Hochzeitsstrudel und Zwetschgenglück: Roman (German Edition)
war ich sprachlos. 73 Nachrichten waren in meinem Postfach! Alle mit dem mehr oder weniger abgewandelten Betreff: Ein Bauer für die Blondine.
Ich hatte die ersten drei Mails überflogen und war – entsetzt. Noch nicht mal so sehr von den Fotos der Kandidaten, für sein Aussehen konnte ein Mensch ja schließlich nichts. Wobei – für die Wahl des Motivs konnte ein Mensch schon was. Was hatte sich der Bewerber mit dem Ganzkörperfoto, das ihn nackt und ohne Kopf zeigte, wohl dabei gedacht?
Der erste Brief wimmelte nur so von Rechtschreib- und Grammatikfehlern, dabei hatte der Mann keine fünf Sätze geschrieben.
Der zweite Briefeschreiber hieß Kevin, war sieben Jahre jünger als ich und bot sich als Toyboy an mit genauer Beschreibung seiner körperlichen Vorzüge samt Vorstellungen über die Höhe seines zukünftigen Taschengeldes. Er war der Versender des kopflosen Fotos.
Die dritte Nachricht begann mit den Worten: »Nachdem ich in meinem Leben bisher immer nur Pech hatte und von allen Frauen nur verarscht worden bin, die nur immer mein Geld wollten, hoffe ich, dass du wenigstens eine anständige Frau bist und mich …«
Mal ernsthaft? Welche Frau würde so einen Brief zu Ende lesen wollen?
Nach diesem wenig verheißungsvollen Auftakt hatte ich den Computer sofort heruntergefahren und beschlossen, mit meinem Cousin aufs Weinfest der Schützen zu gehen.
Kaum dachte ich wieder an Max, hupte es vor dem Haus.
Max hatte sich richtig in Schale geworfen und trug eine braune Lederhose mit einem beigen Trachtenhemd. Farblich passten wir gut zusammen, vom Stil her eher weniger. Anders als in der letzten Zeit war er sogar recht freundlich mir gegenüber. Vielleicht würde ich den Abend ja genießen können?
Als wir am Festplatz ankamen, war aus dem Zelt bereits laute Live-Musik zu hören.
Unter einem Weinfest hatte ich mir eher eine kleine Veranstaltung vorgestellt. Doch der Schützenverein feierte in diesem Jahr sein 80-jähriges Bestehen, und deswegen waren neben dem riesigen Weinzelt ein Kettenkarussell, eine Schießbude und ein Stand mit Losen aufgebaut. Verschiedene Imbiss-Wagen boten Brathendl, Steckerlfisch, Käsespezialitäten, Kuchen und Eis an. Sämtliche Bewohner von Halling und Umgebung schienen hier zu sein, und es war jetzt schon proppenvoll im Zelt.
Max und ich ergatterten noch einen Sitzplatz am Tisch eines seiner Freunde aus einem Nachbarort, der mit Frau und Sprössling gekommen war.
Max stellte uns vor.
»Hanna, meine Cousine – und das ist mein Freund Karl Huber mit seiner Frau Lene, und der kleine Hosenscheißer da ist mein Namensvetter Maximilian.«
Wir nickten uns freundlich zu, und während Max und Karl sich bald über den ökologischen Anbau von Erdbeeren unterhielten, plauderte ich ungezwungen mit der sympathischen Frau, die etwa in meinem Alter war. Ihre Oberweite war mindestens doppelt so üppig wie meine. Obwohl ich eine Frau war, fiel es mir schwer, nicht andauernd in ihr offenherziges Dekolleté zu starren. Ihr kleiner Sohn schlief dabei seelenruhig in ihren Armen, ohne dass die laute Musik oder der Lärm ihn störten.
Irgendwie kam mir die Frau bekannt vor. Und tatsächlich stellte sich heraus, dass Lene Huber unter dem Namen Lene Koller einen bayerischen Liebesratgeber herausgegeben hatte, der vor zwei Jahren in den Medien für einigen Wirbel gesorgt hatte. Sie hatte darin die These aufgestellt, dass es auf Bairisch keinen eigenen Ausdruck für »Ich liebe dich« gab. Darüber war sie mit dem bayerischen Sprachforscher Karl Huber öffentlich heftig in Streit geraten. Doch am Ende waren die beiden ein Paar geworden. Und wie es aussah, ein ziemlich glückliches, wenn ich die verliebten Blicke der beiden richtig deutete.
»Was machst du denn beruflich?«, fragte Lene interessiert, nachdem sie ausführlich von sich erzählt hatte.
Diese Frage gehörte nicht unbedingt zu meinen Lieblingsfragen. Obwohl mein Beruf hochanständig war, konnte ich nie sagen, was ich wirklich tat. Und das fühlte sich so an, als ob ich etwas Illegales machen würde.
»Ich arbeite als Privatsekretärin für einen Unternehmer«, griff ich wieder mal zu meiner Notlüge.
»Oh. Das ist sicher ein sehr spannender und abwechslungsreicher Beruf«, meinte Lene interessiert.
»Das auf jeden Fall.« Ich lächelte.
»Und jetzt machst du Urlaub in Niederbayern?« Lene Huber konnte mir in puncto Neugierde problemlos das Wasser reichen.
»Ja, ich habe mir eine Auszeit genommen und …«
In diesem Moment ging
Weitere Kostenlose Bücher