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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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»Wissen Sie, ob es noch einen Schlüssel gibt?«
    Crutchley schüttelte den Kopf.
    »Mr. Noakes verteilte seine Schlüssel nicht dutzendweise. Hätte ja jemand ins Haus kommen können, nicht wahr, und was klauen.«
    »So, so. Nun zurück zum Thema. Sie haben also das Haus vorigen Mittwochabend verlassen – um welche Zeit?«
    »Weiß ich nicht mehr«, sagte Crutchley nachdenklich.
    »Zwanzig nach sechs oder kurz vorher, schätze ich. Jedenfalls war es zehn nach, als ich die Uhr aufgezogen habe. Und die geht ziemlich genau.«
    »Jetzt geht sie jedenfalls richtig«, sagte Kirk nach einem Blick auf seine Taschenuhr. Harriets Armbanduhr bestätigte dies, Joe Sellons Uhr auch. Peter sagte nach einem abwesenden Blick auf die seine: »Meine ist stehengeblieben«, und das kam in einem Ton heraus, als hätte man Newtons Apfel von unten nach oben fallen sehen oder einen Ansager der BBC ein schlüpfriges Wort gebrauchen hören.
    »Vielleicht«, bot Harriet eine naheliegende Erklärung an, »hast du vergessen, sie aufzuziehen.«
    »Das vergesse ich nie«, versetzte ihr Gatte entrüstet.
    »Aber du hast ganz recht; ich hab’s vergessen. Ich muß gestern abend mit den Gedanken woanders gewesen sein.«
    »Sehr verständlich bei all der Aufregung«, sagte Kirk.
    »Erinnern Sie sich, ob die Uhr da drüben ging, als Sie ankamen?«
    Die Frage brachte Peter von seiner eigenen Vergeßlichkeit ab. Er steckte die Uhr unaufgezogen wieder in die Tasche und starrte die Wanduhr an.
    »Ja«, sagte er endlich, »Sie ging. Ich habe sie ticken hören, als wir hier saßen. Es war das Gemütlichste am ganzen Haus.«
    »Und sie ging auch richtig«, sagte Harriet. »Du hast nämlich einmal gesagt, es sei Mitternacht vorbei, und da habe ich hingesehen und festgestellt, daß sie dieselbe Zeit anzeigte wie meine Armbanduhr.«
    Peter sagte nichts, sondern pfiff kaum hörbar ein paar Takte Musik. Harriet ließ sich nicht erschüttern; vierundzwanzig Stunden Ehe hatten sie gelehrt, daß man sich durch listige Anspielungen auf Grönlands Küsten oder Ähnliches nicht ablenken lassen durfte, sonst lebte man in einem Zustand unablässiger Verwirrung.
    Crutchley sagte:
    »Natürlich ging sie. Es ist ja eine Achttageuhr, wie ich schon sagte. Und als ich sie heute morgen aufzog, stimmte sie auch noch. Was soll das überhaupt?«
    »Nun ja«, meinte Kirk. »Wir werden also davon ausgehen, daß Sie nach dieser Uhr etwas später als zehn nach sechs hier weggegangen sind, das ist genau genug. Was haben Sie dann getan?«
    »Danach bin ich gleich in die Chorprobe gegangen. Hören Sie mal –«
    »Chorprobe, so? Müßte leicht genug nachzuprüfen sein. Um wieviel Uhr beginnt die Probe?«
    »Halb sieben. Ich war zeitig da, fragen Sie, wen Sie wollen.«
    »Schon recht«, beschwichtigte Kirk ihn. »Das sind ja alles nur Routinefragen – um die Zeiten genau festzustellen und so. Sie haben also das Haus nicht früher als zehn nach sechs und nicht später als – na, sagen wir fünf vor halb sieben – verlassen, um pünktlich um halb sieben in der Kirche zu sein. Gut. Und noch eine Routinefrage: Was haben Sie nach der Probe getan?«
    »Da hat der Herr Pfarrer mich gebeten, ihn in seinem Wagen nach Pagford zu fahren. Er fährt nicht gern selbst, wenn es dunkel ist. Der Jüngste ist er ja auch nicht mehr. Dann habe ich drüben im Schweinehirten zu Abend gegessen und danach beim Pfeilwerfen zugesehen. Das kann Tom Puffett Ihnen sagen, der war nämlich auch da. Der Herr Pfarrer hat ihn mitgenommen.«
    »Ist Puffett ein guter Pfeilwerfer?« erkundigte Peter sich freundlich.
    »War mal Meister. Und hat noch immer eine sichere Hand.«
    »Aha! Das muß die Kraft sein, die er dahintersetzt. Schwarz stand er wie die Nacht, wild wie zehn Furien, schrecklich wie die Hölle, und schleuderte furchtbare Pfeile.«
    »Haha!« rief Kirk, einerseits überrumpelt, andererseits ungemein belustigt. »Das ist gut! Haben Sie das gehört, Joe? Schwarz war er allerdings, wie ich ihn zuletzt gesehen habe, halb im Küchenkamin. Und schleuderte furchtbare Pfeile – das muß ich ihm mal sagen. Das Dumme ist nur, er hat wahrscheinlich noch nie von Milton gehört. Schrecklich wie – o Gott, der arme Tom Puffett!«
    Der Polizeidirektor ließ sich den Witz noch einmal genüßlich auf der Zunge zergehen, bevor er sich wieder der Vernehmung erinnerte.
    »Wir werden gleich mit Tom Puffett sprechen. Haben Sie Mr. Goodacre auch wieder nach Hause gebracht?«
    »Ja«, sagte Crutchley ungehalten; er

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