Hochzeit mit Hindernissen
in ihr ausgelöst hatte, hatte sie beinahe mit dem Leben bezahlt. Nun fühlte sie ganz ähnlich, und wieder war sie an einem Punkt angelangt, an dem sich ihr Leben entscheiden konnte.
“Willst du dich deinem Schicksal immer noch widersetzen, Heather?”
Er schien ihre Antwort kaum erwarten zu können, doch Heather wusste keine Worte, die ihren Gefühlen angemessen gewesen wären. Also legte sie alles, was sie empfand, in den Blick, mit dem sie ihn ansah.
Augenblicklich umarmte er sie und zog sie an sich. “Ich warne dich”, sagte er gequält, “wenn du mich weiter auf die Folter spannst, kann ich für nichts garantieren.”
“Soll das eine Drohung sein?”, fragte sie herausfordernd.
Ehe sie sich’s versah, legte Renato ihr einen Arm um die Taille und den anderen um den Nacken, sodass sie unmöglich fliehen konnte. Dann beugte er sich hinunter und küsste sie mit einer Leidenschaft, die jeden Gedanken daran, sich ihm zu entziehen, zerstreute.
Stattdessen schien sie die Gegenwart der Ceres gänzlich in Bann geschlagen zu haben. Der Tempel der Fruchtbarkeitsgöttin war der denkbar ungeeignetste Ort, um darüber nachzudenken, was ihr bevorstand, wenn sie diesen geheimnisvollen und faszinierenden Mann gewähren ließ.
Umso überraschender traf es sie, dass Renato unvermittelt den Kopf hob. “Ich will endlich Gewissheit”, sagte er fordernd. “Hast du mit Lorenzo geschlafen oder nicht?”
“Ich wüsste nicht, was dich das angeht”, erwiderte sie bestimmt. “Und wenn, dann hättest du es dir selbst zuzuschreiben. Schließlich hast du uns ja förmlich dazu gedrängt.”
Die Wirkung ihrer Antwort war verheerend. Renato war aschfahl, und sein Atem ging so heftig, als hätte er einen Marathonlauf hinter sich. “Lass uns nach Hause reiten”, sagte er schließlich. “Der Himmel zieht sich schon wieder zu.”
Zurück in der Villa, gingen beide in ihre Zimmer, um zu duschen und sich trockene Kleidung anzuziehen. Als Heather wieder in den Salon kam, erwartete Jocasta sie bereits. “Signore Martelli lässt Ihnen ausrichten, dass er dringend nach Palermo musste”, teilte sie ihr mit.
Es überraschte Heather nicht im Geringsten, dass er Hals über Kopf abgereist war, ohne sich von ihr zu verabschieden. Trotzdem ließ sie ihr Abendessen unangerührt, und anstatt früh ins Bett zu gehen, begab sie sich nach Sonnenuntergang in den Garten.
Der Mond schien von einem wolkenlosen Himmel und tauchte die Umgebung in ein unwirkliches Licht. Ohne dass Heather es vorgehabt hätte, fand sie sich plötzlich in der Laube des Rosengartens wieder. Gedankenverloren betrachtete sie die Zeugen einer Liebe, die, allen Hindernissen zum Trotz, die Jahrzehnte überdauert hatte.
Um eine solche Liebe zu erleben, war sie nach Sizilien gekommen und hatte erfahren müssen, dass hier Regeln und Gesetzmäßigkeiten galten, die auf Gefühle keine Rücksicht nahmen.
Das Erstaunlichste aber war, dass sich Heather auf dieser Insel und mit ihren Menschen trotz allem zu Hause fühlte, und wenn ihr Wunsch, bleiben zu können, in Erfüllung gehen sollte, dann wurde es höchste Zeit, wie eine Sizilianerin zu denken und zu handeln.
Was allerdings bedeutete, dass sie sich ihren Ehemann nicht selbst aussuchen könnte. Und mittlerweile ging nicht mehr nur Baptista, sondern ganz Ellona davon aus, dass sie Renato heiraten würde – und nicht zuletzt Renato selbst.
Wenn er sie, wie noch am Nachmittag, in die Arme nahm und küsste, würde Heather ihm lieber früher als später das Jawort geben. Doch hatte sich am Nachmittag auch gezeigt, dass Renato sie behandelte wie sein Eigentum, und in einem solchen Moment lag Heather nichts ferner, als seine Frau zu werden. Ihr Stolz konnte es mit seinem durchaus aufnehmen, und der verbot es nun einmal, sich Renatos Willen zu unterwerfen.
Betrübt ließ Heather den Kopf sinken. Die Situation war so hoffnungslos verfahren, dass es unmöglich einen Ausweg geben konnte.
Es sei denn …
Es war schon später Nachmittag, als Heather zu Baptista fuhr. Durch den Regen des Vortages hatte sich die Luft deutlich abgekühlt, und die leuchtenden Farben der Landschaft kündeten vom herannahenden Herbst.
Baptista wirkte ausgeruht und erholt. Während sie auf der Terrasse saßen und Tee tranken, erkundigte sie sich interessiert, ob es Heather auf
Bella Rosaria
gefalle und wie die Dorfbewohner sie aufgenommen hätten.
“Verdächtig freundlich”, teilte Heather ihr mit. “Sie scheinen davon auszugehen, dass ich bleibe
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