Hochzeitsnacht in Acapulco
Hüften.
Unwillkürlich warf sie einen Blick auf seine Hände, die kräftig und zugleich feinfühlig wirkten, ja, ausgesprochen sinnlich. Die hatte er in der vergangenen Nacht zärtlich über sie gleiten lassen. Immer und immer wieder. Der Gedanke verschlug ihr den Atem. Sie schluckte trocken und sah Gabriel in die Augen. “Was wolltest du sagen?”
“Du hast doch gesehen, dass das Papier kein echtes Dokument ist. Kein Priester oder Standesbeamter würde uns einen handgeschriebenen Zettel als Trauschein ausstellen.”
“Ja, ich weiß, aber worauf willst du hinaus?”
“Der Zettel beweist nichts, jedenfalls nicht, dass wir verheiratet sind.”
“Das ist mir völlig klar. Aber wer könnte ihn geschrieben haben?”
“Ich habe keine Ahnung”, antwortete Gabriel. “Jeder beliebige Passant auf der Straße.”
“Du warst es also nicht.”
“Ich?” Er klang überrascht. “Natürlich nicht.” Mit zusammengekniffenen Augen sah er sie forschend an. “Warst du es?”
“Du träumst wohl, Lafleur!” Zum ersten Mal seit dem Aufwachen war ihr nach Lachen zumute.
“Warst du es?”, wiederholte er.
Ihr wurde klar, dass er es ernst meinte. “Nein.”
“Dann sind wir wieder am Ausgangspunkt unseres Gesprächs: Wir wissen noch immer nicht genau, was wir letzte Nacht getan haben.”
Plötzlich fiel Joelle etwas sehr Wichtiges ein. Sie stöhnte entsetzt. “Um Himmels willen! Wie spät ist es eigentlich?”
Gabriel sah auf seine Armbanduhr, die auf dem Nachttisch lag. “Gleich halb zwölf.”
“Du meine Güte, ich bin ja wirklich zu blöd! In einer Stunde startet das Flugzeug nach San Diego, und ich bin noch nicht einmal angezogen.”
Rasch stand Joelle auf und eilte zu ihrem Gepäck, das sie glücklicherweise schon am Vortag gepackt hatte. Auf dem einen Koffer lagen griffbereit die Sachen, die sie anzuziehen beabsichtigte.
“Tu mir einen Gefallen”, bat sie Gabriel. “Ruf mir ein Taxi. Es soll in fünfzehn Minuten am Eingang bereitstehen.” Sie eilte ins Bad.
Wenige Minuten später kam sie wieder heraus. Sie hatte geduscht und sich angezogen und war bereit zum Aufbruch. Zuerst dachte sie, dass Gabriel sich aus dem Staub gemacht hätte – die wahrscheinlich beste Methode, diesen Albtraum zu beenden. Dann sah sie ihn, den Rücken ihr zugewandt, vollständig angezogen am Fenster stehen. Plötzlich wurden ihr die Knie weich.
Sie sah sich noch einmal um, ob sie nichts hatte liegen lassen. Dann nahm sie ein Gepäckstück in jede Hand und räusperte sich, um Gabriels Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Er wandte sich ihr zu, die Hände in die Hosentaschen geschoben.
“So, ich muss jetzt los”, verkündete Joelle.
Er atmete tief durch. “Ich weiß nicht, was ich sagen soll.”
“Dann lass es”, erwiderte sie. Ihr Herz pochte wie rasend.
Gabriel lächelte gequält. “Ich würde aber gern etwas sagen. Das bin ich dir schuldig.”
“Nein, du schuldest mir nichts, Lafleur. Ich bin erwachsen und allein für mich verantwortlich.”
“Irgendwie meine ich, dass alles mein Fehler war. Es tut mir leid.”
“Es ist einfach passiert, okay? Lass uns einen Schlussstrich unter die Angelegenheit ziehen und unserer Wege gehen wie zwei modern denkende Erwachsene, die wir ja auch sind.”
“Ja, wenn du damit leben kannst, ich kann es bestimmt”, erwiderte er. “Nur hast du vorhin ziemlich verstört gewirkt, und ich wollte dir etwas Nettes sagen, damit du dich besser fühlst.”
Joelle seufzte. Sie wusste nicht, ob sie sich ihre Dummheit jemals würde verzeihen können, aber ihr blieb nichts anderes übrig, als es zu versuchen. “Zu Hause werde ich meinen Anwalt beauftragen, diese Angelegenheit zu überprüfen, damit ich die Sorge los bin”, teilte sie Gabriel mit. “Wenn er echte Beweise für eine Eheschließung findet, gebe ich ihm die Berechtigung, jedwedes Problem zu lösen, das du und ich uns womöglich aufgeladen haben.”
Gabriel nickte. “Eine gute Idee.” Er ging zum Nachttisch und schrieb etwas auf den dort liegenden Notizblock. “Hier.” Er riss das Blatt ab und hielt es ihr hin. “Meine Telefonnummer. Nur für den Fall, dass dein Anwalt sich mit mir in Verbindung setzen möchte. Man weiß ja nie.”
Sie zögerte einen Moment, bevor sie das Blatt nahm und in ihre Handtasche steckte. Dann zog Joelle eine ihrer Visitenkarten heraus und reichte sie Gabriel. “Für alle Fälle.”
“Man weiß ja nie”, wiederholte Gabriel.
“Richtig”, stimmte sie zu, seltsam atemlos. “Jetzt
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