Hochzeit zu verschenken
sollte er jetzt, wo er endlich die Gelegenheit hätte, mehr Zeit mit ihr zu verbringen, dies auch gerne tun.
»Stell dir mal vor, du hättest dein ganzes Leben von einer guten Fee geträumt, und dann käme sie auf einmal vorbei«, sagte sie. »Würdest du dich dann nicht auch blenden lassen? Würdest du dann nicht auch - zumindest für eine Weile -alles andere um dich herum vergessen? Er braucht diese Zeit mit ihr.«
»Sie ist aber keine gute Fee!«, hielt ich dagegen. »Sie ist eine böse Hexe!«
»Becky, sie ist seine Mutter«, sagte Annabel in leicht rügendem Ton. Und dann hat sie das Thema gewechselt. Sie wollte auf keinen Fall schlecht über Elinor reden.
Annabel ist eine Heilige.»Wirklich eine Schande, dass sie sich so wenig gesehen haben, als Luke noch kleiner war!«, höre ich Mum sagen. »Regelrecht tragisch.« Sie senkt die Stimme, obwohl sie doch weiß, dass Luke nicht im Haus ist. »Luke hat mir heute Morgen erzählt, wie verzweifelt seine Mutter war, weil sie ihn so gerne zu sich nach Amerika geholt hätte, aber ihr amerikanischer Ehemann es ihr verboten hat! Die arme Frau. Das muss die Hölle gewesen sein. Wenn man gezwungen wird, sein Kind im Stich zu lassen!«
»Ja, kann sein«, sage ich und spüre etwas in mir rebellieren. »Obwohl... Wer sagt denn, dass sie dazu gezwungen wurde? Dann hat sie sich doch wohl auch zwingen lassen, oder? Wenn es für sie so schlimm war, warum hat sie ihren neuen Mann dann nicht verlassen?«
Mum sieht mich überrascht an.
»Das sind aber harte Worte, Becky.«
»Ach... kann sein.« Ich zucke mit den Schultern und schnappe mir meinen Lippenkonturenstift.
Ich will jetzt bloß keine Unruhe in die Sache bringen, bevor sie überhaupt richtig losgegangen ist. Also werde ich Mum nicht sagen, was ich wirklich denke - nämlich dass Elinor sich nie wirklich für Luke interessiert hat. Bis seine PR-Firma sich in New York so gut entwickelte. Luke reißt sich seit Jahren beide Beine dafür aus, bei ihr Eindruck zu machen - das ist auch der wahre Grund dafür, dass er überhaupt eine Zweigstelle in New York eröffnet hat. Aber das gibt er natürlich nicht zu. Und sie hat ihn komplett ignoriert, diese Kuh, bis er auf einmal richtig fette Verträge an Land zog und immer öfter in die Zeitung kam. Da fiel ihr dann nämlich auf, dass er ihr nützlich sein könnte. Kurz vor Weihnachten hat sie dann ihren eigenen Wohltätigkeitsverein gegründet - die Elinor Sherman Foundation - und Luke zum Geschäftsführer ernannt. Dann hat sie zur Feier der Gründung ein riesiges Gala-Dinner gegeben - und jetzt raten Sie mal, wer ungefähr fünfundzwanzig Stunden am Tag geochst hat, um ihr dabei zu helfen, und dann so erschossen war, dass er Weihnachten völlig in den Seilen hing?
Aber ich kann nicht mit ihm darüber reden. Als ich das Thema einmal anschnitt, ist Luke sofort in die Defensive gegangen und hat gesagt, ich hätte ja schon immer ein Problem mit seiner Mutter gehabt (womit er nicht ganz Unrecht hat) und sie würde so wahnsinnig viel ihrer kostbaren Zeit opfern, um Bedürftigen zu helfen, und was ich denn sonst noch wollte, Blut oder was?
Worauf mir keine passende Antwort einfiel.
»Sie ist wahrscheinlich wahnsinnig einsam«, spekuliert Mum. »Die Arme, so ganz allein. In ihrer kleinen Wohnung. Hat sie denn wenigstens eine Katze, die ihr Gesellschaft leistet?«
»Mum...« Ich fasse mir an den Kopf. »Elinor wohnt in keiner kleinen Wohnung. Sie hat ein Duplex auf der Park Avenue.«
»Ein Duplex? Was ist das denn? So was wie eine Einliegerwohnung?« Mum macht ein mitleidiges Gesicht. »Das ist doch nicht das Gleiche wie ein eigenes Häuschen, Kind!«
Ach, ich geb´s auf. Hat ja doch keinen Zweck.
Als wir das Foyer des Claridges betreten, sitzen da massenweise schicke Leute und trinken Tee. Grau bejackte Kellner eilen mit grün-weiß gestreiften Teekannen umher, während die Gäste fröhlich plappern - aber Luke und Elinor sind nirgends zu sehen. Während ich angestrengt nach ihnen suche, steigt auf einmal Hoffnung in mir auf. Vielleicht sind sie ja gar nicht da! Vielleicht hat Elinor es zeitlich nicht geschafft! Und wir können uns einfach zu dritt hinsetzen und gemütlich eine Tasse Tee trinken! Gott sei Dank, dass »Becky?«
Ich wirbele herum - verdammt. Da sind sie. Sitzen auf einem Sofa in der Ecke. Luke strahlt genau so, wie er immer strahlt, wenn er mit seiner Mutter zusammen ist, und Elinor sitzt in einem mit Pelz eingefassten Kostüm in Hahnentrittmuster auf der
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