Hochzeit mit einem Playboy
sie nun auf die Bühne marschierte, um
erneut zu versuchen, ihre Studenten in die hohe Kunst des
Theaterspielens einzuweisen.
Fasziniert
von der Szene, die sich vor ihm ausbreitete, beugte Alex Kent sich
auf seinem Sitz vor. Er erkannte die Bibliothekarin, die seine
angebliche Ehefrau werden sollte, an ihrer unauffälligen
Kleidung und der praktischen Frisur, die sie anscheinend
favorisierte. Doch er war erstaunt über die Leidenschaft, mit
der sie ihre noch recht unvollkommenen Darsteller anwies. Der
Kontrast war überraschend.
"Ihr
müsst eure persönlichen Gefühle beiseite schieben und
euch stattdessen ganz in eure Charaktere hineinversetzen",
erklärte Stephanie den Schülern, während sie aus der
Dunkelheit ins Rampenlicht trat. "Muss ich euch daran erinnern,
dass ihr, wenn ihr auf der Bühne seid, einen Schritt in die
Vergangenheit macht und in die Fußstapfen eurer Charaktere
tretet? Ihr schlüpft sozusagen in die Haut derjenigen, die alles
für ihre Liebe riskieren. Ich bitte euch, den Mut aufzubringen,
für wenige Stunden euch selbst zu vergessen und den Mantel eines
wahren Schauspielers überzustülpen."
Stephanie
griff nach einem Stück Tüll, das um eine der Säulen
von Julias Balkon drapiert war und schlang es sich locker um die
Schultern, bevor sie eine theatralische Pose einnahm. Das kräftige
Violett ihres improvisierten Schals hob sich deutlich von ihrem
beigefarbenen Rock und dem Pullover ab. Deren langweilige Farben
trugen nicht gerade dazu bei, ihren hellen Teint zu akzentuieren.
Doch sogar aus einer der hinteren Theaterreihen konnte Alex sehen,
wie ihre Augen voller Intensität funkelten.
"Denkt
an Shakespeares Worte: 'Die ganze Welt ist eine Bühne, und alle,
Männer und Frauen, sind lediglich Schauspieler. Sie haben ihre
Auftritte und Abgänge, und in seiner Zeit spielt ein Mann viele
Rollen …'"
Alex
war überrascht von der Qualität und Ernsthaftigkeit ihres
Vortrags. Hätte sein eigener Highschool-Lehrer mit solcher
Leidenschaft unterrichtet, wäre es durchaus denkbar, dass sogar
er, Alex, jetzt ehrliche Anerkennung für den großen
Meister empfinden könnte. Doch da dem nicht so gewesen war,
erblasste er noch immer bei dem Gedanken, eine
Shakespeare-Inszenierung ansehen oder gar in einer mitspielen zu
müssen.
Stephanie,
die sich nicht bewusst war, dass ihre Persönlichkeit gründlich
geprüft wurde, fuhr voller Gefühl fort: "Wenn ihr euch
traut, ganz aus euch herauszugehen, um diese unsterblichen Worte aus
tiefstem Herzen zu sprechen, wenn ihr – bildlich gesprochen –
einen Dolch in eure Brust rammt und für uns hier auf dieser
Bühne sterbt …"
Stephanie
hielt inne, um auf das hölzerne Parkett zu zeigen, als wäre
es tatsächlich heiliger Boden. "Wenn euch das gelingt, dann
könnt ihr Romeos und Julias tragisches Opfer so darstellen, dass
ihr mit euren Worten die Herzen der Zuschauer erreicht und deren
Weltanschauung für immer verändert."
Alex
war versucht zu applaudieren. Verblüfft stellte er fest, dass in
dieser unscheinbaren Bibliothekarin das Herz einer hoffnungslosen
Romantikerin schlug. Eine Romantikerin, die fähig war, eine
Horde Jugendlicher zu inspirieren, ganz zu schweigen von einem selbst
ernannten Playboy, der schon vor langer Zeit den Glauben an die wahre
Liebe verloren hatte. Alex konnte sich nicht erinnern, wann er das
letzte Mal Interesse an einer ernsthaften Beziehung gehabt hatte.
Ohne zu wissen, dass er Teil des Publikums war, hatte es diese
schlichte Bibliothekarin, die sich als Theaterregisseurin betätigte,
geschafft, dass er sich wünschte, nicht ganz so abgestumpft zu
sein.
Vielleicht
hatte er sich in Stephanie Firth getäuscht. Einer Frau, der es
gelang, dass er sich nach einem romantischen Happyend sehnte, konnte
es vielleicht auch gelingen, ein paar bösartige Kriminelle davon
zu überzeugen, dass sie gewillt war, jeden Preis zu zahlen, um
ihren Traum von einem Baby zu verwirklichen.
Alex
spürte, dass jemand an seinem Ärmel zupfte.
"Habe
ich dir nicht gesagt, dass sie wundervoll ist?" flüsterte
Carrie Whelan. Ihre braunen Augen funkelten begeistert.
"Mich
brauchst du nicht zu überzeugen", meinte Alex zu der selbst
ernannten Abgesandten, die ihn dabei unterstützen wollte,
Stephanie zu überreden, an der Mission teilzunehmen. "Wir
sind hier, um festzustellen, ob deine Freundin gewillt ist, ihr
schauspielerisches Talent im wahren Leben unter Beweis zu stellen."
"Auf
gar keinen Fall!" sagte Stephanie und schüttelte vehement
den
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