Hochzeit zu verschenken
Sie droht aus Spaß mit dem Zeigefinger.
Mein Entsetzen wächst, als Christinas Aufmerksamkeit sich ganz eindeutig vom Personalchef auf Lisa verlagert. Das will sie nicht auf sich sitzen lassen, dass jemand andeutet, die von ihr angeführte Abteilung sei nicht 100% perfekt.
»Einen Moment bitte«, sagt sie zum Personalchef und kommt auf uns zu.
»Wovon hat Erin Ihnen noch nichts erzählt?«, erkundigt sie sich ausgesucht höflich.
»Von diesem neuen Designer!«, sagt Lisa. »Von dem habe ich noch nie etwas gehört!«
»Au!« Tracy zieht blitzartig ihre Hand von einem der T-Shirts zurück. »Da steckt noch eine Nadel drin!«
»Eine Nadel?«, fragt Christina. »Darf ich mal sehen?«
Sie nimmt das zerfetzte T-Shirt an sich und betrachtet es deutlich verwundert. Dann sieht sie Dannys laminiertes Schild.
Ach, ich bin so blöd! Warum habe ich das nicht wenigstens abgehängt?
Sie liest, was auf dem Schild steht, und ihre Miene verändert sich. Sie sieht zu mir, blickt mir direkt in die Augen und mir wird ganz kribbelig vor Angst. Ich habe noch nie Schwierigkeiten mit Christina gehabt. Aber ich habe schon mitbekommen, wie sie andere Leute am Telefon heruntergemacht hat, und daher weiß ich, dass sie ziemlich ungemütlich werden kann.
»Wissen Sie, was es mit diesen Sachen auf sich hat, Becky?«, fragt sie freundlich.
»Ich...« Ich räuspere mich. »Die Sache ist die...«
»Verstehe. Lisa, es tut mir Leid, aber hier ist wohl irgendetwas durcheinander geraten.« Sie lächelt Lisa professionell an. »Die Teile sind nicht zu verkaufen. Becky - kommen Sie mal bitte mit in mein Büro. Ich möchte mit Ihnen reden.«
»Christina, ich... es tut mir Leid«, stammele ich und merke, wie ich dunkelrot anlaufe. »Es tut mir wirklich...«
»Was ist denn passiert?«, fragt Tracy. »Warum sind die nicht zu verkaufen?«
»Kriegt Becky jetzt Schwierigkeiten?«, fragt Lisa bestürzt. »Wird sie entlassen? Ach, bittebitte nicht! Becky mögen wir doch viel lieber als Erin... Oh.« Sie schlägt sich die Hand vor den Mund. »Tut mir Leid, Erin. Ich habe gar nicht gesehen, dass Sie da sind.«
»Schon in Ordnung«, sagt Erin und lächelt verkniffen.
Man kann nicht gerade behaupten, dass die Situation sich entspannt.
»Christina, ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen«, krieche ich zu Kreuze. »Ich wollte doch keine Schwierigkeiten machen. Ich wollte die Kunden nicht täuschen...«
»In meinem Büro«, sagt Christina und hebt die Hand, um mich zum Schweigen zu bringen. »Wenn Sie etwas zu sagen haben, Becky, dann können Sie es -«
»Halt!«, erklingt eine melodramatische Stimme hinter uns. Wir fahren herum und sehen Danny auf uns zustürmen. Sein Blick ist jetzt noch wilder als vorhin. »Hören Sie sofort auf! Sic dürfen Becky nicht für das hier verantwortlich machen!«, sagt er und stellt sich schützend vor mich. »Sic hat damit nichts zu tun. Wenn Sie irgendjemanden entlassen wollen - dann entlassen Sie mich!«
»Danny, dich kann sie doch gar nicht entlassen«, brumme ich. »Du bist nicht bei Barneys angestellt.«
»Und Sie sind...?«, fragt Christina.
»Danny Kovitz.«
»Danny Kovitz. Aha.« Christina scheint ein Licht aufzugehen. »Das heißt, Sie waren derjenige, der... diese Kleidungsstücke angefertigt hat. Und sie auf unsere Kleiderstangen gehängt hat.«
»Was? Er ist gar kein richtiger Designer?«, stellt Tracy entsetzt fest. »Hab ich‘s doch gewusst! Mich hat er nicht getäuscht!« Angewidert schmeißt sie den Bügel, den sie in der Hand hält, zurück auf den Ständer.
»Das ist doch bestimmt verboten, was Sie hier gemacht haben, oder?«, fragt Lisa mit weit aufgerissenen Augen.
»Kann schon sein«, verteidigt Danny sich. »Aber soll ich Ihnen mal erzählen, wieso mir nichts anderes übrig bleibt als kriminell zu werden? Haben Sie eine Ahnung, wie schwer es ist, sich in dieser so genannten Modebranche einen Namen zu machen? Es ist so gut wie unmöglich!« Er sieht sich um, um sicherzugehen, dass er aufmerksame Zuhörer hat. »Ich möchte doch nur eine Chance haben, meine Ideen den Leuten zu präsentieren, von denen ich weiß, dass sie meine Sachen lieben werden. Jedes Milligramm meiner Lebens- und Schaffenskraft investiere ich in meine Arbeit. Ich weine vor Schmerzen, ich schreie vor Schmerzen, ich quetsche auch den letzten Tropfen kreativen Lebenssaftes aus mir heraus. Aber das Mode-Establishment hat kein Interesse an neuen Talenten! Es hat kein Interesse daran, einem Newcomer eine Chance zu geben, der
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