Hochzeit nach Plan B (German Edition)
haben.
Unwillkürlich fasste er sich mit der Hand an den dicken Kopfverband.
»Sieht so aus. Aber so wie die Ärzte es mir erzählt haben, habe ich es wohl dir zu verdanken, dass nicht noch viel Schlimmeres passiert ist.« Er verzog unglücklich das Gesicht. »Es tut mir leid, aber ich kann mich an den Unfall überhaupt nicht erinnern.«
»Ich weiß auch nicht mehr allzu viel davon«, gab ich wahrheitsgemäß zu. »Ich kann mich eigentlich nur noch an den LKW erinnern, der plötzlich auf uns zugeschossen kam und uns gerammt hat.«
»Aber dir ist doch nichts passiert?« Plötzlich wirkte er besorgt, und mein schlechtes Gewissen wegen meiner Lüge verstärkte sich.
Ich winkte ab. »Mehr als eine kleine Beule war für mich nicht drin«, erwiderte ich lässig, und er entspannte sich wieder.
Trotzdem ließ mir mein Gewissen keine Ruhe. Wie ein kleiner Teufel stand es hinter mir und piekste mit seinem Dreizack in meinen Hintern. Ich musste endlich diese Lüge aus der Welt schaffen.
»Es gibt da etwas, was ich dir unbedingt sagen muss«, begann ich zögernd. »Also ...«
Ich wollte ihn direkt ansprechen, doch erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich noch nicht einmal seinen Vornamen kannte. Ich konnte ihn ja schlecht Herrn Baumgartner nennen.
Ich schloss die Augen und holte einmal tief Luft. Eigentlich war es doch gar nicht so schwer. Ich musste doch einfach nur die Wahrheit sagen. Dass ich ihn nur am Arm gepackt hatte, weil er mich angerempelt hatte, konnte ich dabei ja sogar guten Gewissens weglassen.
Trotzdem fiel es mir schwer, die richtigen Worte zu finden.
»Also, es ist so ...«, begann ich wieder.
Weiter kam ich nicht. In diesem Moment flog die Tür auf und Nilpferd Petra kam hineingetrampelt, gefolgt von einer ganzen Herde mit besorgten Gesichtern.
»So, da wären wir«, trompetete Petra ohne Rücksicht auf das Gehör der Anwesenden. Ich zuckte zusammen und fragte mich, wie lange ich ihre Stimme noch ohne Hörsturz überstehen würde.
»Hier sind der Unglücksrabe und sein Schutzengel«, fuhr die Krankenschwester ungerührt fort. »So wie einer der Polizisten gesagt hat, hatte der LKW-Fahrer einen Herzanfall und hat die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren. Er ist mit voller Geschwindigkeit auf den Gehweg geschossen. Herr Baumgartner kann wirklich von Glück sagen, dass seine Verlobte ihn noch zurückgezogen hat. Sonst hätte ihn der LKW komplett plattgemacht. Dann wäre es aus die Maus gewesen.«
Ich schüttelte fassungslos den Kopf. Die Krankenschwester hatte wirklich das Feingefühl eines Presslufthammers.
Entsprechend entsetzt war der Gesichtsausdruck der älteren Frau, die Petra im Schlepptau hatte. Wahrscheinlich seine Mutter, dachte ich. Sie war klein und dünn und machte einen zerbrechlichen Eindruck.
Doch der täuschte wohl gewaltig, denn keine zehn Sekunden später schob sie Schwester Petra, die bestimmt das dreifache Gewicht auf die Waage brachte, resolut aus dem Weg und drängte sich an das Bett ihres Sohnes.
»Oh Ben, was machst du nur?«, fragte sie in diesem gleichzeitig tadelnden wie liebevollen Ton, den nur Mütter draufhaben. Und das ganz unabhängig davon, wie alt ihre Kinder sind.
Aha, dachte ich im Stillen. Ben heißt er also. Aber eigentlich war das ganz egal. In wenigen Sekunden würde sowieso auffliegen, dass ich nicht die war, für die ich mich ausgegeben hatte. Seine Familie musste ja schließlich Bescheid wissen.
Außer der Mutter waren noch zwei ältere Männer da, von denen der eine Ben so ähnlich sah, dass es sich eigentlich nur um seinen Vater handeln konnte. Er war groß und schlank und hatte die gleichen markanten Gesichtszüge wie sein Sohn. Nur die Haare waren nicht hellbraun, sondern grau.
Der zweite ältere Mann war das krasse Gegenteil. Er war klein, hatte eine Halbglatze und hielt sich gebückt. Die Zehennägel mit der Kneifzange schneiden und rostige Nägel zum Frühstück verspeisen waren seltsamerweise die ersten Ideen, die mir bei seinem Anblick in den Sinn kamen. Doch als er mich neugierig musterte und mir dann ein freundliches Lächeln schenkte, leistete ich innerlich Abbitte.
Der jüngste Besucher, ein schlaksiger Junge von schätzungsweise 17 oder 18 Jahren, war in der Nähe der Tür stehen geblieben und beobachtete die Szenerie neugierig.
»Das ist Hannah, meine Verlobte«, hörte ich Ben plötzlich sagen. Sofort wandten sich sämtliche Gesichter einschließlich dem von Schwester Petra mir zu.
Bens Mutter drehte sich um und kam auf mich
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