Hochzeitsfieber bei den MacGregors
geschoben, stehen, wo er stand, und beobachtete sie, beobachtete alles. Es war eine seiner herausragendsten Fähigkeiten, dieses Beobachten. Und es machte ihm nichts aus, darauf zu warten, was als Nächstes geschah.
Gwen registrierte ihn, das Gesicht hinter der Glasscheibe. Dunkelblondes Haar, das bis auf den Kragen eines dunkelblauen Pullovers reichte. Kühle graue Augen, die selten zu zwinkern schienen, ein ernster Mund.
Er drückte allein durch seine Anwesenheit etwas aus, aber sie hatte keine Zeit, darüber nachzudenken, was, oder mehr als einen flüchtigen Gedanken an ihn zu verschwenden.
Doch nachdem sie ihre beiden Patienten schließlich stabilisiert und ihre Weiterbehandlung in die Wege geleitet hatte, war er immer noch da. Als sie den Behandlungsraum verließ, musste sie stehen bleiben, weil er ihr den Weg verstellte.
»Dr. Blade? Gwendolyn Blade?«
Jetzt hoben sich seine Mundwinkel zu einem Lächeln. Und sie sah, dass sie sich geirrt hatte. Die rauchgrauen Augen waren nicht kühl, sondern warm, ebenso wie seine Stimme.
»Ja. Kann ich Ihnen helfen?«
»Das hoffe ich. Ich bin Branson Maguire.«
Sie nahm die Hand, die er ihr hinhielt, automatisch, musste die ihre drücken und halten lassen. »Ja? Und?«
»Autsch.« Sein Grinsen war charmant und bescheiden. »Das trifft mein Ego. Ich nehme an, Sie haben nicht viel Zeit zum Lesen.«
Sie war müde, wollte sich fünf Minuten hinsetzen und sich mit Kaffee vollpumpen. Und sie wollte ihre Hand zurück. »Es tut mir leid, Mr. Maguire, ich weiß nicht …« In dem Moment, in dem sie ihm ihre Hand entzog, gelang es ihr, den Namen einzuordnen. »Ach ja, jetzt fällt es mir ein, Detective Matt Scully, Boston PD. Ich habe Ihre Bücher gelesen. Sie haben da einen interessanten Charakter erschaffen.«
»Ja, Scully macht seine Sache ganz gut in meinen Augen.«
»Auf jeden Fall. Ich habe aber im Moment keine Zeit, um mich über Romane zu unterhalten. Deshalb würde ich mich jetzt gern …«
»Sie sind lavendelfarben.«
»Wie bitte?«
»Ihre Augen.« Er blieb ruhig stehen und schaute sie mit einem Blick an, den man bei einem anderen Mann als ein unhöfliches Starren bezeichnet hätte. Bei ihm wirkte es ganz natürlich. »Ich habe mich gefragt, ob es vielleicht nur am Lichteinfall liegt. Aber sie sind nicht blau, sie sind lavendelfarben.«
Sie spürte eine leise Verärgerung in sich aufsteigen. »In meinem Führerschein steht blau. Aber wie schon gesagt, ich bin ein bisschen in Eile.«
»Ist Ihre Schicht nicht um zwei zu Ende? Es ist fast drei.«
Die Raumtemperatur fiel, als sie sich in sich zurückzog, eine automatische Verteidigungshaltung für eine Frau, die wegen der Familie, aus der sie stammte, fast ihr gesamtes Leben im Scheinwerferlicht verbracht hatte. »Woher wissen Sie das?«
Nicht einfach nur Eis, dachte er beeindruckt. Scharfes, gezacktes Eis. Dieser Elfe konnten Krallen wachsen. »Oh, ich nehme an, dass Sie mich nicht erwartet haben?«
»Nein, hätte ich das denn tun sollen?« Sie warf einen Blick über die Schulter, als Tina aus dem Behandlungsraum geschoben wurde.
»Frau Doktor, Frau Doktor. Ich will Johnny sehen. Ich muss Johnny sehen.«
»Entschuldigen Sie mich.« Sie drehte Branson den Rücken zu und ging zu der Trage hinüber.
Alles, was er hörte, war der Ton, wie sich diese frostige Stimme plötzlich erwärmte und etwas Tröstliches bekam. Die junge Frau auf der Trage versuchte ihr Schluchzen zu unterdrücken und nickte.
»Das haben Sie sehr nett gemacht«, bemerkte Branson, als sie wieder zu ihm herüberkam.
»Wollen Sie damit sagen, dass ich Sie heute um zwei Uhr morgens hätte erwarten sollen?«
»Ihr Großvater sagte mir, dass er es vereinbart hätte.«
»Vereinbart?« Und weil sie müde war, schloss sie die Augen. »Ich brauche einen Kaffee«, murmelte sie. »Kommen Sie mit.«
Mit wehenden Kittelschößen drehte sie sich um und marschierte den Flur hinunter. Sie bog links ab, ging durch eine Tür in einen Aufenthaltsraum. Branson folgte ihr, schaute sich um, notierte sich in Gedanken die öden Farben, die billigen Stühle, die dürftigen Spinde, den laut summenden Kühlschrank, den Geruch abgestandenen Kaffees, der den durchdringenden Krankenhausgeruch nach Desinfektionsmitteln jedoch nicht ganz übertünchen konnte.
»Gemütlich haben Sie es hier.«
»Wollen Sie einen Kaffee?«
»Gern. Schwarz.«
Sie nahm die Kanne von der Warmhalteplatte und füllte zwei Isoliertassen. Und fügte, weil sie wusste, wie das schauderhafte
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