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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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diesen raffinierten Versuch, von seinem eigenen natürlichen Verdacht abzulenken, kaum zur Kenntnis. Was ihn schmerzte, war die Pflichtvergessenheit eines seiner Beamten. Diebstahl und Unterdrückung von Beweismitteln –! Über diese bittere Enttäuschung kam er nicht hinweg; sie erzürnte ihn um so mehr, weil gerade so etwas nun einmal nicht passieren durfte.
    »Warum konnte dieser junge Tölpel nicht zu seinem Sergeanten gehen, wenn er in Schwierigkeiten war – oder zu mir? Es ist zum Heulen. Ich begreife das nicht. Ich hätte es nie geglaubt.«
    »Es gibt mehr Ding im Himmel und auf Erden«, sagte Peter in einem Ton melancholischer Belustigung.
    »Das ist wahr, Mylord. In Hamlet steckt einiges an Wahrheit.«
    »Hamlet!« Peters bellendes Lachen setzte den Polizeidirektor in Erstaunen. »Ein kleines Dörfchen nennt man bei uns ›hamlet‹. Rühren Sie mal den Schlick in einem Dorfteich auf, und Sie werden staunen, wie das stinkt.«
    Er ging ruhelos im Zimmer auf und ab. Das Licht, das soeben auf Mr. Noakes’ Umtriebe geworfen worden war, hatte seine eigenen finsteren Vermutungen bestätigt, und wenn es eine Sorte Verbrecher gab, die er freudig mit bloßen Händen hätte erwürgen können, dann war es die der Erpresser. Fünf Shilling pro Woche, zwei Jahre lang! An diesem Teil der Geschichte konnte er kaum zweifeln; niemand würde sich selbst derart belasten, wenn es nicht die Wahrheit war. Dennoch – Er blieb unvermittelt neben Kirk stehen.
    »Hören Sie mal«, sagte er, »Sie haben über diesen Diebstahl keine offizielle Meldung erhalten, nicht? Und das Geld ist zurückgezahlt worden – mehr als doppelt.«
    Kirk sah ihn mit festem Blick an. »Sie können sich gut ein weiches Herz erlauben, Mylord. Sie tragen keine Verantwortung.«
    Diesmal waren die Glacéhandschuhe abgestreift, und Peter nahm den Schlag voll aufs Kinn.
    »Mann!« fuhr Kirk nachdenklich fort. »Dieser Noakes war ja ein regelrechter Halunke.«
    »Es ist eine widerwärtige Geschichte. So etwas kann einen Menschen schon –«
    Aber das stimmte ja gar nicht. Ein Mord war durch nichts zu rechtfertigen. »Verdammt!« sagte Peter in ohnmächtiger Wut.
    »Was gibt’s?«
    »Herr Polizeidirektor, es tut mir so leid um den armen Teufel, aber – hol’s der Kuckuck – ich glaube, ich muß es sagen –«
    »Na?«
    Kirk wußte, daß etwas kam, und wappnete sich dafür. Wenn man Leute wie Peter an die Wand drückte, sagten sie die Wahrheit. Das hatte er selbst vorhin gesagt, und nun rächten seine Worte sich an ihm; er mußte die Strafe auf sich nehmen.
    »Diese Geschichte, die er uns erzählt hat – die klang ja so, als ob sie stimmte … aber sie stimmte nicht ganz. Etwas darin war gelogen.«
    »Gelogen?«
    »Ja … Er hat gesagt, er sei nicht im Haus gewesen … Er sagt, er habe die Uhr von diesem Fenster aus gesehen …«
    »Und?«
    »Genau das habe ich vorhin versucht, als ich draußen im Garten war. Ich wollte meine Uhr stellen. Nun ja … es geht nicht, das ist alles …. Dieser gräßliche Kaktus ist im Weg.«
    »Was!«
    Kirk sprang auf.
    »Ich sagte, dieses Teufelsding von einem Kaktus ist im Weg. Er verdeckt das Zifferblatt der Uhr. Man kann vom Fenster aus nicht sehen, wieviel Uhr es ist.«
    »Nein?«
    Kirk war mit einem Satz beim Fenster, aber er wußte nur zu gut, was er von dort aus sehen würde.
    »Sie können es ja versuchen«, sagte Peter. »Aus jeder Lage. Es ist schlicht und einfach unmöglich. Sie können von diesem Fenster aus die Uhr nicht sehen.«

10
Im Dorfkrug
    » Was hätte ich tun sollen? « rief ich ziemlich hitzig.
    » Ins nächste Wirtshaus gehen. Da ist der Dorfklatsch
zu Hause. «
    ARTHUR CONAN DOYLE: DER EINSAME RADFAHRER
     
    Bis zum Nachmittagstee war die Polizei endlich aus dem Haus. Nachdem der unglückliche Mr. Kirk sich vergewissert hatte, daß man sich drehen und wenden, bücken und auf die Zehen stellen und vom Fenster aus dennoch die Uhr nicht sehen konnte, war er auf eine längere Fortsetzung seiner Ermittlungen nur wenig erpicht. Einmal äußerte er halbherzig die Vermutung, Noakes könne den Kaktus vielleicht nach 18.20 Uhr vorübergehend aus dem Topf genommen und vor 21.30 Uhr wieder hineingetan haben; eine plausible Begründung für so ein sinnloses Tun konnte er allerdings selbst nicht geben. Natürlich hatten sie bisher allenfalls Crutchleys Wort dafür, daß die Pflanze um 18.20 Uhr an ihrem Platz gewesen war; Crutchley hatte davon gesprochen, daß er sie gegossen habe – vielleicht hatte er sie

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