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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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hatte doch einen Schlüssel.«
    »Ah!« sagte Kirk. Er drehte sich schwerfällig auf seinem Sessel um und sah Peter ins Gesicht.
    »Wonach haben Sie an diesem Schlüssel gesucht, Mylord?«
    »Nach Wachsspuren in den Rillen.«
    »Oh!« machte Kirk.
    »Wenn ein Nachschlüssel angefertigt wurde«, fuhr Peter fort, »muß das innerhalb der letzten zwei Jahre gewesen sein. Schwierig zu rekonstruieren, aber nicht unmöglich. Besonders wenn einer Freunde in London hat.«
    Kirk kratzte sich am Kopf.
    »Das wäre eine schöne Arbeit«, meinte er. »Aber passen Sie mal auf. Ich sehe die Sache so. Wenn Crutchley es getan hat, wieso hat er dann das viele Geld übersehen? Das will mir nicht aus dem Kopf. So etwas widerspricht doch aller Logik.«
    »Da haben Sie vollkommen recht. Das ist überhaupt das Rätselhafteste an dem ganzen Fall, egal wer der Mörder war. Es sieht fast so aus, als ob der Mord gar nicht des Geldes wegen begangen wurde. Aber ein anderes Motiv läßt sich auch nicht so leicht finden.«
    »Das ist das Komische daran«, sagte Kirk.
    »Übrigens, wenn Mr. Noakes irgendwelches Vermögen zu hinterlassen gehabt hätte, wem wäre das zugefallen?«
    »Ah!« Des Polizeidirektors Miene hellte sich auf. »Da haben wir was gefunden. Hier das Testament lag in dem alten Schreibtisch in der Küche.« Er zog das Blatt Papier aus der Tasche und faltete es auseinander. »›Nach Begleichung meiner für Rechtens erkannten Schulden -‹«
    »So ein alter Zyniker! Eine schöne Erbschaft ist mir das.«
    »›- alles, was ich zum Zeitpunkt meines Todes besitze, an meine Nichte und einzige lebende Anverwandte, Miss Agnes Twitterton.‹ Da sind Sie überrascht, wie?«
    »Keineswegs. Warum?« Aber Kirk hatte, so begriffsstutzig er wirkte, Peters kurzes Stirnrunzeln gesehen und versuchte seinen Vorteil jetzt zu nutzen.
    »Als dieser geldgierige MacBride anfing auszupacken, was hat Miss Twitterton da gesagt?«
    »Äh – na ja!« sagte Peter. »Es hat sie aus der Fassung gebracht – das kann man ja verstehen.«
    »Klar. Schien ein ziemlicher Schlag für sie gewesen zu sein, nicht?«
    »Wie nicht anders zu erwarten. Wer hat das Testament übrigens bezeugt?«
    »Simon Goodacre und John Jellyfield. Das ist der Arzt aus Pagford. Alles in bester Ordnung. Was hat Miss Twitterton nun gesagt, als Ihr Diener die Leiche entdeckte?«
    »Nun, sie hat herumgeschrien und so weiter, und dann ist sie hysterisch geworden.«
    »Hat sie etwas Bestimmtes gesagt, außer herumzuschreien?«
    Peter fühlte ein eigenartiges Widerstreben. Theoretisch war er natürlich ebenso bereit, eine Frau an den Galgen zu bringen wie einen Mann, aber die Erinnerung daran, wie Miss Twitterton sich in wilder Verzweiflung an Harriet geklammert hatte, plagte ihn. Er war geneigt, sich Kirks Meinung anzuschließen, daß die Ehe hinderlich für einen jungen Beamten war.
    »Sehen Sie mal, Mylord«, sagte Kirk mit mildem, aber unnachgiebigem Blick aus seinen Ochsenaugen, »ich habe doch von den andern schon dies und jenes gehört.«
    »Dann fragen Sie doch die andern«, versetzte Peter.
    »Das werde ich gleich tun. Joe, bitten Sie Mr. MacBride für eine Minute hier herein. Also, Mylord, Sie sind ein Gentleman und haben natürlich Ihre Gefühle. Das weiß ich, und es macht Ihnen Ehre. Aber ich bin Polizist und kann es mir nicht erlauben, mich Gefühlen hinzugeben. Das ist das Privileg der oberen Klassen.«
    »Zum Teufel mit den oberen Klassen!« rief Peter. Der Hieb saß um so mehr, als er wußte, daß er ihn verdiente.
    »MacBride hingegen«, fuhr Mr. Kirk unbekümmert fort, »bei ihm kann man von Klasse nicht reden. Wenn ich Sie jetzt fragte, würden Sie wahrheitsgemäß antworten, aber es würde Ihnen weh tun. Aber ich kann es ja ebensogut aus MacBride herausholen, und ihm tut es kein bißchen weh.«
    »Verstehe«, sagte Peter, »schmerzlose Extraktionen unsere Spezialität.«
    Er ging ans Feuer und trat verdrießlich mit dem Fuß gegen die Holzscheite.
    Mr. MacBride war die Bereitwilligkeit selbst, als er ins Zimmer trat; seine Miene verriet, daß er das Ganze nur so schnell wie möglich hinter sich haben wollte, damit er nach London zurückfahren konnte. Er hatte der Polizei bereits die finanzielle Situation eingehend erklärt und zerrte nun wie ein Hund an der amtlichen Leine.
    »Ah, Mr. MacBride. Wir haben noch eine Frage an Sie. Haben Sie zufällig mitbekommen, welche Wirkung die Entdeckung der Leiche gewissermaßen auf Angehörige und Freunde hatte?«
    »Nun ja«, sagte

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