Hochzeitsfieber bei den MacGregors
missbilligst, was sie getan hat.«
»Es geht nicht darum, ob ich irgendetwas gutheiße oder missbillige. Ich war nicht in ihrem Kopf in jener Nacht. Für mich ist sie nur ein weiterer Beleg dafür, dass an unserem Rechtssystem irgendetwas faul ist.«
»Ihr Prozess beginnt in zehn Tagen. Du könntest ihr vielleicht helfen.«
»Es gibt nichts, was ich dir erzählen könnte.«
»Es ist offensichtlich, dass du ihn nicht gemocht hast.«
»Den Typen, der mir gegenüber wohnt, mag ich ebenfalls nicht. Aber viel erzählen könnte ich dir trotzdem nicht über ihn. Vertrau auf deine Mutter, sie ist gut in ihrem Job, Laura, sonst wäre sie nicht da, wo sie ist.«
»Ich verstehe nicht, wie du dich aus allem heraushalten kannst, woran du doch einmal geglaubt haben musst. Du wärst ganz bestimmt nicht zur Polizei gegangen, wenn du dir nicht gewünscht hättest, helfen zu können.«
»Und ein paar Jahre haben ausgereicht, mir zu zeigen, dass es keinen großen Unterschied macht, ob ich dabei bin oder nicht.«
Sie hörte etwas in seiner Stimme, einen Anflug von Enttäuschung, von Desillusionierung. »Aber du wolltest es.«
»Ja, ich wollte es. Und jetzt mache ich es auf meine Weise. Ohne Politik und Verhaltensmaßregeln. Und Elektronik liegt mir einfach mehr als strammstehen.«
»Du bist eben gern dein eigener Boss.«
»Da hast du verdammt recht.«
»Das kann ich dir nicht zum Vorwurf machen«, sagte sie mit einem Seufzer. »Für meine Eltern zu arbeiten, nun, es ist ein Traum. Sie sind wundervoll. Ich glaube nicht, dass ich in einer großen Kanzlei gut zurechtkommen würde, mit der ganzen Firmenpolitik und den in Stein gehauenen Rücksichtsnahmen, denen man da unterliegt. Bei allzu vielen geht es doch nur darum, Stunden abzurechnen und dass man möglichst hochkarätige Firmen oder Einzelpersonen vertritt. Bei MacGregor und MacGregor ist das ganz anders.«
»Ich bin überrascht, dass man sie wegen ihrer hohen Moralmaßstäbe noch nicht aus der Anwaltskammer ausgeschlossen hat.«
Ihre Augen verengten sich. »Es ist so leicht – und so billig –, auf Anwälte einzuschlagen.«
»Ja.« Er grinste. »Warum der Versuchung widerstehen? Ich sollte dir aber etwas anderes erzählen.«
»Was?«
»Du bist unglaublich schön.«
Sie lehnte sich zurück und legte den Kopf zur Seite. »Du versuchst das Thema zu wechseln.«
»Und Klugheit walten zu lassen. Wenn wir nämlich weiter hier sitzen und uns über unser Rechtssystem unterhalten, geraten wir uns wahrscheinlich noch in die Haare, weil wir die Sache unter verschiedenen Blickwinkeln sehen. Warum die Zeit verschwenden?«
»Ich streite mich gern. Deshalb bin ich Anwältin.«
»Ich tanze lieber.« Er nahm ihre Hand und stand auf. »Deshalb sind wir schließlich hier.«
Sie schaute ihn überrascht an. »Du tanzt?«
»Nun, beim Bolschoitheater haben sie mich zwar nicht angenommen, obwohl ich mein Leben lang davon geträumt habe, aber ein paar Tanzschritte schaffe ich noch«, sagte er trocken, während er sie zur Tanzfläche zog.
»Du siehst viel eher aus wie ein Typ, der fünf Boxrunden mit dem Weltmeister durchsteht als …« Ihr blieb die Luft weg, als er sie einmal im Kreis herumwirbelte und sie dann ganz eng an sich zog. »Oh Gott.«
»Wir boxen später.«
Mit ihren hohen Absätzen war sie genauso groß wie er, sodass ihre Augen und ihre Münder sich auf gleicher Höhe befanden. Er führte sie mit geschmeidigen, komplizierten Schritten über die Tanzfläche. Sie ließ sich einfach mitziehen. Es wäre ihr gar nicht möglich gewesen, einen klaren Gedanken zu fassen, so wie ihr Herz hämmerte, so wie das Saxofon schluchzte, so wie sein Blick den ihren gefangen hielt.
»Du tanzt sehr gut«, brachte sie mühsam heraus.
»Tanzen ist das Zweitbeste, was ein Mann mit einer schönen Frau machen kann. Warum also nicht gleich richtig?«
Sie musste sich ihre Lippen befeuchten. »Du hast Tanzstunden genommen.«
»Weil meine Mutter darauf bestanden hat. Was der Grund dafür ist, dass ich zusätzlich auch noch fünf Boxrunden mit dem Weltmeister durchstehe. In meinem Viertel musste ein Junge, der Tanzstunden nimmt, lernen, seine Fäuste zu gebrauchen, wenn er nicht in Kauf nehmen wollte, regelmäßig verhauen zu werden.«
»Na, das ist ja vielleicht eine Mischung. Was für ein Viertel war das denn?«
»Südboston.«
»Oh.« Ihr war schwindlig, ihr Puls raste. »Dort bist du also aufgewachsen. Hat dein Vater …«
Er bog sie nach hinten, langsam und tief und mit viel Gefühl.
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