so hieß sie – und sie mußte nun schon lange tot sein.
     
    »Da ist die Scheune, Peter.«
    »Richtig. Ist das da vorn das Haus?«
    Das Haus, wo die Batesons gewohnt hatten – ein liebenswertes altes Paar, gebrechlich und freundlich. Philemon und Baucis, die sich immer freuten, wenn die kleine Miss Vane sie besuchen kam, und ihr Erdbeeren und Gewürzkuchen anboten. Ja – das Haus – eine Gruppe schwarzer Giebel mit zwei aufgesetzten Schornsteinkästen vor dem Sternenhimmel. Man öffnete die Tür und ging geradewegs hinein, kam durch den sandgescheuerten Vorraum in die große Küche mit den Holzbänken und dem prächtigen Eichengebälk, an dem die selbstgeräucherten Schinken hingen. Aber Philemon und Baucis waren inzwischen tot, und Noakes (sie erinnerte sich nur undeutlich an ihn – ein verkniffener, habgieriger Mensch, der Fahrräder verlieh) würde sie statt ihrer erwarten. Aber – aus keinem der Fenster von Talboys schien Licht.
    »Wir kommen ein bißchen spät«, sagte Harriet nervös.
    »Vielleicht hat er uns schon aufgegeben.«
    »Dann werden wir uns ihm energisch zurückgeben«, meinte Peter gutgelaunt. »Leute wie dich und mich wird man so schnell nicht los. Ich habe ihm gesagt, jederzeit nach acht Uhr. Das sieht nach einem Gatter aus.«
    Bunter stieg aus und näherte sich in beredtem Schweigen dem Gatter. Er hatte es doch gewußt; er hatte es in den Knochen gespürt; alle Vorbereitungen waren schiefgelaufen. Er hätte um jeden Preis, und wenn er die Reporter eigenhändig hätte erwürgen müssen, vorauskommen und nach dem Rechten sehen sollen. Im grellen Scheinwerferlicht war jetzt deutlich ein weißer Zettel am oberen Querbalken des Gatters zu sehen; er beäugte ihn mißtrauisch, zog mit behutsamen Fingern die Reißzwecke, mit der er am Holz befestigt war, heraus und brachte ihn, immer noch wortlos, seinem Herrn.
    » Biß auf weiters Keine Milch und Kein Brot « , stand darauf.
    »Hm!« machte Peter. »Der bisherige Bewohner hat sich demnach schon verabschiedet. Der Zettel sieht aus, als ob er schon ein paar Tage dort gehangen hätte.«
    »Er muß aber da sein, um uns einzulassen«, sagte Harriet.
    »Wahrscheinlich hat er jemand andern beauftragt. Das hier hat er nicht selbst geschrieben – in seinem Brief an uns kommen solche Schreibfehler nicht vor. Dieser ›Jemand‹ erscheint mir jedenfalls ein bißchen gedankenlos, sonst hätte er sich denken können, daß wir vielleicht Brot und Milch brauchen würden. Aber das läßt sich ja leicht beheben.«
    Er drehte den Zettel um und schrieb mit Bleistift auf die Rückseite: » Brot und Milch, bitte « , und reichte ihn Bunter zurück, der ihn wieder an den Balken heftete und mit finsterer Miene das Gatter öffnete. Der Wagen fuhr langsam an ihm vorbei und

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