Hochzeit kommt vor dem Fall
sie plötzlich die weit offene Kellertür, gähnend zwischen Hintertür und Spülküche.
»Und dann ist er die Kellertreppe hinuntergefallen und da unten gestorben. Diese Tür stand nämlich offen, als wir ankamen. Ich erinnere mich noch, wie Mrs. Ruddle ihrem Bert zugerufen hat, er soll sie schließen.«
»Pech, daß Sie bei der Gelegenheit nicht einen kurzen Blick nach unten geworfen haben«, knurrte der Polizeidirektor. »Das hätte ihm zwar auch nichts mehr genützt – er war schon lange genug tot – aber wenn Sie Bescheid gewußt hätten, dann hätten Sie das Haus sozusagen im Status quo erhalten können.«
» Gekonnt hätten wir das schon«, antwortete Peter betont, »aber ich sage Ihnen ganz offen, daß wir dazu nicht in der Stimmung waren.«
»Nein«, stimmte Mr. Kirk ihm nachdenklich zu, »das glaube ich Ihnen gern. Nein. Alles in allem wäre Ihnen das sehr ungelegen gewesen, das sehe ich ein. Trotzdem ist es Pech. Denn sehen Sie, jetzt haben wir sehr wenig, woran wir uns halten können, das muß ich sagen. Der arme Teufel kann überall umgebracht worden sein – oben, unten, wo auch immer, selbst in meiner Herrin Zimmer –«
»Nein, nein, Mutter Gans«, rief Peter hastig. »Nicht dort, nicht dort, mein Kind! Felicia Hemans. Gehen wir weiter. Wie lange hat er nach dem Schlag noch gelebt?«
»Der Doktor sagt, eine halbe bis eine Stunde«, warf der Konstabler ein, »gemessen an der – äh – Hämo – und noch was.«
»Hämorrhagie?« fragte Kirk, indem er sich des Briefs bemächtigte. »Ja, das heißt es wohl. ›Hämorrhagische Effusion in die Cortex.‹ Ist das ein Ausdruck!«
»Bluterguß in die Hirnrinde«, sagte Peter. »Du lieber Himmel. Da hatte er ja noch eine Menge Zeit. Demnach könnte er sogar außerhalb des Hauses niedergeschlagen worden sein.«
»Aber wann soll das denn alles passiert sein?« fragte Harriet. Sie erkannte Peters Bemühungen an, das Haus von jeder Beteiligung an dem Verbrechen reinzuwaschen, und war wütend auf sich selbst, weil sie ihre Empfindlichkeit in dieser Frage verraten hatte. Das beeinflußte ihn. Folglich schlug sie jetzt einen entschieden lässigen und nüchternen Ton an.
»Das müssen wir eben herausbekommen«, sagte der Polizeidirektor. »Irgendwann am vorigen Mittwochabend, wenn man die Feststellungen des Arztes und die übrigen Indizien zusammennimmt. Nach Einbruch der Dunkelheit, wenn man sich auf die Kerzen verlassen will. Und das heißt – hm! Wir sollten wohl lieber noch mal diesen Crutchley hereinrufen. Wie es scheint, könnte er der letzte gewesen sein, der Mr. Noakes lebend gesehen hat.«
»Auftritt des ersten Hauptverdächtigen«, bemerkte Peter obenhin.
»Der erste Hauptverdächtige ist immer unschuldig«, sagte Harriet im selben Ton.
»In Büchern, Mylady«, belehrte Mr. Kirk sie mit einer nachsichtigen kleinen Verneigung, die soviel sagen sollte wie: »Diese Damen! Gott behüte sie!«
»Na, na«, sagte Peter, »wir dürfen unsere professionellen Vorurteile hier nicht ins Spiel bringen. Wie steht’s denn nun, Herr Polizeidirektor? Sollen wir hier das Feld räumen?«
»Das können Sie ganz nach Ihrem Belieben halten, Mylord. Ich wäre durchaus froh, wenn Sie noch hierblieben; Sie könnten mir ein bißchen helfen, wo Sie doch sozusagen vom Fach sind. Natürlich, für Sie wäre das ein Reiseleiterurlaub«, fügte er skeptisch hinzu.
»Daran hatte ich auch gerade gedacht«, sagte Harriet.
»Ein Reiseleiterurlaub. Erschlagen, daß er –«
»Lord Byron!« rief Mr. Kirk ein bißchen zu prompt.
»Erschlagen, daß er einen Reise – … Nein, das stimmt irgendwie nicht.«
»Versuchen Sie’s mal mit ›Römer‹«, sagte Peter. »Also gut, wir werden unser Bestes tun. Rauchen im Gerichtssaal gestattet, nehme ich an? Zum Kuckuck, wo habe ich die Streichhölzer hingetan?«
»Hier, bitte, Mylord«, sagte Sellon. Er nahm eine Schachtel Streichhölzer aus der Tasche und riß eines an. Peter sah ihn neugierig an und bemerkte:
»Nanu! Sie sind ja Linkshänder.«
»Bei manchen Sachen ja, Mylord. Aber nicht beim Schreiben.«
»Nur beim Streichholzanzünden – und beim Umgang mit Edinburgher Granit?«
»Linkshänder?« fragte Kirk. »Das stimmt ja, Joe. Aber Sie sind hoffentlich nicht der große linkshändige Mörder, den wir suchen!«
»Nein, Sir«, antwortete der Konstabler knapp.
»Das wär’ ein Ding, wie?« rief sein Vorgesetzter unter herzhaftem Lachen. »Da würden wir vielleicht was zu hören kriegen! So, aber jetzt holen
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