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Hochzeitsstrudel und Zwetschgenglück: Roman (German Edition)

Hochzeitsstrudel und Zwetschgenglück: Roman (German Edition)

Titel: Hochzeitsstrudel und Zwetschgenglück: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Schwarzhuber
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unterstreichen.
    Schade, dass Alex mich heute nicht sehen konnte. Er hatte sich gestern Abend am Handy gemeldet. Aber die Verbindung war so schlecht gewesen, dass ich kaum ein Wort verstanden hatte, bis sie dann plötzlich komplett abgerissen war.
    »Und jetzt ab mit dir, Hanna!«, trieb Daniela mich an.
    Als ich die Kirche betrat, stand das Hochzeitspaar bereits vor dem Priester. Aber zum ersten Mal seit langem hatte ich kein schlechtes Gewissen, dass ich zu spät kam. Dazu fühlte ich mich viel zu gut.
    Die Kirche war so voll, dass einige Leute stehen mussten. Doch Tante Luise hatte mir ziemlich weit vorne einen Platz frei gehalten. Sie winkte mir, und ich stöckelte mit klackernden Absätzen zu ihr nach vorne.
    »Du schaust toll aus«, flüsterte sie mir zu, während die letzten Klänge der Orgelmusik ertönten.
    »Danke!«
    Max schaute von der anderen Bankreihe her in meine Richtung, und ich musste grinsen, als ihm bei meinem Anblick fast die Kinnlade runterfiel.
    Jetzt begann der Pfarrer mit seiner Begrüßung, und ich warf einen Blick auf das Brautpaar.
    Die ehemals kleine und süße Natascha war zu einem – man konnte es nicht anders nennen – riesigen Mannweib geworden. In dem weißen Hochzeitskleid gab sie eine etwas ungewöhnliche Figur ab. Glücklicherweise konnte der Mann ihres Herzens körperlich mit ihr mithalten. Das Brautpaar überragte den Pfarrer und die meisten Hochzeitsgäste um fast einen Kopf.
    Natascha musste die Statur ihres Vaters geerbt haben, denn ihre Mutter Zenta war eine kleine und zierliche Frau, die auch heute wieder ihrem Faible für schrille Mode aus den Siebzigern huldigte.
    Die Zeremonie in der Kirche war sehr feierlich und berührend. Und trotzdem für mich auch ein klein wenig beängstigend. Würde auch ich in den nächsten Wochen einem Mann ein Eheversprechen geben und mein Erbe bekommen? Oder besser gefragt, würde Alex das Irgendwann deutlich nach vorne verschieben? Und war Alex überhaupt der Richtige?
    Nachdem sich die Eheleute feierlich das Ja-Wort gegeben hatten, sang eine Solistin des Kirchenchores das Ave Maria in der Version von Gounod, begleitet von den Klängen einer Oboe. Es war wunderschön. Um nicht ebenfalls loszuheulen wie meine Tante, fast alle anderen Hochzeitsgäste und der Bräutigam, schaute ich mich in der Kirche um, in der ich als Kind viele Stunden verbracht hatte.
    Beim Blick auf die hölzernen Beichtstühle fiel mir ein, wie ich mich einmal beim Versteckenspielen mit Max in einen hineingeschlichen hatte. Es war das erste Mal gewesen, dass mein Cousin mich nicht gefunden hatte. Als ich nach gut einer Viertelstunde genug hatte und den Beichtstuhl verlassen wollte, hörte ich Schritte und gleich darauf das Quietschen der Tür. Der damals frisch nach Halling versetzte Pfarrer Brenner hatte den mittleren Teil des Beichtstuhls betreten. Ich wäre fast zur Salzsäule erstarrt in meinem kleinen hölzernen Versteck und hatte kaum zu atmen gewagt. Als jemand die Tür auf meiner Seite öffnen wollte, hielt ich sie fest von innen zu.
    Kurz darauf betrat der vermeintliche Eindringling den Beichtstuhl auf der anderen Seite. Eine Frau, wie ich gleich feststellte. Mit leiser Stimme flüsterte sie: »Im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes.«
    Der Pfarrer antwortete mit »Amen! Welche Sünden führen dich zu mir?«
    Und schon legte die Frau los. Schon nach den ersten Worten hatte ich sie an ihrer etwas nuschelnden Stimme erkannt. Meine Biologielehrerin Erika Herzer.
    Die stets auf jugendlich getrimmte Lehrerin hatte viele Dinge zu beichten, die ich als ihre Schülerin sicherlich nicht wissen sollte. Vor allem nicht, dass sie ein Verhältnis mit dem Vater einer Mitschülerin hatte, der zufälligerweise auch noch der Bürgermeister von Halling war. Am liebsten hätte ich mir die Ohren zugehalten, denn was sie beichtete, war nicht unbedingt jugendfrei.
    Ich atmete vor Erleichterung auf, als der Pfarrer ihr endlich ein ordentliches Bußwerk aufgab und sie entließ. Doch meine Erleichterung währte nicht lange. Denn kaum war sie draußen, drehte sich der Pfarrer in meine Richtung um.
    »So, mein Kind. Und jetzt bist du an der Reihe!«
    Ich glaube nicht, dass schon jemals ein Mensch seine Sünde so unmittelbar nach der Tat gebeichtet hat, wie ich damals. Sicherlich hatte ich den Geschwindigkeitsrekord in der katholischen Disziplin Sündenbeichten gebrochen.
    Doch am Ende war ich froh darüber. Denn das schlechte Gewissen über meine unerlaubte Lauscherei

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