Hochzeitsstrudel und Zwetschgenglück: Roman (German Edition)
das war noch vor meiner Moppelphase gewesen.
Vielleicht hatten die beiden ja recht, ging es mir plötzlich durch den Kopf. Wenn ich ehrlich zu mir war, fand ich mich in diesem Moment auch nicht gerade umwerfend in dem Kleid.
»Habt ihr einen Vorschlag, wie ich das ändern kann?«, fragte ich bemüht fröhlich. Ich wollte mir nicht anmerken lassen, wie sehr ich getroffen war. Zu hören, dass man bieder aussah und sich langweiliger als die eigene Mutter anzog, war nicht sonderlich aufmunternd.
Daniela und Pauline schauten sich an und nickten sich grinsend zu.
»Wo ist Benny?«, erkundigte sich Daniela.
»Schläft auf dem Sofa«, antwortete Pauline. Kein Wunder, der Kleine war schon seit dem Morgengrauen auf den Beinen gewesen.
»Wunderbar! Dann legen wir mal los!«
Natürlich konnten wir nicht auf die Schnelle – und vor allem nicht in Halling – ein neues Kleid herbeizaubern.
Pauline und Daniela wühlten in meinem Kleiderschrank und zogen schließlich ein schwarzes Kleid heraus, das vorne durchgeknöpft war. Etwas Besseres war nicht zu finden.
»Die Länge ist ja schauderhaft!«, rief Daniela »So geht das nicht! Gibt es hier eine Nähmaschine?«
Ich nickte stumm.
»Wenigstens bist du mit deiner Unterwäsche nicht so konservativ«, stellte Daniela fest, und ich wurde rot.
Edle Dessous waren immer schon mein heimliches Laster. Vor allem zu wichtigen Besprechungen und Gesprächen trug ich immer meine schönsten Stücke. Das gab mir auf seltsame Weise Selbstvertrauen, das ich ansonsten leider nicht immer hatte. Auch für den täglichen Gebrauch musste meine Unterwäsche immer top sein. Ausgewaschene BH s oder Slips mit leiernden Bündchen gingen gar nicht und wurden sofort entsorgt.
Heute hatte ich einen nachtblauen Spitzenbody gewählt, der meine Brüste um eine Körbchengröße nach oben pushte.
Während sich Pauline mit einem Lockenstab und unzähligen Haarnadeln hingebungsvoll um meine Frisur kümmerte, schnippelte und nähte Daniela an dem Kleid herum.
Normalerweise schminkte ich mich kaum, und wenn, dann sehr dezent. Doch heute bestanden meine beiden selbsternannten Modeberaterinnen darauf, deutlich mehr Farbe aufzutragen. Pauline überließ mir zudem ihre großen silbernen Kreolen.
Auch wenn Daniela und ich von der Figur her doch sehr unterschiedlich waren, hatten wir glücklicherweise dieselbe Schuhgröße. Und so würde ich heute zum ersten Mal in meinem Leben High Heels tragen, und zwar in rot, passend zur Farbe des Lippenstiftes. Warum sie die Schuhe für ein Arbeitswochenende auf einem Bauernhof eingepackt hatte, war mir allerdings ein Rätsel. Trotzdem war ich jetzt froh darüber.
Schließlich schlüpfte ich in das Kleid und knöpfte es vorne zu. Die beiden schauten mich verzückt an.
»Ein bisserl kurz ist es schon«, sagte ich skeptisch mit einem Blick nach unten.
Die beiden verdrehten unisono die Augen und lachten dann.
»Es ist saucooool!«
»Wow!«, staunte Daniela. »Du hast so irre tolle Beine. Eine Schande, dass du sie immer versteckst!«
Jetzt durfte ich mich endlich im Spiegel anschauen und war verblüfft. Die Hanna, die mir entgegensah, schien eine jüngere, spritzigere Ausgabe von mir zu sein. Modisch und trotzdem elegant. Und meine Beine waren wirklich schön.
Pauline hatte mir eine Lockenfrisur gezaubert, die mir sehr gut stand und wesentlich schöner war als der Pferdeschwanz von vorhin, auch wenn sie für den Alltag weniger geeignet war.
»Woher kannst du das nur?«, fragte ich Pauline erstaunt.
»Aaach, das ist gar nicht so schwer. Michelle Hunziker sah letzte Woche in einer Show so aus. Naja, oder fast so …«, setzte sie stirnrunzelnd hinzu.
In diesem Fall war das Anschauen einer Casting-Show doch einmal für etwas gut gewesen, dachte ich amüsiert.
Als ich ganz automatisch den obersten Knopf am Kleid schließen wollte, klopfte mir Daniela auf die Finger.
»Das lässt du schön bleiben!«
Ich lächelte. Und nach einem kurzen Zögern öffnete ich mutig noch einen weiteren Knopf.
»Wenn schon, denn schon!«
»So sexy klappt’s auch mit den Typen.« Pauline grinste.
Ich musste zugeben, das Umstyling hatte sich mehr als gelohnt.
In diesem Moment wurde mir bewusst, dass ich mein Aussehen schon seit vielen Jahren etwas vernachlässigt hatte. Seit zu vielen Jahren. Vielleicht war jetzt ein guter Zeitpunkt, das zu ändern? Es ging nicht darum, zukünftig ein aufgedonnertes Modepüppchen zu sein, aber ich könnte meinen Typ mit einigen Tricks ein wenig mehr
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